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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Siebentes Buch. Neuntes Capitel.
Regensburg eingerichtet, so berief Herzog Ottheinrich den An-
dreas Osiander
von Nürnberg zu sich, und erließ, nachdem der-
selbe einige Wochen lang gepredigt, mit seiner Hülfe ein Aus-
schreiben, worin er alle Prediger in seinem Lande aufforderte,
von aller Lehre abzustehn, die in göttlicher Schrift kein Zeug-
niß habe. Natürlich zog er sich hiedurch die Feindseligkeit der
Herzoge von Baiern zu, und höchst empfindlich ward sie ihm.
Er hatte nemlich sein wenig einträgliches Land mit einer gro-
ßen Schuldenlast übernommen: was er schwerlich so ohne
Weiteres gethan haben würde, hätte ihm nicht Herzog Wil-
helm von Baiern
ein sehr bedeutendes Anlehen zugesichert.
Ottheinrich meinte wohl nicht, daß durch die religiöse Ver-
änderung pecuniäre Verabredungen rückgängig werden könn-
ten. Unumwunden aber ließ ihn Herzog Wilhelm wissen,
er wolle nun ferner nichts mit ihm zu schaffen haben, 1 und
weigerte sich seine Zahlung auf die bestimmten Termine zu
leisten. Der junge Fürst gerieth hiedurch in die größte
Verlegenheit; er klagt, er müsse nun in der Eile zu nach-
theiligen Veräußerungen schreiten, und auch darin werde er
noch gehindert. Doch konnte das kein Motiv für ihn seyn,
das begonnene Werk zu unterlassen. Er schloß sich nur um
so enger an den schmalkaldischen Bund an.

So legten sich trotz alles Widerstandes die Elemente
der Neuerung um die alte Burg katholischer Dienste an, wo
man noch immer die unnachsichtigste Ordnung handhabte,
wiewohl nicht mit vollkommenem Erfolg. Mir fällt doch
auf, daß sich in dem Album der Universität Wittenberg im-

1 "er wolle keine Gemeinschaft mit uns haben und in allen
unsern obliegen und sachen weder rathen noch helfen." Sein Schrei-
ben an Johann Friedrich 12 Aug. 1542.

Siebentes Buch. Neuntes Capitel.
Regensburg eingerichtet, ſo berief Herzog Ottheinrich den An-
dreas Oſiander
von Nürnberg zu ſich, und erließ, nachdem der-
ſelbe einige Wochen lang gepredigt, mit ſeiner Hülfe ein Aus-
ſchreiben, worin er alle Prediger in ſeinem Lande aufforderte,
von aller Lehre abzuſtehn, die in göttlicher Schrift kein Zeug-
niß habe. Natürlich zog er ſich hiedurch die Feindſeligkeit der
Herzoge von Baiern zu, und höchſt empfindlich ward ſie ihm.
Er hatte nemlich ſein wenig einträgliches Land mit einer gro-
ßen Schuldenlaſt übernommen: was er ſchwerlich ſo ohne
Weiteres gethan haben würde, hätte ihm nicht Herzog Wil-
helm von Baiern
ein ſehr bedeutendes Anlehen zugeſichert.
Ottheinrich meinte wohl nicht, daß durch die religiöſe Ver-
änderung pecuniäre Verabredungen rückgängig werden könn-
ten. Unumwunden aber ließ ihn Herzog Wilhelm wiſſen,
er wolle nun ferner nichts mit ihm zu ſchaffen haben, 1 und
weigerte ſich ſeine Zahlung auf die beſtimmten Termine zu
leiſten. Der junge Fürſt gerieth hiedurch in die größte
Verlegenheit; er klagt, er müſſe nun in der Eile zu nach-
theiligen Veräußerungen ſchreiten, und auch darin werde er
noch gehindert. Doch konnte das kein Motiv für ihn ſeyn,
das begonnene Werk zu unterlaſſen. Er ſchloß ſich nur um
ſo enger an den ſchmalkaldiſchen Bund an.

So legten ſich trotz alles Widerſtandes die Elemente
der Neuerung um die alte Burg katholiſcher Dienſte an, wo
man noch immer die unnachſichtigſte Ordnung handhabte,
wiewohl nicht mit vollkommenem Erfolg. Mir fällt doch
auf, daß ſich in dem Album der Univerſität Wittenberg im-

1 „er wolle keine Gemeinſchaft mit uns haben und in allen
unſern obliegen und ſachen weder rathen noch helfen.“ Sein Schrei-
ben an Johann Friedrich 12 Aug. 1542.
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[324/0336] Siebentes Buch. Neuntes Capitel. Regensburg eingerichtet, ſo berief Herzog Ottheinrich den An- dreas Oſiander von Nürnberg zu ſich, und erließ, nachdem der- ſelbe einige Wochen lang gepredigt, mit ſeiner Hülfe ein Aus- ſchreiben, worin er alle Prediger in ſeinem Lande aufforderte, von aller Lehre abzuſtehn, die in göttlicher Schrift kein Zeug- niß habe. Natürlich zog er ſich hiedurch die Feindſeligkeit der Herzoge von Baiern zu, und höchſt empfindlich ward ſie ihm. Er hatte nemlich ſein wenig einträgliches Land mit einer gro- ßen Schuldenlaſt übernommen: was er ſchwerlich ſo ohne Weiteres gethan haben würde, hätte ihm nicht Herzog Wil- helm von Baiern ein ſehr bedeutendes Anlehen zugeſichert. Ottheinrich meinte wohl nicht, daß durch die religiöſe Ver- änderung pecuniäre Verabredungen rückgängig werden könn- ten. Unumwunden aber ließ ihn Herzog Wilhelm wiſſen, er wolle nun ferner nichts mit ihm zu ſchaffen haben, 1 und weigerte ſich ſeine Zahlung auf die beſtimmten Termine zu leiſten. Der junge Fürſt gerieth hiedurch in die größte Verlegenheit; er klagt, er müſſe nun in der Eile zu nach- theiligen Veräußerungen ſchreiten, und auch darin werde er noch gehindert. Doch konnte das kein Motiv für ihn ſeyn, das begonnene Werk zu unterlaſſen. Er ſchloß ſich nur um ſo enger an den ſchmalkaldiſchen Bund an. So legten ſich trotz alles Widerſtandes die Elemente der Neuerung um die alte Burg katholiſcher Dienſte an, wo man noch immer die unnachſichtigſte Ordnung handhabte, wiewohl nicht mit vollkommenem Erfolg. Mir fällt doch auf, daß ſich in dem Album der Univerſität Wittenberg im- 1 „er wolle keine Gemeinſchaft mit uns haben und in allen unſern obliegen und ſachen weder rathen noch helfen.“ Sein Schrei- ben an Johann Friedrich 12 Aug. 1542.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/336>, abgerufen am 22.11.2024.