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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Siebentes Buch. Erstes Capitel.
Vertheidigung Untauglichen zu entledigen; aber diese wurden
von den Belagerern geplündert und in diesem Zustand zu-
rückgeschickt.

Schon dachte Franz I sich dieser Feindseligkeiten auf eine
oder die andre Weise zu seinem Vorhaben gegen Savoyen
zu bedienen; aber eben dieß war ein Motiv mehr für den
Rath von Bern, welcher vor vier Jahren das Beste bei
Genf gethan, zu den Waffen zu greifen und den einmal be-
gründeten Zustand daselbst zu befestigen.

Ohne mit Frankreich in besonderm Bund zu stehn,
gaben die Berner ihrer Landschaft zu erkennen, die Ehre
Gottes und ihre eigene fordere, Genf nicht untergehn zu
lassen: es würde ihnen zu ewigen Zeiten verweislich seyn. 1
Im Dezember 1535 schickten sie dem Herzog seinen Bundes-
brief zurück. Im Januar 1536 erschien ein aus den Ein-
wohnern der Stadt und den vier Landgerichten zusammenge-
setztes stattliches Heer im Felde; mit den Verbündeten von
Neuenstadt und Neuenburg unter deren eigenen Fahnen. Aus
politischen Gründen gesellten sich ihnen Freiburger und Wal-
liser zu, so wenig das auch im Interesse ihrer Religion lag.
Einem so gewaltigen Anfall konnte Savoyen nicht widerstehn.
Nicht allein wurde Genf auf der Stelle befreit: -- die Waat,
Gex, Romont, Chablais, wurden kraft eines Artikels in dem

1 Ausschreiben am 29 Dec. 1535 bei Stettler II, 78. Am
26 Januar erst benachrichtigten die Berner den König von Frankreich
von dem unternommenen Feldzug, und baten ihn ihr guter Gevatter
zu bleiben; am 9 Februar ließ dann der König den schweizerischen
Feldherrn wissen daß er gleichfalls auf einen Krieg gegen Savoyen
denke. Schon am 2ten waren aber die Berner in Genf eingetroffen,
am 5ten mit den Genfern nach Savoyen vorgerückt; am 7ten unter-
warf sich bereits Villeneuve. Tillier Geschichte von Bern III, 355.

Siebentes Buch. Erſtes Capitel.
Vertheidigung Untauglichen zu entledigen; aber dieſe wurden
von den Belagerern geplündert und in dieſem Zuſtand zu-
rückgeſchickt.

Schon dachte Franz I ſich dieſer Feindſeligkeiten auf eine
oder die andre Weiſe zu ſeinem Vorhaben gegen Savoyen
zu bedienen; aber eben dieß war ein Motiv mehr für den
Rath von Bern, welcher vor vier Jahren das Beſte bei
Genf gethan, zu den Waffen zu greifen und den einmal be-
gründeten Zuſtand daſelbſt zu befeſtigen.

Ohne mit Frankreich in beſonderm Bund zu ſtehn,
gaben die Berner ihrer Landſchaft zu erkennen, die Ehre
Gottes und ihre eigene fordere, Genf nicht untergehn zu
laſſen: es würde ihnen zu ewigen Zeiten verweislich ſeyn. 1
Im Dezember 1535 ſchickten ſie dem Herzog ſeinen Bundes-
brief zurück. Im Januar 1536 erſchien ein aus den Ein-
wohnern der Stadt und den vier Landgerichten zuſammenge-
ſetztes ſtattliches Heer im Felde; mit den Verbündeten von
Neuenſtadt und Neuenburg unter deren eigenen Fahnen. Aus
politiſchen Gründen geſellten ſich ihnen Freiburger und Wal-
liſer zu, ſo wenig das auch im Intereſſe ihrer Religion lag.
Einem ſo gewaltigen Anfall konnte Savoyen nicht widerſtehn.
Nicht allein wurde Genf auf der Stelle befreit: — die Waat,
Gex, Romont, Chablais, wurden kraft eines Artikels in dem

1 Ausſchreiben am 29 Dec. 1535 bei Stettler II, 78. Am
26 Januar erſt benachrichtigten die Berner den Koͤnig von Frankreich
von dem unternommenen Feldzug, und baten ihn ihr guter Gevatter
zu bleiben; am 9 Februar ließ dann der Koͤnig den ſchweizeriſchen
Feldherrn wiſſen daß er gleichfalls auf einen Krieg gegen Savoyen
denke. Schon am 2ten waren aber die Berner in Genf eingetroffen,
am 5ten mit den Genfern nach Savoyen vorgeruͤckt; am 7ten unter-
warf ſich bereits Villeneuve. Tillier Geſchichte von Bern III, 355.
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[26/0038] Siebentes Buch. Erſtes Capitel. Vertheidigung Untauglichen zu entledigen; aber dieſe wurden von den Belagerern geplündert und in dieſem Zuſtand zu- rückgeſchickt. Schon dachte Franz I ſich dieſer Feindſeligkeiten auf eine oder die andre Weiſe zu ſeinem Vorhaben gegen Savoyen zu bedienen; aber eben dieß war ein Motiv mehr für den Rath von Bern, welcher vor vier Jahren das Beſte bei Genf gethan, zu den Waffen zu greifen und den einmal be- gründeten Zuſtand daſelbſt zu befeſtigen. Ohne mit Frankreich in beſonderm Bund zu ſtehn, gaben die Berner ihrer Landſchaft zu erkennen, die Ehre Gottes und ihre eigene fordere, Genf nicht untergehn zu laſſen: es würde ihnen zu ewigen Zeiten verweislich ſeyn. 1 Im Dezember 1535 ſchickten ſie dem Herzog ſeinen Bundes- brief zurück. Im Januar 1536 erſchien ein aus den Ein- wohnern der Stadt und den vier Landgerichten zuſammenge- ſetztes ſtattliches Heer im Felde; mit den Verbündeten von Neuenſtadt und Neuenburg unter deren eigenen Fahnen. Aus politiſchen Gründen geſellten ſich ihnen Freiburger und Wal- liſer zu, ſo wenig das auch im Intereſſe ihrer Religion lag. Einem ſo gewaltigen Anfall konnte Savoyen nicht widerſtehn. Nicht allein wurde Genf auf der Stelle befreit: — die Waat, Gex, Romont, Chablais, wurden kraft eines Artikels in dem 1 Ausſchreiben am 29 Dec. 1535 bei Stettler II, 78. Am 26 Januar erſt benachrichtigten die Berner den Koͤnig von Frankreich von dem unternommenen Feldzug, und baten ihn ihr guter Gevatter zu bleiben; am 9 Februar ließ dann der Koͤnig den ſchweizeriſchen Feldherrn wiſſen daß er gleichfalls auf einen Krieg gegen Savoyen denke. Schon am 2ten waren aber die Berner in Genf eingetroffen, am 5ten mit den Genfern nach Savoyen vorgeruͤckt; am 7ten unter- warf ſich bereits Villeneuve. Tillier Geſchichte von Bern III, 355.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/38>, abgerufen am 25.04.2024.