Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.Siebentes Buch. Sechstes Capitel. ben, so daß ihr ganzer Ehrgeiz sich an die künftige Größedesselben knüpfte: Peter Petrowitzsch, Valentin Török und jener verschlagene Mönch, Bruder Georg, der so viel zur Gründung dieser Regierung beigetragen, sie großentheils ge- leitet, und sie jetzt nicht wollte untergehen lassen. Sie er- kannten mit der Mehrheit des Adels die Witwe des Kö- nigs, Isabella, und ihr Kind als ihre Fürsten an. Von Unterhandlungen, wie sie besonders von polnischen Das wahre und einzige Mittel Ungarn zu gewinnen, Wäre Deutschland mit seinen beiden Oberhäuptern wahr- Ferdinand selbst war kein Kriegsmann: sein Feldoberster Siebentes Buch. Sechstes Capitel. ben, ſo daß ihr ganzer Ehrgeiz ſich an die künftige Größedeſſelben knüpfte: Peter Petrowitzſch, Valentin Török und jener verſchlagene Mönch, Bruder Georg, der ſo viel zur Gründung dieſer Regierung beigetragen, ſie großentheils ge- leitet, und ſie jetzt nicht wollte untergehen laſſen. Sie er- kannten mit der Mehrheit des Adels die Witwe des Kö- nigs, Iſabella, und ihr Kind als ihre Fürſten an. Von Unterhandlungen, wie ſie beſonders von polniſchen Das wahre und einzige Mittel Ungarn zu gewinnen, Wäre Deutſchland mit ſeinen beiden Oberhäuptern wahr- Ferdinand ſelbſt war kein Kriegsmann: ſein Feldoberſter <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0244" n="232"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Siebentes Buch. Sechstes Capitel</hi>.</fw><lb/> ben, ſo daß ihr ganzer Ehrgeiz ſich an die künftige Größe<lb/> deſſelben knüpfte: <persName ref="nognd">Peter Petrowitzſch</persName>, <persName ref="http://d-nb.info/gnd/119337517">Valentin Török</persName> und<lb/> jener verſchlagene Mönch, Bruder <persName ref="nognd">Georg</persName>, der ſo viel zur<lb/> Gründung dieſer Regierung beigetragen, ſie großentheils ge-<lb/> leitet, und ſie jetzt nicht wollte untergehen laſſen. Sie er-<lb/> kannten mit der Mehrheit des Adels die Witwe des Kö-<lb/> nigs, <persName ref="http://d-nb.info/gnd/123257700">Iſabella</persName>, und ihr Kind als ihre Fürſten an.</p><lb/> <p>Von Unterhandlungen, wie ſie beſonders von polniſchen<lb/> Geſandten verſucht wurden, war da nicht viel zu erwarten.</p><lb/> <p>Das wahre und einzige Mittel <placeName>Ungarn</placeName> zu gewinnen,<lb/> hätte darin beſtanden, daß <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118532502">Ferdinand</persName> an der Spitze eines<lb/> mächtigen Heeres daſelbſt eingerückt wäre, die Gegner mit<lb/> Hülfe der Freunde erdrückt und ſich ſtark genug gezeigt hätte,<lb/> die Einen und die Andern vor den Türken zu beſchützen.<lb/> Unter der Bedingung dieſes Schutzes verſprach ihm Sieben-<lb/> bürgen Gehorſam: es regte ſich ſelbſt in der <placeName>Moldau</placeName> eine<lb/> Partei, die ihn dann als König anerkannt hätte.</p><lb/> <p>Wäre <placeName>Deutſchland</placeName> mit ſeinen beiden Oberhäuptern wahr-<lb/> haft einverſtanden geweſen, ſo würde ſich in dieſem Momente<lb/> der deutſche Einfluß in allen jenen Gebieten haben ſichern<lb/> laſſen. Eine andre Rückſicht hob <persName ref="http://d-nb.info/gnd/131620800">Franz Frangepan</persName> am<lb/> Reichstag zu <placeName>Regensburg</placeName> hervor, die Nothwendigkeit, <placeName>Deutſch-<lb/> land</placeName> in <placeName>Ungarn</placeName> zu vertheidigen. Allein weder die Größe je-<lb/> ner Ausſicht noch die Bedeutung dieſer Gefahr hinderten den<lb/> Fürſtenrath, in denſelben Tagen wo ſich <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118619993">Suleiman</persName> bereits<lb/> den ungariſchen Grenzen näherte, die verglichenen Artikel zu<lb/> verwerfen. Der Reichstag verſtand ſich überhaupt nur zu<lb/> ſehr mittelmäßigen Hülfleiſtungen.</p><lb/> <p><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118532502">Ferdinand</persName> ſelbſt war kein Kriegsmann: ſein Feldoberſter<lb/><persName ref="http://d-nb.info/gnd/128688181">Wilhelm von Rogendorf</persName>, alt, unentſchloſſen und voll Miß-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [232/0244]
Siebentes Buch. Sechstes Capitel.
ben, ſo daß ihr ganzer Ehrgeiz ſich an die künftige Größe
deſſelben knüpfte: Peter Petrowitzſch, Valentin Török und
jener verſchlagene Mönch, Bruder Georg, der ſo viel zur
Gründung dieſer Regierung beigetragen, ſie großentheils ge-
leitet, und ſie jetzt nicht wollte untergehen laſſen. Sie er-
kannten mit der Mehrheit des Adels die Witwe des Kö-
nigs, Iſabella, und ihr Kind als ihre Fürſten an.
Von Unterhandlungen, wie ſie beſonders von polniſchen
Geſandten verſucht wurden, war da nicht viel zu erwarten.
Das wahre und einzige Mittel Ungarn zu gewinnen,
hätte darin beſtanden, daß Ferdinand an der Spitze eines
mächtigen Heeres daſelbſt eingerückt wäre, die Gegner mit
Hülfe der Freunde erdrückt und ſich ſtark genug gezeigt hätte,
die Einen und die Andern vor den Türken zu beſchützen.
Unter der Bedingung dieſes Schutzes verſprach ihm Sieben-
bürgen Gehorſam: es regte ſich ſelbſt in der Moldau eine
Partei, die ihn dann als König anerkannt hätte.
Wäre Deutſchland mit ſeinen beiden Oberhäuptern wahr-
haft einverſtanden geweſen, ſo würde ſich in dieſem Momente
der deutſche Einfluß in allen jenen Gebieten haben ſichern
laſſen. Eine andre Rückſicht hob Franz Frangepan am
Reichstag zu Regensburg hervor, die Nothwendigkeit, Deutſch-
land in Ungarn zu vertheidigen. Allein weder die Größe je-
ner Ausſicht noch die Bedeutung dieſer Gefahr hinderten den
Fürſtenrath, in denſelben Tagen wo ſich Suleiman bereits
den ungariſchen Grenzen näherte, die verglichenen Artikel zu
verwerfen. Der Reichstag verſtand ſich überhaupt nur zu
ſehr mittelmäßigen Hülfleiſtungen.
Ferdinand ſelbſt war kein Kriegsmann: ſein Feldoberſter
Wilhelm von Rogendorf, alt, unentſchloſſen und voll Miß-
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