Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

Achtes Buch. Drittes Capitel.
rüsten: sollte es ja zuletzt schlecht gehn, so werde man noch
nach Jahrhunderten in den Chroniken lesen, daß andre sich
ohne Noth ergeben, Augsburg aber für das göttliche Wort
und die deutsche Freiheit bis zuletzt muthig gestritten: an leid-
lichem Vertrag werde es auch dann nicht fehlen. Aber all-
mählig machte sich auch hier der Einfluß der großen Kauf-
herrn bemerklich, die sich anfangs entfernt hatten, jetzt aber
wiederkehrten; Anton Fugger, Schwager Hans Baumgärt-
ners
, ward mit der Unterhandlung beauftragt, und am 29sten
Januar 1547 unterwarf sich auch Augsburg. Es mußte
150000 G. zahlen, 12 Stück Geschütz, eine kaiserliche Be-
satzung aufnehmen, und was dem mehr ist: in Hinsicht der
Religion sich mit der mündlichen Versicherung Granvellas
begnügen, daß es bei dem jetzigen Zustand derselben sein
Verbleiben haben solle.

Indessen war auch schon in weiterer Ferne ein nicht min-
der bedeutender Abfall von der protestantischen Sache erfolgt.
Als der Graf von Büren mit dem niederländischen Volk,
das er nach Hause führte, in die Nähe von Frankfurt ge-
langte, regte sich in dieser Stadt ebenfalls eine mächtige
Partei die auf unverweilte Aussöhnung drang. Die Zünfte
und die Prediger waren dagegen; allein die Mehrheit des
Rathes erklärte sich dafür. Die Mannschaften des Grafen
sahen nicht sehr streitbar aus, sie waren von Krankheit heim-
gesucht, Belagerungsgeschütz führten sie nicht bei sich; des-
senungeachtet ergab sich ihnen eine wohlbefestigte, mit allen
Bedürfnissen auf lange Zeit versehene Stadt. Der Grund
war die Überzeugung, daß der Kaiser doch zuletzt den Platz
behalten und an Allen die sich nicht bei Zeiten unterworfen

Achtes Buch. Drittes Capitel.
rüſten: ſollte es ja zuletzt ſchlecht gehn, ſo werde man noch
nach Jahrhunderten in den Chroniken leſen, daß andre ſich
ohne Noth ergeben, Augsburg aber für das göttliche Wort
und die deutſche Freiheit bis zuletzt muthig geſtritten: an leid-
lichem Vertrag werde es auch dann nicht fehlen. Aber all-
mählig machte ſich auch hier der Einfluß der großen Kauf-
herrn bemerklich, die ſich anfangs entfernt hatten, jetzt aber
wiederkehrten; Anton Fugger, Schwager Hans Baumgärt-
ners
, ward mit der Unterhandlung beauftragt, und am 29ſten
Januar 1547 unterwarf ſich auch Augsburg. Es mußte
150000 G. zahlen, 12 Stück Geſchütz, eine kaiſerliche Be-
ſatzung aufnehmen, und was dem mehr iſt: in Hinſicht der
Religion ſich mit der mündlichen Verſicherung Granvellas
begnügen, daß es bei dem jetzigen Zuſtand derſelben ſein
Verbleiben haben ſolle.

