Deutschland, der auch für sie sehr gefährlich werden konnte, besser ins Auge zu fassen. Schon im Lager von Giengen war viel von einer Geldsumme die Rede, welche in Lyon flüßig gemacht werden und den Protestanten zu Gute kom- men sollte. 1 Jetzt erschien ein französischer Gesandter bei Johann Friedrich, um unter den nöthigen Versicherungen für die Rückzahlung noch andre Geldunterstützung zuzusagen.
Und diesem politischen Interesse trat das religiöse zur Seite. Unter der Hand wandten sich die Oberländer an die Eidgenossenschaft, zunächst nur um eine ernstliche Verwen- dung der Tagsatzung zu erlangen, jedoch nicht, ohne auch das Wort Einigung verlauten zu lassen. Im Osten näher- ten sich Preußen und Dänemark.
Der Kaiser war in diesem Augenblick Meister im Felde: seine Unternehmung aber hatte er noch bei weitem nicht durch- geführt: Sieger konnte er sich noch lange nicht nennen. Die Protestanten durften hoffen, ihm im nächsten Frühjahr er- frischt und verstärkt, besonders auch wieder mit Geld verse- hen im Felde zu begegnen.
Es leuchtet ein, daß für ihn alles daran lag dieß zu verhindern.
Da kam ihm nun von Anfang an zu Statten, daß die Protestanten nicht, wie sie beabsichtigt, sich in Franken fest- setzten. Der Landgraf eilte nach Hessen voraus. Der Chur- fürst führte das Heer auf weiten Umwegen über Heilbronn und Neckarsulm, wo er ein paar Tage verweilte, nach der Bergstraße, dem Stifte Mainz, der Abtei Fulda. 2 Er nahm
1SleidanusXVIII Ausg. von Am Ende II, 357. Adriani 202.
2 Nach einem Schreiben von Heilbronn an Ulm.
Achtes Buch. Drittes Capitel.
Deutſchland, der auch für ſie ſehr gefährlich werden konnte, beſſer ins Auge zu faſſen. Schon im Lager von Giengen war viel von einer Geldſumme die Rede, welche in Lyon flüßig gemacht werden und den Proteſtanten zu Gute kom- men ſollte. 1 Jetzt erſchien ein franzöſiſcher Geſandter bei Johann Friedrich, um unter den nöthigen Verſicherungen für die Rückzahlung noch andre Geldunterſtützung zuzuſagen.
Und dieſem politiſchen Intereſſe trat das religiöſe zur Seite. Unter der Hand wandten ſich die Oberländer an die Eidgenoſſenſchaft, zunächſt nur um eine ernſtliche Verwen- dung der Tagſatzung zu erlangen, jedoch nicht, ohne auch das Wort Einigung verlauten zu laſſen. Im Oſten näher- ten ſich Preußen und Dänemark.
Der Kaiſer war in dieſem Augenblick Meiſter im Felde: ſeine Unternehmung aber hatte er noch bei weitem nicht durch- geführt: Sieger konnte er ſich noch lange nicht nennen. Die Proteſtanten durften hoffen, ihm im nächſten Frühjahr er- friſcht und verſtärkt, beſonders auch wieder mit Geld verſe- hen im Felde zu begegnen.
Es leuchtet ein, daß für ihn alles daran lag dieß zu verhindern.
Da kam ihm nun von Anfang an zu Statten, daß die Proteſtanten nicht, wie ſie beabſichtigt, ſich in Franken feſt- ſetzten. Der Landgraf eilte nach Heſſen voraus. Der Chur- fürſt führte das Heer auf weiten Umwegen über Heilbronn und Neckarsulm, wo er ein paar Tage verweilte, nach der Bergſtraße, dem Stifte Mainz, der Abtei Fulda. 2 Er nahm
1SleidanusXVIII Ausg. von Am Ende II, 357. Adriani 202.
