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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Aussöhnungen und Unterwerfungen. Ulm.
Nebenversicherung zusagen, sich darin gegen sie zu halten wie
gegen Herzog Moritz und die Fürsten von Brandenburg.

Nur fügte er hinzu, daß der Kaiser dieß nicht als eine
eigentliche Bedingung ansehen wollte: es würde sonst den
Schein haben, als habe er den Krieg doch der Religion we-
gen unternommen. Nach Granvellas Wunsch sollte es so
aussehen, als habe der Kaiser nie etwas anders beabsichtigt.

Baumgärtner rieth ohnehin: nicht eigentlich eine Capi-
tulation auf bestimmte Artikel, sondern nur "einen heimlichen
Verstand" mit dem Kaiser zu schließen: ihm zu vertrauen, wie
ja den beiden Hauptleuten des Bundes vertraut worden sey.

Und hierauf nun giengen Bürgermeister und Fünf der
Stadt Ulm ein. Allerdings waren sie weit entfernt von dem
Ziele welches ihnen im Beginn des Krieges vorgeschwebt;
allein die Ungewißheit ob dieß überhaupt jemals zu erreichen,
verleidete ihnen die Beschwerden und Gefahren des Krieges:
sie glaubten mit Zugeständnissen zufrieden seyn zu können, die
so mächtigen Fürsten genügten.

Am 14ten December ward der Rath versammelt und
ihm zum ersten Mal von den bisherigen Verhandlungen Nach-
richt gegeben.

Der Rath beschloß ganz wie man ihm vorschlug sich
"in höchster Unterwürfigkeit" vor dem Kaiser zu demüthigen:
und ohne alle weitere Disputation Sr Majestät auf die Ver-
sicherung der Religion, wie sie gegen Herzog Moritz und
Brandenburg geschehen, zu vertrauen.

Der Bürgermeister Georg Besserer und Jos Weikmann,
damals einer der in den weitesten Verbindungen stehenden
Ulmer Kaufleute, wurden zu Gesandten gewählt, um die Sache

Ausſoͤhnungen und Unterwerfungen. Ulm.
Nebenverſicherung zuſagen, ſich darin gegen ſie zu halten wie
gegen Herzog Moritz und die Fürſten von Brandenburg.

Nur fügte er hinzu, daß der Kaiſer dieß nicht als eine
eigentliche Bedingung anſehen wollte: es würde ſonſt den
Schein haben, als habe er den Krieg doch der Religion we-
gen unternommen. Nach Granvellas Wunſch ſollte es ſo
ausſehen, als habe der Kaiſer nie etwas anders beabſichtigt.

Baumgärtner rieth ohnehin: nicht eigentlich eine Capi-
tulation auf beſtimmte Artikel, ſondern nur „einen heimlichen
Verſtand“ mit dem Kaiſer zu ſchließen: ihm zu vertrauen, wie
ja den beiden Hauptleuten des Bundes vertraut worden ſey.

Und hierauf nun giengen Bürgermeiſter und Fünf der
Stadt Ulm ein. Allerdings waren ſie weit entfernt von dem
Ziele welches ihnen im Beginn des Krieges vorgeſchwebt;
allein die Ungewißheit ob dieß überhaupt jemals zu erreichen,
verleidete ihnen die Beſchwerden und Gefahren des Krieges:
ſie glaubten mit Zugeſtändniſſen zufrieden ſeyn zu können, die
ſo mächtigen Fürſten genügten.

Am 14ten December ward der Rath verſammelt und
ihm zum erſten Mal von den bisherigen Verhandlungen Nach-
richt gegeben.

Der Rath beſchloß ganz wie man ihm vorſchlug ſich
„in höchſter Unterwürfigkeit“ vor dem Kaiſer zu demüthigen:
und ohne alle weitere Disputation Sr Majeſtät auf die Ver-
ſicherung der Religion, wie ſie gegen Herzog Moritz und
Brandenburg geſchehen, zu vertrauen.

Der Bürgermeiſter Georg Beſſerer und Jos Weikmann,
damals einer der in den weiteſten Verbindungen ſtehenden
Ulmer Kaufleute, wurden zu Geſandten gewählt, um die Sache

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[457/0469] Ausſoͤhnungen und Unterwerfungen. Ulm. Nebenverſicherung zuſagen, ſich darin gegen ſie zu halten wie gegen Herzog Moritz und die Fürſten von Brandenburg. Nur fügte er hinzu, daß der Kaiſer dieß nicht als eine eigentliche Bedingung anſehen wollte: es würde ſonſt den Schein haben, als habe er den Krieg doch der Religion we- gen unternommen. Nach Granvellas Wunſch ſollte es ſo ausſehen, als habe der Kaiſer nie etwas anders beabſichtigt. Baumgärtner rieth ohnehin: nicht eigentlich eine Capi- tulation auf beſtimmte Artikel, ſondern nur „einen heimlichen Verſtand“ mit dem Kaiſer zu ſchließen: ihm zu vertrauen, wie ja den beiden Hauptleuten des Bundes vertraut worden ſey. Und hierauf nun giengen Bürgermeiſter und Fünf der Stadt Ulm ein. Allerdings waren ſie weit entfernt von dem Ziele welches ihnen im Beginn des Krieges vorgeſchwebt; allein die Ungewißheit ob dieß überhaupt jemals zu erreichen, verleidete ihnen die Beſchwerden und Gefahren des Krieges: ſie glaubten mit Zugeſtändniſſen zufrieden ſeyn zu können, die ſo mächtigen Fürſten genügten. Am 14ten December ward der Rath verſammelt und ihm zum erſten Mal von den bisherigen Verhandlungen Nach- richt gegeben. Der Rath beſchloß ganz wie man ihm vorſchlug ſich „in höchſter Unterwürfigkeit“ vor dem Kaiſer zu demüthigen: und ohne alle weitere Disputation Sr Majeſtät auf die Ver- ſicherung der Religion, wie ſie gegen Herzog Moritz und Brandenburg geſchehen, zu vertrauen. Der Bürgermeiſter Georg Beſſerer und Jos Weikmann, damals einer der in den weiteſten Verbindungen ſtehenden Ulmer Kaufleute, wurden zu Geſandten gewählt, um die Sache

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 457. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/469>, abgerufen am 23.11.2024.