Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.Siebentes Buch. Siebentes Capitel. len angegriffen werde; wogegen auch er ihn in allen Fällendie noch nicht in dem schmalkaldischen Bündniß begriffen seyen, unterstützen wolle. Erinnern wir uns, wie viel daran lag daß der Landgraf die sächsischen Interessen in der clevisch-geldri- schen Sache zu den seinen gemacht, dem Herzog von Cleve den Schutz des schmalkaldischen Bundes bewilligt hätte. Aber auch durch diese großartige Aussicht ließ sich der Ordnung liebende, legale, gesetzte Churfürst nicht bewegen, den Vorschlag anzunehmen. Er bat vielmehr seinen Bundesgenossen, von einem Vorhaben abzustehn, welches ihre Kirche beschimpfen werde, sey ihm das aber schlechterdings nicht möglich, die Sache wenigstens in das tiefste Geheimniß zu begraben. Wo- fern er dieß halte, habe er ja ohnehin nichts zu fürchten. 1 Hierauf vollzog der Landgraf, im März 1540, die neue Allein wie bald ward sein Geheimniß öffentlich bekannt. Es schien als wolle man sich dort der Landgräfin an- Siebentes Buch. Siebentes Capitel. len angegriffen werde; wogegen auch er ihn in allen Fällendie noch nicht in dem ſchmalkaldiſchen Bündniß begriffen ſeyen, unterſtützen wolle. Erinnern wir uns, wie viel daran lag daß der Landgraf die ſächſiſchen Intereſſen in der cleviſch-geldri- ſchen Sache zu den ſeinen gemacht, dem Herzog von Cleve den Schutz des ſchmalkaldiſchen Bundes bewilligt hätte. Aber auch durch dieſe großartige Ausſicht ließ ſich der Ordnung liebende, legale, geſetzte Churfürſt nicht bewegen, den Vorſchlag anzunehmen. Er bat vielmehr ſeinen Bundesgenoſſen, von einem Vorhaben abzuſtehn, welches ihre Kirche beſchimpfen werde, ſey ihm das aber ſchlechterdings nicht möglich, die Sache wenigſtens in das tiefſte Geheimniß zu begraben. Wo- fern er dieß halte, habe er ja ohnehin nichts zu fürchten. 1 Hierauf vollzog der Landgraf, im März 1540, die neue Allein wie bald ward ſein Geheimniß öffentlich bekannt. Es ſchien als wolle man ſich dort der Landgräfin an- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0272" n="260"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Siebentes Buch. Siebentes Capitel</hi>.</fw><lb/> len angegriffen werde; wogegen auch er ihn in allen Fällen<lb/> die noch nicht in dem ſchmalkaldiſchen Bündniß begriffen ſeyen,<lb/> unterſtützen wolle. Erinnern wir uns, wie viel daran lag daß<lb/> der Landgraf die ſächſiſchen Intereſſen in der cleviſch-geldri-<lb/> ſchen Sache zu den ſeinen gemacht, dem Herzog von <placeName>Cleve</placeName> den<lb/> Schutz des ſchmalkaldiſchen Bundes bewilligt hätte. Aber<lb/> auch durch dieſe großartige Ausſicht ließ ſich der Ordnung<lb/> liebende, legale, geſetzte Churfürſt nicht bewegen, den Vorſchlag<lb/> anzunehmen. Er bat vielmehr ſeinen Bundesgenoſſen, von<lb/> einem Vorhaben abzuſtehn, welches ihre Kirche beſchimpfen<lb/> werde, ſey ihm das aber ſchlechterdings nicht möglich, die<lb/> Sache wenigſtens in das tiefſte Geheimniß zu begraben. Wo-<lb/> fern er dieß halte, habe er ja ohnehin nichts zu fürchten. <note place="foot" n="1"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118760343">Seckendorf</persName><hi rendition="#aq">p.</hi> 279.</note></p><lb/> <p>Hierauf vollzog der Landgraf, im März 1540, die neue<lb/> Ehe zu <placeName>Rothenburg</placeName> an der <placeName>Fulda</placeName>: wie er in dem Inſtru-<lb/> mente ſagt, deshalb insgeheim und in aller Stille, „weil<lb/> es ungewöhnlich ſey, obwohl nicht unchriſtlich noch uner-<lb/> laubt, zwei Frauen zu haben.“</p><lb/> <p>Allein wie bald ward ſein Geheimniß öffentlich bekannt.<lb/> Und zwar nicht allein weil Dinge dieſer Art überhaupt nicht<lb/> verſchwiegen bleiben — das Gerücht gieng dieß Mal eher irre<lb/> — ſondern zunächſt weil auch noch ein dritter Hof, der al-<lb/> bertiniſche Herzog <persName ref="http://d-nb.info/gnd/115821872">Heinrichs zu Dresden</persName>, ſich um die Sache<lb/> bekümmerte.</p><lb/> <p>Es ſchien als wolle man ſich dort der Landgräfin an-<lb/> nehmen, die eine Prinzeſſin dieſer Linie war. Als die Mut-<lb/> ter des Fräuleins nach <placeName>Sachſen</placeName> zurückkam, ward ſie von<lb/> ihrem Gute an den Hof geholt und gleichſam peinlich be-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [260/0272]
Siebentes Buch. Siebentes Capitel.
len angegriffen werde; wogegen auch er ihn in allen Fällen
die noch nicht in dem ſchmalkaldiſchen Bündniß begriffen ſeyen,
unterſtützen wolle. Erinnern wir uns, wie viel daran lag daß
der Landgraf die ſächſiſchen Intereſſen in der cleviſch-geldri-
ſchen Sache zu den ſeinen gemacht, dem Herzog von Cleve den
Schutz des ſchmalkaldiſchen Bundes bewilligt hätte. Aber
auch durch dieſe großartige Ausſicht ließ ſich der Ordnung
liebende, legale, geſetzte Churfürſt nicht bewegen, den Vorſchlag
anzunehmen. Er bat vielmehr ſeinen Bundesgenoſſen, von
einem Vorhaben abzuſtehn, welches ihre Kirche beſchimpfen
werde, ſey ihm das aber ſchlechterdings nicht möglich, die
Sache wenigſtens in das tiefſte Geheimniß zu begraben. Wo-
fern er dieß halte, habe er ja ohnehin nichts zu fürchten. 1
Hierauf vollzog der Landgraf, im März 1540, die neue
Ehe zu Rothenburg an der Fulda: wie er in dem Inſtru-
mente ſagt, deshalb insgeheim und in aller Stille, „weil
es ungewöhnlich ſey, obwohl nicht unchriſtlich noch uner-
laubt, zwei Frauen zu haben.“
Allein wie bald ward ſein Geheimniß öffentlich bekannt.
Und zwar nicht allein weil Dinge dieſer Art überhaupt nicht
verſchwiegen bleiben — das Gerücht gieng dieß Mal eher irre
— ſondern zunächſt weil auch noch ein dritter Hof, der al-
bertiniſche Herzog Heinrichs zu Dresden, ſich um die Sache
bekümmerte.
Es ſchien als wolle man ſich dort der Landgräfin an-
nehmen, die eine Prinzeſſin dieſer Linie war. Als die Mut-
ter des Fräuleins nach Sachſen zurückkam, ward ſie von
ihrem Gute an den Hof geholt und gleichſam peinlich be-
1 Seckendorf p. 279.
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