2 Nach einem Schreiben von Heilbronn an Ulm.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0462"n="450"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Achtes Buch. Drittes Capitel</hi>.</fw><lb/><placeName>Deutſchland</placeName>, der auch für ſie ſehr gefährlich werden konnte,<lb/>
beſſer ins Auge zu faſſen. Schon im Lager von <placeName>Giengen</placeName><lb/>
war viel von einer Geldſumme die Rede, welche in <placeName>Lyon</placeName><lb/>
flüßig gemacht werden und den Proteſtanten zu Gute kom-<lb/>
men ſollte. <noteplace="foot"n="1"><persNameref="http://d-nb.info/gnd/118748440">Sleidanus</persName><hirendition="#aq">XVIII</hi> Ausg. von Am Ende <hirendition="#aq">II, 357.</hi> Adriani 202.</note> Jetzt erſchien ein franzöſiſcher Geſandter bei<lb/><persNameref="http://d-nb.info/gnd/118712373">Johann Friedrich</persName>, um unter den nöthigen Verſicherungen für<lb/>
die Rückzahlung noch andre Geldunterſtützung zuzuſagen.</p><lb/><p>Und dieſem politiſchen Intereſſe trat das religiöſe zur<lb/>
Seite. Unter der Hand wandten ſich die Oberländer an die<lb/>
Eidgenoſſenſchaft, zunächſt nur um eine ernſtliche Verwen-<lb/>
dung der Tagſatzung zu erlangen, jedoch nicht, ohne auch<lb/>
das Wort Einigung verlauten zu laſſen. Im Oſten näher-<lb/>
ten ſich <placeName>Preußen</placeName> und <placeName>Dänemark</placeName>.</p><lb/><p>Der Kaiſer war in dieſem Augenblick Meiſter im Felde:<lb/>ſeine Unternehmung aber hatte er noch bei weitem nicht durch-<lb/>
geführt: Sieger konnte er ſich noch lange nicht nennen. Die<lb/>
Proteſtanten durften hoffen, ihm im nächſten Frühjahr er-<lb/>
friſcht und verſtärkt, beſonders auch wieder mit Geld verſe-<lb/>
hen im Felde zu begegnen.</p><lb/><p>Es leuchtet ein, daß für ihn alles daran lag dieß zu<lb/>
verhindern.</p><lb/><p>Da kam ihm nun von Anfang an zu Statten, daß die<lb/>
Proteſtanten nicht, wie ſie beabſichtigt, ſich in <placeName>Franken</placeName> feſt-<lb/>ſetzten. Der Landgraf eilte nach <placeName>Heſſen</placeName> voraus. Der Chur-<lb/>
fürſt führte das Heer auf weiten Umwegen über <placeName>Heilbronn</placeName><lb/>
und Neckarsulm, wo er ein paar Tage verweilte, nach der<lb/>
Bergſtraße, dem Stifte <placeName>Mainz</placeName>, der Abtei <placeName>Fulda</placeName>. <noteplace="foot"n="2">Nach einem Schreiben von <placeName>Heilbronn</placeName> an <placeName>Ulm</placeName>.</note> Er nahm<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[450/0462]
Achtes Buch. Drittes Capitel.
Deutſchland, der auch für ſie ſehr gefährlich werden konnte,
beſſer ins Auge zu faſſen. Schon im Lager von Giengen
war viel von einer Geldſumme die Rede, welche in Lyon
flüßig gemacht werden und den Proteſtanten zu Gute kom-
men ſollte. 1 Jetzt erſchien ein franzöſiſcher Geſandter bei
Johann Friedrich, um unter den nöthigen Verſicherungen für
die Rückzahlung noch andre Geldunterſtützung zuzuſagen.
Und dieſem politiſchen Intereſſe trat das religiöſe zur
Seite. Unter der Hand wandten ſich die Oberländer an die
Eidgenoſſenſchaft, zunächſt nur um eine ernſtliche Verwen-
dung der Tagſatzung zu erlangen, jedoch nicht, ohne auch
das Wort Einigung verlauten zu laſſen. Im Oſten näher-
ten ſich Preußen und Dänemark.
Der Kaiſer war in dieſem Augenblick Meiſter im Felde:
ſeine Unternehmung aber hatte er noch bei weitem nicht durch-
geführt: Sieger konnte er ſich noch lange nicht nennen. Die
Proteſtanten durften hoffen, ihm im nächſten Frühjahr er-
friſcht und verſtärkt, beſonders auch wieder mit Geld verſe-
hen im Felde zu begegnen.
Es leuchtet ein, daß für ihn alles daran lag dieß zu
verhindern.
Da kam ihm nun von Anfang an zu Statten, daß die
Proteſtanten nicht, wie ſie beabſichtigt, ſich in Franken feſt-
ſetzten. Der Landgraf eilte nach Heſſen voraus. Der Chur-
fürſt führte das Heer auf weiten Umwegen über Heilbronn
und Neckarsulm, wo er ein paar Tage verweilte, nach der
Bergſtraße, dem Stifte Mainz, der Abtei Fulda. 2 Er nahm
1 Sleidanus XVIII Ausg. von Am Ende II, 357. Adriani 202.
2 Nach einem Schreiben von Heilbronn an Ulm.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 450. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/462>, abgerufen am 24.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.