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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Achtes Buch. Zweites Capitel.
zu dem wälschen Papst geschlagen, sey die Nation frei von
ihm. Oder vor dem Kaiser der auf seinem Throne mit sei-
nen Vertrauten Rath pflegt, stellt sich Frau Germania dar,
in ehrsamer Haltung, schwarzem Gewand, und macht ihm
Vorwürfe, daß nun auch er sich zu den Päpsten schlage,
von denen doch die alten Kaiser so oft betrogen worden:
daran erkenne sie sein heuchlerisch-falsches Herz: aber "hast
du Kriegsleute," fährt sie fort, "ich habe sie auch: Gott
im Himmel, den du nicht hast, den habe ich." Eben dieß
war nun die Gesinnung der Fürsten und aller Verbündeten.
Johann Friedrich und Philipp widerlegten ausführlich die
Anklage des Ungehorsams, die in der Achtserklärung gegen
sie erhoben worden: denn über alle Puncte seyen sie mit
ihm in den Jahren 1541 und 1544 vertragen. Die Be-
schuldigung daß sie dem Reiche Stifte und Städte entzo-
gen, weisen sie als unbegründet zurück; vielmehr habe der
Kaiser Stifte des Reiches eingezogen, wie Utrecht, und sich
wohl gegen die Freiheit einer Stadt wie Nürnberg sehr an-
züglich vernehmen lassen. Sein Bund mit dem Papst aber
zeige, daß er mit demselben übereingekommen das Wort Got-
tes zu dämpfen und die Bekenner desselben auszurotten.
Schon seit fünf und zwanzig Jahren habe er dieß im Sinn
gehabt, wie sein Wormser Edict beweise, und schreite nun
endlich zur Ausführung. Aber eben darum sey man berech-
tigt ihm zu widerstehn. Er habe die verbrieften und be-
schwornen Bedingungen, unter denen man ihm Gehorsam
schuldig, selbst gebrochen: er könne nicht mehr als der Kaiser,
als Obrigkeit angesehen werden, sondern als Einer der Ty-
rannei ausübe, mehr auf des bösen Geistes Getrieb als nach

Achtes Buch. Zweites Capitel.
zu dem wälſchen Papſt geſchlagen, ſey die Nation frei von
ihm. Oder vor dem Kaiſer der auf ſeinem Throne mit ſei-
nen Vertrauten Rath pflegt, ſtellt ſich Frau Germania dar,
in ehrſamer Haltung, ſchwarzem Gewand, und macht ihm
Vorwürfe, daß nun auch er ſich zu den Päpſten ſchlage,
von denen doch die alten Kaiſer ſo oft betrogen worden:
daran erkenne ſie ſein heuchleriſch-falſches Herz: aber „haſt
du Kriegsleute,“ fährt ſie fort, „ich habe ſie auch: Gott
im Himmel, den du nicht haſt, den habe ich.“ Eben dieß
war nun die Geſinnung der Fürſten und aller Verbündeten.
Johann Friedrich und Philipp widerlegten ausführlich die
Anklage des Ungehorſams, die in der Achtserklärung gegen
ſie erhoben worden: denn über alle Puncte ſeyen ſie mit
ihm in den Jahren 1541 und 1544 vertragen. Die Be-
ſchuldigung daß ſie dem Reiche Stifte und Städte entzo-
gen, weiſen ſie als unbegründet zurück; vielmehr habe der
Kaiſer Stifte des Reiches eingezogen, wie Utrecht, und ſich
wohl gegen die Freiheit einer Stadt wie Nürnberg ſehr an-
züglich vernehmen laſſen. Sein Bund mit dem Papſt aber
zeige, daß er mit demſelben übereingekommen das Wort Got-
tes zu dämpfen und die Bekenner deſſelben auszurotten.
Schon ſeit fünf und zwanzig Jahren habe er dieß im Sinn
gehabt, wie ſein Wormſer Edict beweiſe, und ſchreite nun
endlich zur Ausführung. Aber eben darum ſey man berech-
tigt ihm zu widerſtehn. Er habe die verbrieften und be-
ſchwornen Bedingungen, unter denen man ihm Gehorſam
ſchuldig, ſelbſt gebrochen: er könne nicht mehr als der Kaiſer,
als Obrigkeit angeſehen werden, ſondern als Einer der Ty-
rannei ausübe, mehr auf des böſen Geiſtes Getrieb als nach

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[426/0438] Achtes Buch. Zweites Capitel. zu dem wälſchen Papſt geſchlagen, ſey die Nation frei von ihm. Oder vor dem Kaiſer der auf ſeinem Throne mit ſei- nen Vertrauten Rath pflegt, ſtellt ſich Frau Germania dar, in ehrſamer Haltung, ſchwarzem Gewand, und macht ihm Vorwürfe, daß nun auch er ſich zu den Päpſten ſchlage, von denen doch die alten Kaiſer ſo oft betrogen worden: daran erkenne ſie ſein heuchleriſch-falſches Herz: aber „haſt du Kriegsleute,“ fährt ſie fort, „ich habe ſie auch: Gott im Himmel, den du nicht haſt, den habe ich.“ Eben dieß war nun die Geſinnung der Fürſten und aller Verbündeten. Johann Friedrich und Philipp widerlegten ausführlich die Anklage des Ungehorſams, die in der Achtserklärung gegen ſie erhoben worden: denn über alle Puncte ſeyen ſie mit ihm in den Jahren 1541 und 1544 vertragen. Die Be- ſchuldigung daß ſie dem Reiche Stifte und Städte entzo- gen, weiſen ſie als unbegründet zurück; vielmehr habe der Kaiſer Stifte des Reiches eingezogen, wie Utrecht, und ſich wohl gegen die Freiheit einer Stadt wie Nürnberg ſehr an- züglich vernehmen laſſen. Sein Bund mit dem Papſt aber zeige, daß er mit demſelben übereingekommen das Wort Got- tes zu dämpfen und die Bekenner deſſelben auszurotten. Schon ſeit fünf und zwanzig Jahren habe er dieß im Sinn gehabt, wie ſein Wormſer Edict beweiſe, und ſchreite nun endlich zur Ausführung. Aber eben darum ſey man berech- tigt ihm zu widerſtehn. Er habe die verbrieften und be- ſchwornen Bedingungen, unter denen man ihm Gehorſam ſchuldig, ſelbſt gebrochen: er könne nicht mehr als der Kaiſer, als Obrigkeit angeſehen werden, ſondern als Einer der Ty- rannei ausübe, mehr auf des böſen Geiſtes Getrieb als nach

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 426. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/438>, abgerufen am 22.11.2024.