Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.Naumburger Bisthum. Bischof anzugreifen: da werde sich alles entgegensetzen, wasdem Papstthum noch anhänge. 1 Der Churfürst wandte ein, auch in Dänemark, Schweden, England und dem Herzog- thum Preußen habe man Veränderungen vorgenommen, der Kaiser selbst habe in Lüttich und Utrecht etwas Ähnliches gethan; es gebe keinen Potentaten der ihn darüber angrei- fen werde, und das Kammergericht fürchte er nicht. Er ver- gaß, daß sein landesherrliches Recht so unbestritten nicht war, daß man jetzt vor allem sich hüten mußte die Majo- rität, die schon im Zerfallen begriffen war, wieder zu verei- nigen. Die Wittenberger Theologen hätten wenigstens ge- wünscht, daß ein Reichsfürst, z. B. Georg von Anhalt, mit der geistlichen Verwaltung beauftragt worden wäre: und Lu- ther gab demselben das beste Zeugniß; aber Johann Fried- rich fürchtete die Verbindung in welcher Fürst Georg mit Erz- bischof Albrecht stehen könnte, und zog den Licentiaten Nico- laus von Amsdorf vor, dessen Sinnesweise der seinen ohnehin entsprach. Die weltliche Verwaltung nahm er selber an sich. Und wäre nun der neue Bischof nur auch ernstlich zu 1 Gregor Brück an den Churfürsten Sonntag nach Erhardi
1541: "denn wiewol der papstlich Hauf bis anher hat zugesehen, das man gemeyner Pfaffen, Mönche und Nonnen halber beruhrte Ver- ordenungen vorgenommen, so lassen sich doch verdunken, man wolle nu dergleichen der bischove halber auch furnehmen, dem wollen sie nu weh- ren und kais. Mt zu Hülfe nehmen, der Kaiser und die Pfaffen möch- ten leicht mit Confirmirung des Papsts ein bischof setzen." Der Chur- fürst erklärt diese Bedenklichkeiten für "etwas weitläuftig, dazu auch kleinmüthig." Brück bleibt dabei, daß der Churfürst die Sache berge und dissimulire, bis zu seiner Zeit, die nicht fehlen könne; und be- halte ihm der Pfaffen Untreu zu einer Ursach christlicher Reforma- tion zu seiner Zeit. (W. A.) Naumburger Bisthum. Biſchof anzugreifen: da werde ſich alles entgegenſetzen, wasdem Papſtthum noch anhänge. 1 Der Churfürſt wandte ein, auch in Dänemark, Schweden, England und dem Herzog- thum Preußen habe man Veränderungen vorgenommen, der Kaiſer ſelbſt habe in Lüttich und Utrecht etwas Ähnliches gethan; es gebe keinen Potentaten der ihn darüber angrei- fen werde, und das Kammergericht fürchte er nicht. Er ver- gaß, daß ſein landesherrliches Recht ſo unbeſtritten nicht war, daß man jetzt vor allem ſich hüten mußte die Majo- rität, die ſchon im Zerfallen begriffen war, wieder zu verei- nigen. Die Wittenberger Theologen hätten wenigſtens ge- wünſcht, daß ein Reichsfürſt, z. B. Georg von Anhalt, mit der geiſtlichen Verwaltung beauftragt worden wäre: und Lu- ther gab demſelben das beſte Zeugniß; aber Johann Fried- rich fürchtete die Verbindung in welcher Fürſt Georg mit Erz- biſchof Albrecht ſtehen könnte, und zog den Licentiaten Nico- laus von Amsdorf vor, deſſen Sinnesweiſe der ſeinen ohnehin entſprach. Die weltliche Verwaltung nahm er ſelber an ſich. Und wäre nun der neue Biſchof nur auch ernſtlich zu 1 Gregor Bruͤck an den Churfuͤrſten Sonntag nach Erhardi
1541: „denn wiewol der papſtlich Hauf bis anher hat zugeſehen, das man gemeyner Pfaffen, Moͤnche und Nonnen halber beruhrte Ver- ordenungen vorgenommen, ſo laſſen ſich doch verdunken, man wolle nu dergleichen der biſchove halber auch furnehmen, dem wollen ſie nu weh- ren und kaiſ. Mt zu Huͤlfe nehmen, der Kaiſer und die Pfaffen moͤch- ten leicht mit Confirmirung des Papſts ein biſchof ſetzen.“ Der Chur- fuͤrſt erklaͤrt dieſe Bedenklichkeiten fuͤr „etwas weitlaͤuftig, dazu auch kleinmuͤthig.“ Bruͤck bleibt dabei, daß der Churfuͤrſt die Sache berge und diſſimulire, bis zu ſeiner Zeit, die nicht fehlen koͤnne; und be- halte ihm der Pfaffen Untreu zu einer Urſach chriſtlicher Reforma- tion zu ſeiner Zeit. (W. A.) <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0281" n="269"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Naumburger Bisthum</hi>.</fw><lb/> Biſchof anzugreifen: da werde ſich alles entgegenſetzen, was<lb/> dem Papſtthum noch anhänge. <note place="foot" n="1"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118674579">Gregor Bruͤck</persName> an den Churfuͤrſten Sonntag nach Erhardi<lb/> 1541: „denn wiewol der papſtlich Hauf bis anher hat zugeſehen, das<lb/> man gemeyner Pfaffen, Moͤnche und Nonnen halber beruhrte Ver-<lb/> ordenungen vorgenommen, ſo laſſen ſich doch verdunken, man wolle nu<lb/> dergleichen der biſchove halber auch furnehmen, dem wollen ſie nu weh-<lb/> ren und kaiſ. Mt zu Huͤlfe nehmen, der Kaiſer und die Pfaffen moͤch-<lb/> ten leicht mit Confirmirung des Papſts ein biſchof ſetzen.