len angegriffen werde; wogegen auch er ihn in allen Fällen die noch nicht in dem schmalkaldischen Bündniß begriffen seyen, unterstützen wolle. Erinnern wir uns, wie viel daran lag daß der Landgraf die sächsischen Interessen in der clevisch-geldri- schen Sache zu den seinen gemacht, dem Herzog von Cleve den Schutz des schmalkaldischen Bundes bewilligt hätte. Aber auch durch diese großartige Aussicht ließ sich der Ordnung liebende, legale, gesetzte Churfürst nicht bewegen, den Vorschlag anzunehmen. Er bat vielmehr seinen Bundesgenossen, von einem Vorhaben abzustehn, welches ihre Kirche beschimpfen werde, sey ihm das aber schlechterdings nicht möglich, die Sache wenigstens in das tiefste Geheimniß zu begraben. Wo- fern er dieß halte, habe er ja ohnehin nichts zu fürchten. 1
Hierauf vollzog der Landgraf, im März 1540, die neue Ehe zu Rothenburg an der Fulda: wie er in dem Instru- mente sagt, deshalb insgeheim und in aller Stille, "weil es ungewöhnlich sey, obwohl nicht unchristlich noch uner- laubt, zwei Frauen zu haben."
Allein wie bald ward sein Geheimniß öffentlich bekannt. Und zwar nicht allein weil Dinge dieser Art überhaupt nicht verschwiegen bleiben -- das Gerücht gieng dieß Mal eher irre -- sondern zunächst weil auch noch ein dritter Hof, der al- bertinische Herzog Heinrichs zu Dresden, sich um die Sache bekümmerte.
Es schien als wolle man sich dort der Landgräfin an- nehmen, die eine Prinzessin dieser Linie war. Als die Mut- ter des Fräuleins nach Sachsen zurückkam, ward sie von ihrem Gute an den Hof geholt und gleichsam peinlich be-
len angegriffen werde; wogegen auch er ihn in allen Fällen die noch nicht in dem ſchmalkaldiſchen Bündniß begriffen ſeyen, unterſtützen wolle. Erinnern wir uns, wie viel daran lag daß der Landgraf die ſächſiſchen Intereſſen in der cleviſch-geldri- ſchen Sache zu den ſeinen gemacht, dem Herzog von Cleve den Schutz des ſchmalkaldiſchen Bundes bewilligt hätte. Aber auch durch dieſe großartige Ausſicht ließ ſich der Ordnung liebende, legale, geſetzte Churfürſt nicht bewegen, den Vorſchlag anzunehmen. Er bat vielmehr ſeinen Bundesgenoſſen, von einem Vorhaben abzuſtehn, welches ihre Kirche beſchimpfen werde, ſey ihm das aber ſchlechterdings nicht möglich, die Sache wenigſtens in das tiefſte Geheimniß zu begraben. Wo- fern er dieß halte, habe er ja ohnehin nichts zu fürchten. 1
Hierauf vollzog der Landgraf, im März 1540, die neue Ehe zu Rothenburg an der Fulda: wie er in dem Inſtru- mente ſagt, deshalb insgeheim und in aller Stille, „weil es ungewöhnlich ſey, obwohl nicht unchriſtlich noch uner- laubt, zwei Frauen zu haben.“
Allein wie bald ward ſein Geheimniß öffentlich bekannt. Und zwar nicht allein weil Dinge dieſer Art überhaupt nicht verſchwiegen bleiben — das Gerücht gieng dieß Mal eher irre — ſondern zunächſt weil auch noch ein dritter Hof, der al- bertiniſche Herzog Heinrichs zu Dresden, ſich um die Sache bekümmerte.
