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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Ursprung des Krieges. Cöllnische Sache.
Grund des Wormser Edictes oder des Augsburger Abschie-
des ein Urtel ergehn zu lassen, da dieselben durch den Nürn-
berger Frieden, die Declaration von Regensburg und die
zuletzt in Speier getroffenen Bestimmungen außer Kraft ge-
setzt worden. 1

Zaghaftigkeit ließe sich den Verbündeten in dieser Sache
überhaupt nicht Schuld geben. Da sich das Gerücht ver-
breitete, als werde der Kaiser zum nächsten Reichstag mit
Truppen umgeben heranziehen und dabei auf dem Wege den
Churfürsten von Cölln zu Grunde richten, so versahen sie
ihre Botschaft nicht allein für den Fall daß sich diese Be-
sorgniß bewähre, mit einer besondern Instruction, sondern
sie beschlossen zugleich, wenn der Angriff wirklich geschehen
sollte, dem Churfürsten unverzüglich Hülfe zu leisten, und
zwar nach den Orten hin die er selber bezeichnen werde. 2
Die Abgeordneten der Städte, welche das meiste zu fürch-
ten hatten, sahen ihre Instructionen nach und fanden sich
sämmtlich dazu ermächtigt.

Nichts war dem Kaiser verhaßter als Einreden dieser
Art, besonders in Angelegenheiten die ihn so nahe berühr-
ten. Landgraf Philipp hatte wohl so Unrecht nicht wenn
er später den Haß und Widerwillen des Kaisers besonders
von dieser Gesandtschaft herleitete. 3 Gewiß kam damit ein
zweites großes Interesse zu Tage, wo sich die Protestanten
dem Kaiser entgegensetzten.


1 Instruction an den Kaiser bei Sattler III, 259. Neudecker
Actenstücke 626.
2 Beschluß des Bundes 21 Januar 1546. (Fr. A.)
3 Sein Brief an Albanus (Butzer) bei Rommel III, 226.

Urſprung des Krieges. Coͤllniſche Sache.
Grund des Wormſer Edictes oder des Augsburger Abſchie-
des ein Urtel ergehn zu laſſen, da dieſelben durch den Nürn-
berger Frieden, die Declaration von Regensburg und die
zuletzt in Speier getroffenen Beſtimmungen außer Kraft ge-
ſetzt worden. 1

Zaghaftigkeit ließe ſich den Verbündeten in dieſer Sache
überhaupt nicht Schuld geben. Da ſich das Gerücht ver-
breitete, als werde der Kaiſer zum nächſten Reichstag mit
Truppen umgeben heranziehen und dabei auf dem Wege den
Churfürſten von Cölln zu Grunde richten, ſo verſahen ſie
ihre Botſchaft nicht allein für den Fall daß ſich dieſe Be-
ſorgniß bewähre, mit einer beſondern Inſtruction, ſondern
ſie beſchloſſen zugleich, wenn der Angriff wirklich geſchehen
ſollte, dem Churfürſten unverzüglich Hülfe zu leiſten, und
zwar nach den Orten hin die er ſelber bezeichnen werde. 2
Die Abgeordneten der Städte, welche das meiſte zu fürch-
ten hatten, ſahen ihre Inſtructionen nach und fanden ſich
ſämmtlich dazu ermächtigt.

Nichts war dem Kaiſer verhaßter als Einreden dieſer
Art, beſonders in Angelegenheiten die ihn ſo nahe berühr-
ten. Landgraf Philipp hatte wohl ſo Unrecht nicht wenn
er ſpäter den Haß und Widerwillen des Kaiſers beſonders
von dieſer Geſandtſchaft herleitete. 3 Gewiß kam damit ein
zweites großes Intereſſe zu Tage, wo ſich die Proteſtanten
dem Kaiſer entgegenſetzten.


1 Inſtruction an den Kaiſer bei Sattler III, 259. Neudecker
Actenſtuͤcke 626.
2 Beſchluß des Bundes 21 Januar 1546. (Fr. A.)
3 Sein Brief an Albanus (Butzer) bei Rommel III, 226.
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[365/0377] Urſprung des Krieges. Coͤllniſche Sache. Grund des Wormſer Edictes oder des Augsburger Abſchie- des ein Urtel ergehn zu laſſen, da dieſelben durch den Nürn- berger Frieden, die Declaration von Regensburg und die zuletzt in Speier getroffenen Beſtimmungen außer Kraft ge- ſetzt worden. 1 Zaghaftigkeit ließe ſich den Verbündeten in dieſer Sache überhaupt nicht Schuld geben. Da ſich das Gerücht ver- breitete, als werde der Kaiſer zum nächſten Reichstag mit Truppen umgeben heranziehen und dabei auf dem Wege den Churfürſten von Cölln zu Grunde richten, ſo verſahen ſie ihre Botſchaft nicht allein für den Fall daß ſich dieſe Be- ſorgniß bewähre, mit einer beſondern Inſtruction, ſondern ſie beſchloſſen zugleich, wenn der Angriff wirklich geſchehen ſollte, dem Churfürſten unverzüglich Hülfe zu leiſten, und zwar nach den Orten hin die er ſelber bezeichnen werde. 2 Die Abgeordneten der Städte, welche das meiſte zu fürch- ten hatten, ſahen ihre Inſtructionen nach und fanden ſich ſämmtlich dazu ermächtigt. Nichts war dem Kaiſer verhaßter als Einreden dieſer Art, beſonders in Angelegenheiten die ihn ſo nahe berühr- ten. Landgraf Philipp hatte wohl ſo Unrecht nicht wenn er ſpäter den Haß und Widerwillen des Kaiſers beſonders von dieſer Geſandtſchaft herleitete. 3 Gewiß kam damit ein zweites großes Intereſſe zu Tage, wo ſich die Proteſtanten dem Kaiſer entgegenſetzten. 1 Inſtruction an den Kaiſer bei Sattler III, 259. Neudecker Actenſtuͤcke 626. 2 Beſchluß des Bundes 21 Januar 1546. (Fr. A.) 3 Sein Brief an Albanus (Butzer) bei Rommel III, 226.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/377>, abgerufen am 26.05.2024.