Indeſſen war auch ſchon in weiterer Ferne ein nicht min-
der bedeutender Abfall von der proteſtantiſchen Sache erfolgt.
Als der Graf von Büren mit dem niederländiſchen Volk,
das er nach Hauſe führte, in die Nähe von Frankfurt ge-
langte, regte ſich in dieſer Stadt ebenfalls eine mächtige
Partei die auf unverweilte Ausſöhnung drang. Die Zünfte
und die Prediger waren dagegen; allein die Mehrheit des
Rathes erklärte ſich dafür. Die Mannſchaften des Grafen
ſahen nicht ſehr ſtreitbar aus, ſie waren von Krankheit heim-
geſucht, Belagerungsgeſchütz führten ſie nicht bei ſich; deſ-
ſenungeachtet ergab ſich ihnen eine wohlbefeſtigte, mit allen
Bedürfniſſen auf lange Zeit verſehene Stadt. Der Grund
war die Überzeugung, daß der Kaiſer doch zuletzt den Platz
behalten und an Allen die ſich nicht bei Zeiten unterworfen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0474" n="462"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Achtes Buch. Drittes Capitel</hi>.</fw><lb/>&#x017F;ten: &#x017F;ollte es ja zuletzt &#x017F;chlecht gehn, &#x017F;o werde man noch<lb/>
nach Jahrhunderten in den Chroniken le&#x017F;en, daß andre &#x017F;ich<lb/>
ohne Noth ergeben, <placeName>Augsburg</placeName> aber für das göttliche Wort<lb/>
und die deut&#x017F;che Freiheit bis zuletzt muthig ge&#x017F;tritten: an leid-<lb/>
lichem Vertrag werde es auch dann nicht fehlen. Aber all-<lb/>
mählig machte &#x017F;ich auch hier der Einfluß der großen Kauf-<lb/>
herrn bemerklich, die &#x017F;ich anfangs entfernt hatten, jetzt aber<lb/>
wiederkehrten; <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118694170">Anton Fugger</persName>, Schwager <persName ref="http://d-nb.info/gnd/133276007">Hans Baumgärt-<lb/>
ners</persName>, ward mit der Unterhandlung beauftragt, und am 29&#x017F;ten<lb/>
Januar 1547 unterwarf &#x017F;ich auch <placeName>Augsburg</placeName>. Es mußte<lb/>
150000 G. zahlen, 12 Stück Ge&#x017F;chütz, eine kai&#x017F;erliche Be-<lb/>
&#x017F;atzung aufnehmen, und was dem mehr i&#x017F;t: in Hin&#x017F;icht der<lb/>
Religion &#x017F;ich mit der mündlichen Ver&#x017F;icherung <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118718444">Granvellas</persName><lb/>
begnügen, daß es bei dem jetzigen Zu&#x017F;tand der&#x017F;elben &#x017F;ein<lb/>
Verbleiben haben &#x017F;olle.</p><lb/>
          <p>Inde&#x017F;&#x017F;en war auch &#x017F;chon in weiterer Ferne ein nicht min-<lb/>
der bedeutender Abfall von der prote&#x017F;tanti&#x017F;chen Sache erfolgt.<lb/>
Als der Graf von <placeName>Büren</placeName> mit dem niederländi&#x017F;chen Volk,<lb/>
das er nach Hau&#x017F;e führte, in die Nähe von <placeName>Frankfurt</placeName> ge-<lb/>
langte, regte &#x017F;ich in die&#x017F;er Stadt ebenfalls eine mächtige<lb/>
Partei die auf unverweilte Aus&#x017F;öhnung drang. Die Zünfte<lb/>
und die Prediger waren dagegen; allein die Mehrheit des<lb/>
Rathes erklärte &#x017F;ich dafür. Die Mann&#x017F;chaften des Grafen<lb/>
&#x017F;ahen nicht &#x017F;ehr &#x017F;treitbar aus, &#x017F;ie waren von Krankheit heim-<lb/>
ge&#x017F;ucht, Belagerungsge&#x017F;chütz führten &#x017F;ie nicht bei &#x017F;ich; de&#x017F;-<lb/>
&#x017F;enungeachtet ergab &#x017F;ich ihnen eine wohlbefe&#x017F;tigte, mit allen<lb/>
Bedürfni&#x017F;&#x017F;en auf lange Zeit ver&#x017F;ehene Stadt. Der Grund<lb/>
war die Überzeugung, daß der Kai&#x017F;er doch zuletzt den Platz<lb/>
behalten und an Allen die &#x017F;ich nicht bei Zeiten unterworfen<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[462/0474] Achtes Buch. Drittes Capitel. rüſten: ſollte es ja zuletzt ſchlecht gehn, ſo werde man noch nach Jahrhunderten in den Chroniken leſen, daß andre ſich ohne Noth ergeben, Augsburg aber für das göttliche Wort und die deutſche Freiheit bis zuletzt muthig geſtritten: an leid- lichem Vertrag werde es auch dann nicht fehlen. Aber all- mählig machte ſich auch hier der Einfluß der großen Kauf- herrn bemerklich, die ſich anfangs entfernt hatten, jetzt aber wiederkehrten; Anton Fugger, Schwager Hans Baumgärt- ners, ward mit der Unterhandlung beauftragt, und am 29ſten Januar 1547 unterwarf ſich auch Augsburg. Es mußte 150000 G. zahlen, 12 Stück Geſchütz, eine kaiſerliche Be- ſatzung aufnehmen, und was dem mehr iſt: in Hinſicht der Religion ſich mit der mündlichen Verſicherung Granvellas begnügen, daß es bei dem jetzigen Zuſtand derſelben ſein Verbleiben haben ſolle. Indeſſen war auch ſchon in weiterer Ferne ein nicht min- der bedeutender Abfall von der proteſtantiſchen Sache erfolgt. Als der Graf von Büren mit dem niederländiſchen Volk, das er nach Hauſe führte, in die Nähe von Frankfurt ge- langte, regte ſich in dieſer Stadt ebenfalls eine mächtige Partei die auf unverweilte Ausſöhnung drang. Die Zünfte und die Prediger waren dagegen; allein die Mehrheit des Rathes erklärte ſich dafür. Die Mannſchaften des Grafen ſahen nicht ſehr ſtreitbar aus, ſie waren von Krankheit heim- geſucht, Belagerungsgeſchütz führten ſie nicht bei ſich; deſ- ſenungeachtet ergab ſich ihnen eine wohlbefeſtigte, mit allen Bedürfniſſen auf lange Zeit verſehene Stadt. Der Grund war die Überzeugung, daß der Kaiſer doch zuletzt den Platz behalten und an Allen die ſich nicht bei Zeiten unterworfen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/474
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 462. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/474>, abgerufen am 12.05.2024.