Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.Vertrag mit Brandenburg. ganz unumwunden seine "sondere Unterthänigkeit" zu. Da-gegen entschloß sich der Kaiser auch seinerseits zu derjenigen Concession, an welcher dem Churfürsten jetzt bei weitem das meiste lag. Er vergönnte ihm mit seiner Landschaft und sei- nen Unterthanen bei seiner Kirchenordnung zu bleiben, wie dieselbe jetzt im Brauche sey, bis zu einem künftigen Con- cilium oder bis die Reichsstände etwas besseres bedacht ha- ben würden. Hiedurch wurden die Absichten des Churfür- sten, deren wir oben gedacht, erst vollständig erfüllt. Die in Brandenburg geschehene Religionsveränderung wurde von Seiten des Kaisers gewissermaaßen legalisirt; statt das gute Vernehmen zu stören, diente sie vielmehr dazu es zu befe- stigen. Mit Freuden verpflichtete sich der Churfürst weder seine Kirchenordnung zu überschreiten noch auch in den schmal- kaldischen Bund zu treten. Man hat den Protestanten oftmals vorgeworfen daß Darum war nun aber auch nach so vielem Wechsel der 15*
Vertrag mit Brandenburg. ganz unumwunden ſeine „ſondere Unterthänigkeit“ zu. Da-gegen entſchloß ſich der Kaiſer auch ſeinerſeits zu derjenigen Conceſſion, an welcher dem Churfürſten jetzt bei weitem das meiſte lag. Er vergönnte ihm mit ſeiner Landſchaft und ſei- nen Unterthanen bei ſeiner Kirchenordnung zu bleiben, wie dieſelbe jetzt im Brauche ſey, bis zu einem künftigen Con- cilium oder bis die Reichsſtände etwas beſſeres bedacht ha- ben würden. Hiedurch wurden die Abſichten des Churfür- ſten, deren wir oben gedacht, erſt vollſtändig erfüllt. Die in Brandenburg geſchehene Religionsveränderung wurde von Seiten des Kaiſers gewiſſermaaßen legaliſirt; ſtatt das gute Vernehmen zu ſtören, diente ſie vielmehr dazu es zu befe- ſtigen. Mit Freuden verpflichtete ſich der Churfürſt weder ſeine Kirchenordnung zu überſchreiten noch auch in den ſchmal- kaldiſchen Bund zu treten. Man hat den Proteſtanten oftmals vorgeworfen daß Darum war nun aber auch nach ſo vielem Wechſel der 15*
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0239" n="227"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Vertrag mit <placeName>Brandenburg</placeName></hi>.</fw><lb/> ganz unumwunden ſeine „ſondere Unterthänigkeit“ zu. Da-<lb/> gegen entſchloß ſich der Kaiſer auch ſeinerſeits zu derjenigen<lb/> Conceſſion, an welcher dem Churfürſten jetzt bei weitem das<lb/> meiſte lag. Er vergönnte ihm mit ſeiner Landſchaft und ſei-<lb/> nen Unterthanen bei ſeiner Kirchenordnung zu bleiben, wie<lb/> dieſelbe jetzt im Brauche ſey, bis zu einem künftigen Con-<lb/> cilium oder bis die Reichsſtände etwas beſſeres bedacht ha-<lb/> ben würden. Hiedurch wurden die Abſichten des Churfür-<lb/> ſten, deren wir oben gedacht, erſt vollſtändig erfüllt. Die<lb/> in <placeName>Brandenburg</placeName> geſchehene Religionsveränderung wurde von<lb/> Seiten des Kaiſers gewiſſermaaßen legaliſirt; ſtatt das gute<lb/> Vernehmen zu ſtören, diente ſie vielmehr dazu es zu befe-<lb/> ſtigen. Mit Freuden verpflichtete ſich der Churfürſt weder<lb/> ſeine Kirchenordnung zu überſchreiten noch auch in den ſchmal-<lb/> kaldiſchen Bund zu treten.</p><lb/> <p>Man hat den Proteſtanten oftmals vorgeworfen daß<lb/> ſie die geiſtliche Reform um weltlicher Vortheile willen un-<lb/> ternommen. Hier wenigſtens, im Verhältniß zum Kaiſer,<lb/> zeigt ſich das gerade Gegentheil. Für alle Oppoſition im<lb/> Reiche, für die freie reichsfürſtliche Stellung überhaupt gab<lb/> es nie eine wichtigere Angelegenheit als die cleviſche. Sie<lb/> gaben ihre Theilnahme daran auf, um der geiſtlichen Con-<lb/> ceſſionen willen, die ihnen gemacht wurden.</p><lb/> <p>Darum war nun aber auch nach ſo vielem Wechſel der<lb/> Verſuche und Tendenzen das bleibende Reſultat von allen doch<lb/> eine weitere Befeſtigung der neuen Glaubensformen. In dem<lb/> Geſpräche hatten die Grundlehren, aus denen dieſelben her-<lb/> vorgegangen, ohne alle Frage die Oberhand behalten. Die<lb/> formelle Beſtätigung der brandenburgiſchen Kirchenordnung,<lb/> <fw place="bottom" type="sig">15*</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [227/0239]
Vertrag mit Brandenburg.
ganz unumwunden ſeine „ſondere Unterthänigkeit“ zu. Da-
gegen entſchloß ſich der Kaiſer auch ſeinerſeits zu derjenigen
Conceſſion, an welcher dem Churfürſten jetzt bei weitem das
meiſte lag. Er vergönnte ihm mit ſeiner Landſchaft und ſei-
nen Unterthanen bei ſeiner Kirchenordnung zu bleiben, wie
dieſelbe jetzt im Brauche ſey, bis zu einem künftigen Con-
cilium oder bis die Reichsſtände etwas beſſeres bedacht ha-
ben würden. Hiedurch wurden die Abſichten des Churfür-
ſten, deren wir oben gedacht, erſt vollſtändig erfüllt. Die
in Brandenburg geſchehene Religionsveränderung wurde von
Seiten des Kaiſers gewiſſermaaßen legaliſirt; ſtatt das gute
Vernehmen zu ſtören, diente ſie vielmehr dazu es zu befe-
ſtigen. Mit Freuden verpflichtete ſich der Churfürſt weder
ſeine Kirchenordnung zu überſchreiten noch auch in den ſchmal-
kaldiſchen Bund zu treten.
Man hat den Proteſtanten oftmals vorgeworfen daß
ſie die geiſtliche Reform um weltlicher Vortheile willen un-
ternommen. Hier wenigſtens, im Verhältniß zum Kaiſer,
zeigt ſich das gerade Gegentheil. Für alle Oppoſition im
Reiche, für die freie reichsfürſtliche Stellung überhaupt gab
es nie eine wichtigere Angelegenheit als die cleviſche. Sie
gaben ihre Theilnahme daran auf, um der geiſtlichen Con-
ceſſionen willen, die ihnen gemacht wurden.
Darum war nun aber auch nach ſo vielem Wechſel der
Verſuche und Tendenzen das bleibende Reſultat von allen doch
eine weitere Befeſtigung der neuen Glaubensformen. In dem
Geſpräche hatten die Grundlehren, aus denen dieſelben her-
vorgegangen, ohne alle Frage die Oberhand behalten. Die
formelle Beſtätigung der brandenburgiſchen Kirchenordnung,
15*
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |