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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Ursprung des Krieges. Cöllnische Sache.

Er sprach sich überhaupt so unumwunden aus, daß jene
Majoritäten kein Bedenken weiter trugen aller Abweichung
mit möglichster Strenge entgegenzutreten.

Zunächst forderte das Domcapitel einige zweifelhafte
Mitglieder, z. B. den Rheingrafen, bei Strafe des verletzten
Gehorsams, auf, ihre Gesinnung in Hinsicht der Religion
zu erklären. Den Grafen von Horn kündigte es Bestrafung
an, wofern sie nicht bis zu Pfingsten das Abendmahl un-
ter einer Gestalt nehmen würden. Einem gelehrten Haus-
genossen derselben gieng der Befehl zu, das Gebiet der Stadt
bei scheinender Sonne zu verlassen.

Hierauf hielt die Universität eine allgemeine Versamm-
lung ihrer Graduirten, und forderte sie auf, ihre Beistimmung
zu der ergangenen Protestation zu erklären. Da einer der
Professoren der Rechte, Dr Siegfried von Löwenburg, dieß
abschlug, so eröffnete ihm die Universität, weil er sich in ei-
ner so hochwichtigen Sache von ihr absondere, so könne er
auch ihre Ehren und Würden nicht länger genießen: er müsse
derselben beraubt seyn, bis er anders stimme. Zugleich be-
schloß sie, in Zukunft Niemand zu promoviren der nicht vor-
her ein Glaubensbekenntniß abgelegt habe.

Und nun vereinigten sich Clerus, Universität und Rath,
der letzte wie er sagte auf ausdrücklichen mündlichen Be-
fehl des Kaisers, die beiden ersten aber, damit der Rath
nicht zu andern Mitteln greife, den erzbischöflichen Official
zur Herstellung des Amtes der Inquisition ketzerischer Bos-
heit aufzufordern. Der Erzbischof, hierüber angegangen, ant-
wortete ausweichend; schon war es aber so weit gekommen,
daß der Official keine Rücksicht mehr auf ihn nahm: er blieb

Urſprung des Krieges. Coͤllniſche Sache.

Er ſprach ſich überhaupt ſo unumwunden aus, daß jene
Majoritäten kein Bedenken weiter trugen aller Abweichung
mit möglichſter Strenge entgegenzutreten.

Zunächſt forderte das Domcapitel einige zweifelhafte
Mitglieder, z. B. den Rheingrafen, bei Strafe des verletzten
Gehorſams, auf, ihre Geſinnung in Hinſicht der Religion
zu erklären. Den Grafen von Horn kündigte es Beſtrafung
an, wofern ſie nicht bis zu Pfingſten das Abendmahl un-
ter einer Geſtalt nehmen würden. Einem gelehrten Haus-
genoſſen derſelben gieng der Befehl zu, das Gebiet der Stadt
bei ſcheinender Sonne zu verlaſſen.

Hierauf hielt die Univerſität eine allgemeine Verſamm-
lung ihrer Graduirten, und forderte ſie auf, ihre Beiſtimmung
zu der ergangenen Proteſtation zu erklären. Da einer der
Profeſſoren der Rechte, Dr Siegfried von Löwenburg, dieß
abſchlug, ſo eröffnete ihm die Univerſität, weil er ſich in ei-
ner ſo hochwichtigen Sache von ihr abſondere, ſo könne er
auch ihre Ehren und Würden nicht länger genießen: er müſſe
derſelben beraubt ſeyn, bis er anders ſtimme. Zugleich be-
ſchloß ſie, in Zukunft Niemand zu promoviren der nicht vor-
her ein Glaubensbekenntniß abgelegt habe.

Und nun vereinigten ſich Clerus, Univerſität und Rath,
der letzte wie er ſagte auf ausdrücklichen mündlichen Be-
fehl des Kaiſers, die beiden erſten aber, damit der Rath
nicht zu andern Mitteln greife, den erzbiſchöflichen Official
zur Herſtellung des Amtes der Inquiſition ketzeriſcher Bos-
heit aufzufordern. Der Erzbiſchof, hierüber angegangen, ant-
wortete ausweichend; ſchon war es aber ſo weit gekommen,
daß der Official keine Rückſicht mehr auf ihn nahm: er blieb

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[361/0373] Urſprung des Krieges. Coͤllniſche Sache. Er ſprach ſich überhaupt ſo unumwunden aus, daß jene Majoritäten kein Bedenken weiter trugen aller Abweichung mit möglichſter Strenge entgegenzutreten. Zunächſt forderte das Domcapitel einige zweifelhafte Mitglieder, z. B. den Rheingrafen, bei Strafe des verletzten Gehorſams, auf, ihre Geſinnung in Hinſicht der Religion zu erklären. Den Grafen von Horn kündigte es Beſtrafung an, wofern ſie nicht bis zu Pfingſten das Abendmahl un- ter einer Geſtalt nehmen würden. Einem gelehrten Haus- genoſſen derſelben gieng der Befehl zu, das Gebiet der Stadt bei ſcheinender Sonne zu verlaſſen. Hierauf hielt die Univerſität eine allgemeine Verſamm- lung ihrer Graduirten, und forderte ſie auf, ihre Beiſtimmung zu der ergangenen Proteſtation zu erklären. Da einer der Profeſſoren der Rechte, Dr Siegfried von Löwenburg, dieß abſchlug, ſo eröffnete ihm die Univerſität, weil er ſich in ei- ner ſo hochwichtigen Sache von ihr abſondere, ſo könne er auch ihre Ehren und Würden nicht länger genießen: er müſſe derſelben beraubt ſeyn, bis er anders ſtimme. Zugleich be- ſchloß ſie, in Zukunft Niemand zu promoviren der nicht vor- her ein Glaubensbekenntniß abgelegt habe. Und nun vereinigten ſich Clerus, Univerſität und Rath, der letzte wie er ſagte auf ausdrücklichen mündlichen Be- fehl des Kaiſers, die beiden erſten aber, damit der Rath nicht zu andern Mitteln greife, den erzbiſchöflichen Official zur Herſtellung des Amtes der Inquiſition ketzeriſcher Bos- heit aufzufordern. Der Erzbiſchof, hierüber angegangen, ant- wortete ausweichend; ſchon war es aber ſo weit gekommen, daß der Official keine Rückſicht mehr auf ihn nahm: er blieb

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 361. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/373>, abgerufen am 23.11.2024.