Grund des Wormser Edictes oder des Augsburger Abschie- des ein Urtel ergehn zu lassen, da dieselben durch den Nürn- berger Frieden, die Declaration von Regensburg und die zuletzt in Speier getroffenen Bestimmungen außer Kraft ge- setzt worden. 1
Zaghaftigkeit ließe sich den Verbündeten in dieser Sache überhaupt nicht Schuld geben. Da sich das Gerücht ver- breitete, als werde der Kaiser zum nächsten Reichstag mit Truppen umgeben heranziehen und dabei auf dem Wege den Churfürsten von Cölln zu Grunde richten, so versahen sie ihre Botschaft nicht allein für den Fall daß sich diese Be- sorgniß bewähre, mit einer besondern Instruction, sondern sie beschlossen zugleich, wenn der Angriff wirklich geschehen sollte, dem Churfürsten unverzüglich Hülfe zu leisten, und zwar nach den Orten hin die er selber bezeichnen werde. 2 Die Abgeordneten der Städte, welche das meiste zu fürch- ten hatten, sahen ihre Instructionen nach und fanden sich sämmtlich dazu ermächtigt.
Nichts war dem Kaiser verhaßter als Einreden dieser Art, besonders in Angelegenheiten die ihn so nahe berühr- ten. Landgraf Philipp hatte wohl so Unrecht nicht wenn er später den Haß und Widerwillen des Kaisers besonders von dieser Gesandtschaft herleitete. 3 Gewiß kam damit ein zweites großes Interesse zu Tage, wo sich die Protestanten dem Kaiser entgegensetzten.
1 Instruction an den Kaiser bei SattlerIII, 259. Neudecker Actenstücke 626.
Grund des Wormſer Edictes oder des Augsburger Abſchie- des ein Urtel ergehn zu laſſen, da dieſelben durch den Nürn- berger Frieden, die Declaration von Regensburg und die zuletzt in Speier getroffenen Beſtimmungen außer Kraft ge- ſetzt worden. 1
Zaghaftigkeit ließe ſich den Verbündeten in dieſer Sache überhaupt nicht Schuld geben. Da ſich das Gerücht ver- breitete, als werde der Kaiſer zum nächſten Reichstag mit Truppen umgeben heranziehen und dabei auf dem Wege den Churfürſten von Cölln zu Grunde richten, ſo verſahen ſie ihre Botſchaft nicht allein für den Fall daß ſich dieſe Be- ſorgniß bewähre, mit einer beſondern Inſtruction, ſondern ſie beſchloſſen zugleich, wenn der Angriff wirklich geſchehen ſollte, dem Churfürſten unverzüglich Hülfe zu leiſten, und zwar nach den Orten hin die er ſelber bezeichnen werde. 2 Die Abgeordneten der Städte, welche das meiſte zu fürch- ten hatten, ſahen ihre Inſtructionen nach und fanden ſich ſämmtlich dazu ermächtigt.
Nichts war dem Kaiſer verhaßter als Einreden dieſer Art, beſonders in Angelegenheiten die ihn ſo nahe berühr- ten. Landgraf Philipp hatte wohl ſo Unrecht nicht wenn er ſpäter den Haß und Widerwillen des Kaiſers beſonders von dieſer Geſandtſchaft herleitete. 3 Gewiß kam damit ein zweites großes Intereſſe zu Tage, wo ſich die Proteſtanten dem Kaiſer entgegenſetzten.
