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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Das tridentinische Concilium.
ten alten und neuen Testamentes verzeichnen lassen. Dem
Concil von Trient schien es gleichsam eine Pflicht, dabei stehn
zu bleiben, indem nach altem Ausspruch eine Art von Gott-
losigkeit darin liege, Dinge die einmal entschieden worden in
Zweifel zu ziehen und darüber zu disputiren. Cardinal Monte
erklärte, einen Streit über die Prinzipien dürfe er überhaupt
nicht zugeben. Aus Eusebius und Origenes kann man ler-
nen, welche Zweifel die älteste Kirche über einige dieser Bü-
cher gehegt hat. Darauf zurückzugehn hätte man aber hier
gleichsam für ein Verbrechen gehalten, nachdem bereits je-
nes Concil darüber entschieden. Man begnügte sich mit ei-
ner einfachen Aufzählung der in die Sammlung aufgenom-
menen Schriften, und belegte mit gleichem Fluch, wer eins
oder das andre von ihnen, zu welcher Classe es auch gehö-
ren möchte, nicht für heilig und canonisch halte.

Und eben so fest hielt man an der Form, in welcher
diese Schriften in der lateinischen Kirche bisher in Gebrauch
gewesen: man erklärte die herkömmliche lateinische Übersetzung,
die Vulgata, für authentisch. Cardinal Cervino behauptete,
der griechische Text sey durch die Arianer corrumpirt wor-
den; 1 ein andrer Grund war, man wollte den Grammati-
kern nicht Anlaß geben, sich zu Meistern des Glaubens zu
machen. Würde ein Irrthum in der Haupturkunde zugege-
ben deren man sich bediene, so dürften Dogmen und Ceri-
monien, die man daraus gezogen, ebenfalls angegriffen wer-
den. 2 Genug, man setzte fest, daß bei allen öffentlichen Ver-

1 Il qual testo greco perche e stato piu corrotto dagli ar-
riani ed altri eretici che il nostro latino, pero si e accettato il
nostro per autentico, senza far mentione di quello.
2 Clis de Monte: Si enim, inquiunt adversarii, libros bo-

Das tridentiniſche Concilium.
ten alten und neuen Teſtamentes verzeichnen laſſen. Dem
Concil von Trient ſchien es gleichſam eine Pflicht, dabei ſtehn
zu bleiben, indem nach altem Ausſpruch eine Art von Gott-
loſigkeit darin liege, Dinge die einmal entſchieden worden in
Zweifel zu ziehen und darüber zu disputiren. Cardinal Monte
erklärte, einen Streit über die Prinzipien dürfe er überhaupt
nicht zugeben. Aus Euſebius und Origenes kann man ler-
nen, welche Zweifel die älteſte Kirche über einige dieſer Bü-
cher gehegt hat. Darauf zurückzugehn hätte man aber hier
gleichſam für ein Verbrechen gehalten, nachdem bereits je-
nes Concil darüber entſchieden. Man begnügte ſich mit ei-
ner einfachen Aufzählung der in die Sammlung aufgenom-
menen Schriften, und belegte mit gleichem Fluch, wer eins
oder das andre von ihnen, zu welcher Claſſe es auch gehö-
ren möchte, nicht für heilig und canoniſch halte.

Und eben ſo feſt hielt man an der Form, in welcher
dieſe Schriften in der lateiniſchen Kirche bisher in Gebrauch
geweſen: man erklärte die herkömmliche lateiniſche Überſetzung,
die Vulgata, für authentiſch. Cardinal Cervino behauptete,
der griechiſche Text ſey durch die Arianer corrumpirt wor-
den; 1 ein andrer Grund war, man wollte den Grammati-
kern nicht Anlaß geben, ſich zu Meiſtern des Glaubens zu
machen. Würde ein Irrthum in der Haupturkunde zugege-
ben deren man ſich bediene, ſo dürften Dogmen und Ceri-
monien, die man daraus gezogen, ebenfalls angegriffen wer-
den. 2 Genug, man ſetzte feſt, daß bei allen öffentlichen Ver-

1 Il qual testo greco perche è stato piu corrotto dagli ar-
riani ed altri eretici che il nostro latino, pero si è accettato il
nostro per autentico, senza far mentione di quello.
2 Clis de Monte: Si enim, inquiunt adversarii, libros bo-
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[479/0491] Das tridentiniſche Concilium. ten alten und neuen Teſtamentes verzeichnen laſſen. Dem Concil von Trient ſchien es gleichſam eine Pflicht, dabei ſtehn zu bleiben, indem nach altem Ausſpruch eine Art von Gott- loſigkeit darin liege, Dinge die einmal entſchieden worden in Zweifel zu ziehen und darüber zu disputiren. Cardinal Monte erklärte, einen Streit über die Prinzipien dürfe er überhaupt nicht zugeben. Aus Euſebius und Origenes kann man ler- nen, welche Zweifel die älteſte Kirche über einige dieſer Bü- cher gehegt hat. Darauf zurückzugehn hätte man aber hier gleichſam für ein Verbrechen gehalten, nachdem bereits je- nes Concil darüber entſchieden. Man begnügte ſich mit ei- ner einfachen Aufzählung der in die Sammlung aufgenom- menen Schriften, und belegte mit gleichem Fluch, wer eins oder das andre von ihnen, zu welcher Claſſe es auch gehö- ren möchte, nicht für heilig und canoniſch halte. Und eben ſo feſt hielt man an der Form, in welcher dieſe Schriften in der lateiniſchen Kirche bisher in Gebrauch geweſen: man erklärte die herkömmliche lateiniſche Überſetzung, die Vulgata, für authentiſch. Cardinal Cervino behauptete, der griechiſche Text ſey durch die Arianer corrumpirt wor- den; 1 ein andrer Grund war, man wollte den Grammati- kern nicht Anlaß geben, ſich zu Meiſtern des Glaubens zu machen. Würde ein Irrthum in der Haupturkunde zugege- ben deren man ſich bediene, ſo dürften Dogmen und Ceri- monien, die man daraus gezogen, ebenfalls angegriffen wer- den. 2 Genug, man ſetzte feſt, daß bei allen öffentlichen Ver- 1 Il qual testo greco perche è stato piu corrotto dagli ar- riani ed altri eretici che il nostro latino, pero si è accettato il nostro per autentico, senza far mentione di quello. 2 Clis de Monte: Si enim, inquiunt adversarii, libros bo-

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 479. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/491>, abgerufen am 22.11.2024.