“ Der Chur-<lb/> fuͤrſt erklaͤrt dieſe Bedenklichkeiten fuͤr „etwas weitlaͤuftig, dazu auch<lb/> kleinmuͤthig.“ <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118674579">Bruͤck</persName> bleibt dabei, daß der Churfuͤrſt die Sache berge<lb/> und diſſimulire, bis zu ſeiner Zeit, die nicht fehlen koͤnne; und be-<lb/> halte ihm der Pfaffen Untreu zu einer Urſach chriſtlicher Reforma-<lb/> tion zu ſeiner Zeit. (W. A.)</note> Der Churfürſt wandte ein,<lb/> auch in <placeName>Dänemark</placeName>, <placeName>Schweden</placeName>, <placeName>England</placeName> und dem Herzog-<lb/> thum <placeName>Preußen</placeName> habe man Veränderungen vorgenommen, der<lb/> Kaiſer ſelbſt habe in <placeName>Lüttich</placeName> und <placeName>Utrecht</placeName> etwas Ähnliches<lb/> gethan; es gebe keinen Potentaten der ihn darüber angrei-<lb/> fen werde, und das Kammergericht fürchte er nicht. Er ver-<lb/> gaß, daß ſein landesherrliches Recht ſo unbeſtritten nicht<lb/> war, daß man jetzt vor allem ſich hüten mußte die Majo-<lb/> rität, die ſchon im Zerfallen begriffen war, wieder zu verei-<lb/> nigen. Die Wittenberger Theologen hätten wenigſtens ge-<lb/> wünſcht, daß ein Reichsfürſt, z. B. <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118716891">Georg von Anhalt</persName>, mit<lb/> der geiſtlichen Verwaltung beauftragt worden wäre: und <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118575449">Lu-<lb/> ther</persName> gab demſelben das beſte Zeugniß; aber <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118712373">Johann Fried-<lb/> rich</persName> fürchtete die Verbindung in welcher Fürſt <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118716921">Georg</persName> mit Erz-<lb/> biſchof <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118647733">Albrecht</persName> ſtehen könnte, und zog den Licentiaten <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118645056">Nico-<lb/> laus von Amsdorf</persName> vor, deſſen Sinnesweiſe der ſeinen ohnehin<lb/> entſprach. Die weltliche Verwaltung nahm er ſelber an ſich.</p><lb/> <p>Und wäre nun der neue Biſchof nur auch ernſtlich zu<lb/> durchgreifenden Verbeſſerungen unterſtützt worden!</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [269/0281]
Naumburger Bisthum.
Biſchof anzugreifen: da werde ſich alles entgegenſetzen, was
dem Papſtthum noch anhänge. 1 Der Churfürſt wandte ein,
auch in Dänemark, Schweden, England und dem Herzog-
thum Preußen habe man Veränderungen vorgenommen, der
Kaiſer ſelbſt habe in Lüttich und Utrecht etwas Ähnliches
gethan; es gebe keinen Potentaten der ihn darüber angrei-
fen werde, und das Kammergericht fürchte er nicht. Er ver-
gaß, daß ſein landesherrliches Recht ſo unbeſtritten nicht
war, daß man jetzt vor allem ſich hüten mußte die Majo-
rität, die ſchon im Zerfallen begriffen war, wieder zu verei-
nigen. Die Wittenberger Theologen hätten wenigſtens ge-
wünſcht, daß ein Reichsfürſt, z. B. Georg von Anhalt, mit
der geiſtlichen Verwaltung beauftragt worden wäre: und Lu-
ther gab demſelben das beſte Zeugniß; aber Johann Fried-
rich fürchtete die Verbindung in welcher Fürſt Georg mit Erz-
biſchof Albrecht ſtehen könnte, und zog den Licentiaten Nico-
laus von Amsdorf vor, deſſen Sinnesweiſe der ſeinen ohnehin
entſprach. Die weltliche Verwaltung nahm er ſelber an ſich.
Und wäre nun der neue Biſchof nur auch ernſtlich zu
durchgreifenden Verbeſſerungen unterſtützt worden!
1 Gregor Bruͤck an den Churfuͤrſten Sonntag nach Erhardi
1541: „denn wiewol der papſtlich Hauf bis anher hat zugeſehen, das
man gemeyner Pfaffen, Moͤnche und Nonnen halber beruhrte Ver-
ordenungen vorgenommen, ſo laſſen ſich doch verdunken, man wolle nu
dergleichen der biſchove halber auch furnehmen, dem wollen ſie nu weh-
ren und kaiſ. Mt zu Huͤlfe nehmen, der Kaiſer und die Pfaffen moͤch-
ten leicht mit Confirmirung des Papſts ein biſchof ſetzen.“ Der Chur-
fuͤrſt erklaͤrt dieſe Bedenklichkeiten fuͤr „etwas weitlaͤuftig, dazu auch
kleinmuͤthig.“ Bruͤck bleibt dabei, daß der Churfuͤrſt die Sache berge
und diſſimulire, bis zu ſeiner Zeit, die nicht fehlen koͤnne; und be-
halte ihm der Pfaffen Untreu zu einer Urſach chriſtlicher Reforma-
tion zu ſeiner Zeit. (W. A.)
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