1 Inſtruction an den Kaiſer bei SattlerIII, 259. Neudecker Actenſtuͤcke 626.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0377"n="365"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Urſprung des Krieges. Coͤllniſche Sache</hi>.</fw><lb/>
Grund des Wormſer Edictes oder des Augsburger Abſchie-<lb/>
des ein Urtel ergehn zu laſſen, da dieſelben durch den Nürn-<lb/>
berger Frieden, die Declaration von <placeName>Regensburg</placeName> und die<lb/>
zuletzt in <placeName>Speier</placeName> getroffenen Beſtimmungen außer Kraft ge-<lb/>ſetzt worden. <noteplace="foot"n="1">Inſtruction an den Kaiſer bei <persNameref="nognd">Sattler</persName><hirendition="#aq">III,</hi> 259. <persNameref="http://d-nb.info/gnd/104286067 ">Neudecker</persName><lb/>
Actenſtuͤcke 626.</note></p><lb/><p>Zaghaftigkeit ließe ſich den Verbündeten in dieſer Sache<lb/>
überhaupt nicht Schuld geben. Da ſich das Gerücht ver-<lb/>
breitete, als werde der Kaiſer zum nächſten Reichstag mit<lb/>
Truppen umgeben heranziehen und dabei auf dem Wege den<lb/>
Churfürſten von <placeName>Cölln</placeName> zu Grunde richten, ſo verſahen ſie<lb/>
ihre Botſchaft nicht allein für den Fall daß ſich dieſe Be-<lb/>ſorgniß bewähre, mit einer beſondern Inſtruction, ſondern<lb/>ſie beſchloſſen zugleich, wenn der Angriff wirklich geſchehen<lb/>ſollte, dem Churfürſten unverzüglich Hülfe zu leiſten, und<lb/>
zwar nach den Orten hin die er ſelber bezeichnen werde. <noteplace="foot"n="2">Beſchluß des Bundes 21 Januar 1546. (Fr. A.)</note><lb/>
Die Abgeordneten der Städte, welche das meiſte zu fürch-<lb/>
ten hatten, ſahen ihre Inſtructionen nach und fanden ſich<lb/>ſämmtlich dazu ermächtigt.</p><lb/><p>Nichts war dem Kaiſer verhaßter als Einreden dieſer<lb/>
Art, beſonders in Angelegenheiten die ihn ſo nahe berühr-<lb/>
ten. Landgraf <persNameref="http://d-nb.info/gnd/11859382X">Philipp</persName> hatte wohl ſo Unrecht nicht wenn<lb/>
er ſpäter den Haß und Widerwillen des Kaiſers beſonders<lb/>
von dieſer Geſandtſchaft herleitete. <noteplace="foot"n="3">Sein Brief an <persNameref="http://d-nb.info/gnd/100005411">Albanus</persName> (<persNameref="http://d-nb.info/gnd/118516507">Butzer</persName>) bei <persNameref="http://d-nb.info/gnd/116606428">Rommel</persName><hirendition="#aq">III,</hi> 226.</note> Gewiß kam damit ein<lb/>
zweites großes Intereſſe zu Tage, wo ſich die Proteſtanten<lb/>
dem Kaiſer entgegenſetzten.</p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[365/0377]
Urſprung des Krieges. Coͤllniſche Sache.
Grund des Wormſer Edictes oder des Augsburger Abſchie-
des ein Urtel ergehn zu laſſen, da dieſelben durch den Nürn-
berger Frieden, die Declaration von Regensburg und die
zuletzt in Speier getroffenen Beſtimmungen außer Kraft ge-
ſetzt worden. 1
Zaghaftigkeit ließe ſich den Verbündeten in dieſer Sache
überhaupt nicht Schuld geben. Da ſich das Gerücht ver-
breitete, als werde der Kaiſer zum nächſten Reichstag mit
Truppen umgeben heranziehen und dabei auf dem Wege den
Churfürſten von Cölln zu Grunde richten, ſo verſahen ſie
ihre Botſchaft nicht allein für den Fall daß ſich dieſe Be-
ſorgniß bewähre, mit einer beſondern Inſtruction, ſondern
ſie beſchloſſen zugleich, wenn der Angriff wirklich geſchehen
ſollte, dem Churfürſten unverzüglich Hülfe zu leiſten, und
zwar nach den Orten hin die er ſelber bezeichnen werde. 2
Die Abgeordneten der Städte, welche das meiſte zu fürch-
ten hatten, ſahen ihre Inſtructionen nach und fanden ſich
ſämmtlich dazu ermächtigt.
Nichts war dem Kaiſer verhaßter als Einreden dieſer
Art, beſonders in Angelegenheiten die ihn ſo nahe berühr-
ten. Landgraf Philipp hatte wohl ſo Unrecht nicht wenn
er ſpäter den Haß und Widerwillen des Kaiſers beſonders
von dieſer Geſandtſchaft herleitete. 3 Gewiß kam damit ein
zweites großes Intereſſe zu Tage, wo ſich die Proteſtanten
dem Kaiſer entgegenſetzten.
1 Inſtruction an den Kaiſer bei Sattler III, 259. Neudecker
Actenſtuͤcke 626.
2 Beſchluß des Bundes 21 Januar 1546. (Fr. A.)
3 Sein Brief an Albanus (Butzer) bei Rommel III, 226.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/377>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.