Es ſchien als wolle man ſich dort der Landgräfin an- nehmen, die eine Prinzeſſin dieſer Linie war. Als die Mut- ter des Fräuleins nach Sachſen zurückkam, ward ſie von ihrem Gute an den Hof geholt und gleichſam peinlich be-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0272"n="260"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Siebentes Buch. Siebentes Capitel</hi>.</fw><lb/>
len angegriffen werde; wogegen auch er ihn in allen Fällen<lb/>
die noch nicht in dem ſchmalkaldiſchen Bündniß begriffen ſeyen,<lb/>
unterſtützen wolle. Erinnern wir uns, wie viel daran lag daß<lb/>
der Landgraf die ſächſiſchen Intereſſen in der cleviſch-geldri-<lb/>ſchen Sache zu den ſeinen gemacht, dem Herzog von <placeName>Cleve</placeName> den<lb/>
Schutz des ſchmalkaldiſchen Bundes bewilligt hätte. Aber<lb/>
auch durch dieſe großartige Ausſicht ließ ſich der Ordnung<lb/>
liebende, legale, geſetzte Churfürſt nicht bewegen, den Vorſchlag<lb/>
anzunehmen. Er bat vielmehr ſeinen Bundesgenoſſen, von<lb/>
einem Vorhaben abzuſtehn, welches ihre Kirche beſchimpfen<lb/>
werde, ſey ihm das aber ſchlechterdings nicht möglich, die<lb/>
Sache wenigſtens in das tiefſte Geheimniß zu begraben. Wo-<lb/>
fern er dieß halte, habe er ja ohnehin nichts zu fürchten. <noteplace="foot"n="1"><persNameref="http://d-nb.info/gnd/118760343">Seckendorf</persName><hirendition="#aq">p.</hi> 279.</note></p><lb/><p>Hierauf vollzog der Landgraf, im März 1540, die neue<lb/>
Ehe zu <placeName>Rothenburg</placeName> an der <placeName>Fulda</placeName>: wie er in dem Inſtru-<lb/>
mente ſagt, deshalb insgeheim und in aller Stille, „weil<lb/>
es ungewöhnlich ſey, obwohl nicht unchriſtlich noch uner-<lb/>
laubt, zwei Frauen zu haben.“</p><lb/><p>Allein wie bald ward ſein Geheimniß öffentlich bekannt.<lb/>
Und zwar nicht allein weil Dinge dieſer Art überhaupt nicht<lb/>
verſchwiegen bleiben — das Gerücht gieng dieß Mal eher irre<lb/>—ſondern zunächſt weil auch noch ein dritter Hof, der al-<lb/>
bertiniſche Herzog <persNameref="http://d-nb.info/gnd/115821872">Heinrichs zu Dresden</persName>, ſich um die Sache<lb/>
bekümmerte.</p><lb/><p>Es ſchien als wolle man ſich dort der Landgräfin an-<lb/>
nehmen, die eine Prinzeſſin dieſer Linie war. Als die Mut-<lb/>
ter des Fräuleins nach <placeName>Sachſen</placeName> zurückkam, ward ſie von<lb/>
ihrem Gute an den Hof geholt und gleichſam peinlich be-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[260/0272]
Siebentes Buch. Siebentes Capitel.
len angegriffen werde; wogegen auch er ihn in allen Fällen
die noch nicht in dem ſchmalkaldiſchen Bündniß begriffen ſeyen,
unterſtützen wolle. Erinnern wir uns, wie viel daran lag daß
der Landgraf die ſächſiſchen Intereſſen in der cleviſch-geldri-
ſchen Sache zu den ſeinen gemacht, dem Herzog von Cleve den
Schutz des ſchmalkaldiſchen Bundes bewilligt hätte. Aber
auch durch dieſe großartige Ausſicht ließ ſich der Ordnung
liebende, legale, geſetzte Churfürſt nicht bewegen, den Vorſchlag
anzunehmen. Er bat vielmehr ſeinen Bundesgenoſſen, von
einem Vorhaben abzuſtehn, welches ihre Kirche beſchimpfen
werde, ſey ihm das aber ſchlechterdings nicht möglich, die
Sache wenigſtens in das tiefſte Geheimniß zu begraben. Wo-
fern er dieß halte, habe er ja ohnehin nichts zu fürchten. 1
Hierauf vollzog der Landgraf, im März 1540, die neue
Ehe zu Rothenburg an der Fulda: wie er in dem Inſtru-
mente ſagt, deshalb insgeheim und in aller Stille, „weil
es ungewöhnlich ſey, obwohl nicht unchriſtlich noch uner-
laubt, zwei Frauen zu haben.“
Allein wie bald ward ſein Geheimniß öffentlich bekannt.
Und zwar nicht allein weil Dinge dieſer Art überhaupt nicht
verſchwiegen bleiben — das Gerücht gieng dieß Mal eher irre
— ſondern zunächſt weil auch noch ein dritter Hof, der al-
bertiniſche Herzog Heinrichs zu Dresden, ſich um die Sache
bekümmerte.
Es ſchien als wolle man ſich dort der Landgräfin an-
nehmen, die eine Prinzeſſin dieſer Linie war. Als die Mut-
ter des Fräuleins nach Sachſen zurückkam, ward ſie von
ihrem Gute an den Hof geholt und gleichſam peinlich be-
1 Seckendorf p. 279.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/272>, abgerufen am 25.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.