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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Reichstag zu Speier 1544.
oder noch schließen möchten, anerkannt. Einige Hauptartikel
der Declaration von 1541 kamen wörtlich in den Abschied.
Wir können sagen: der Zustand der von der Hierarchie ge-
trennten Landeskirchen erhielt im Allgemeinen die Bestäti-
gung des Reiches.

Auf entsprechende Weise wurden die Irrungen über das
Kammergericht entschieden. Mit einer Wiederholung der Sus-
pension der die Confessionsverwandten betreffenden Processe
und Achten war man jetzt nicht zufrieden. Wie die Prote-
stanten immer gefordert, eine ganz neue Einrichtung des Kam-
mergerichts ward in Aussicht gestellt: zwar nicht in dem
Umfang den sie in Antrag gebracht, namentlich nicht der-
gestalt, daß von den alten Beisitzern Keiner wieder gewählt
werden sollte, was der Lage der Dinge hinwiederum nicht
entsprochen haben würde; allein doch so, daß sie sehr zu-
frieden seyn konnten. Am nächsten Reichstag sollten von
allen dazu befugten Ständen aufs neue Kammergerichts-
beisitzer präsentirt werden, ohne Rücksicht ob sie den Eid
zu Gott und den Heiligen, oder zu Gott und dem Evange-
lium schwören würden. Und damit eine vollkommen gleiche
Grundlage des Rechts bestände, sollten in Zukunft die Satzun-
gen des geschriebenen gemeinen Rechts in Hinsicht der Reli-
gion so wenig wie die frühern Abschiede Anwendung finden. 1

In der That darin lag alles was sie billigerweise for-
dern konnten: Rechtsgleichheit in Hinsicht der Gesetze sowohl
wie der Richter.


1 Pacificantur per hoc, klagt ein altgläubiger Glossator, bona
et personae Lutheranorum per omnia catholicis, nec ad illas poe-
nas contra haereticos adornatas procedi poterit.
Ranke D. Gesch. IV. 20

Reichstag zu Speier 1544.
oder noch ſchließen möchten, anerkannt. Einige Hauptartikel
der Declaration von 1541 kamen wörtlich in den Abſchied.
Wir können ſagen: der Zuſtand der von der Hierarchie ge-
trennten Landeskirchen erhielt im Allgemeinen die Beſtäti-
gung des Reiches.

Auf entſprechende Weiſe wurden die Irrungen über das
Kammergericht entſchieden. Mit einer Wiederholung der Sus-
penſion der die Confeſſionsverwandten betreffenden Proceſſe
und Achten war man jetzt nicht zufrieden. Wie die Prote-
ſtanten immer gefordert, eine ganz neue Einrichtung des Kam-
mergerichts ward in Ausſicht geſtellt: zwar nicht in dem
Umfang den ſie in Antrag gebracht, namentlich nicht der-
geſtalt, daß von den alten Beiſitzern Keiner wieder gewählt
werden ſollte, was der Lage der Dinge hinwiederum nicht
entſprochen haben würde; allein doch ſo, daß ſie ſehr zu-
frieden ſeyn konnten. Am nächſten Reichstag ſollten von
allen dazu befugten Ständen aufs neue Kammergerichts-
beiſitzer präſentirt werden, ohne Rückſicht ob ſie den Eid
zu Gott und den Heiligen, oder zu Gott und dem Evange-
lium ſchwören würden. Und damit eine vollkommen gleiche
Grundlage des Rechts beſtände, ſollten in Zukunft die Satzun-
gen des geſchriebenen gemeinen Rechts in Hinſicht der Reli-
gion ſo wenig wie die frühern Abſchiede Anwendung finden. 1

In der That darin lag alles was ſie billigerweiſe for-
dern konnten: Rechtsgleichheit in Hinſicht der Geſetze ſowohl
wie der Richter.


1 Pacificantur per hoc, klagt ein altglaͤubiger Gloſſator, bona
et personae Lutheranorum per omnia catholicis, nec ad illas poe-
nas contra haereticos adornatas procedi poterit.
Ranke D. Geſch. IV. 20
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[305/0317] Reichstag zu Speier 1544. oder noch ſchließen möchten, anerkannt. Einige Hauptartikel der Declaration von 1541 kamen wörtlich in den Abſchied. Wir können ſagen: der Zuſtand der von der Hierarchie ge- trennten Landeskirchen erhielt im Allgemeinen die Beſtäti- gung des Reiches. Auf entſprechende Weiſe wurden die Irrungen über das Kammergericht entſchieden. Mit einer Wiederholung der Sus- penſion der die Confeſſionsverwandten betreffenden Proceſſe und Achten war man jetzt nicht zufrieden. Wie die Prote- ſtanten immer gefordert, eine ganz neue Einrichtung des Kam- mergerichts ward in Ausſicht geſtellt: zwar nicht in dem Umfang den ſie in Antrag gebracht, namentlich nicht der- geſtalt, daß von den alten Beiſitzern Keiner wieder gewählt werden ſollte, was der Lage der Dinge hinwiederum nicht entſprochen haben würde; allein doch ſo, daß ſie ſehr zu- frieden ſeyn konnten. Am nächſten Reichstag ſollten von allen dazu befugten Ständen aufs neue Kammergerichts- beiſitzer präſentirt werden, ohne Rückſicht ob ſie den Eid zu Gott und den Heiligen, oder zu Gott und dem Evange- lium ſchwören würden. Und damit eine vollkommen gleiche Grundlage des Rechts beſtände, ſollten in Zukunft die Satzun- gen des geſchriebenen gemeinen Rechts in Hinſicht der Reli- gion ſo wenig wie die frühern Abſchiede Anwendung finden. 1 In der That darin lag alles was ſie billigerweiſe for- dern konnten: Rechtsgleichheit in Hinſicht der Geſetze ſowohl wie der Richter. 1 Pacificantur per hoc, klagt ein altglaͤubiger Gloſſator, bona et personae Lutheranorum per omnia catholicis, nec ad illas poe- nas contra haereticos adornatas procedi poterit. Ranke D. Geſch. IV. 20

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/317>, abgerufen am 22.11.2024.