hauptsächlich dem Legaten vorlegte. Sie ward von ihnen hie und da verändert, aber in der Hauptsache blieb sie die- selbe. Der Legat willigte ein, daß sie bei den Conferenzen zu Grunde gelegt würde.
Die weitere Absicht des Kaisers und des Legaten gieng vor allem dahin, Priesterehe und Laienkelch in Deutschland freizustellen. Contarini dachte später eine Consulta aus ver- schiedenen Nationen zu veranstalten, um von ihr gleichsam im Namen der allgemeinen Kirche unterstützt zu werden. 1
Dagegen erklärten sich einige protestantische Fürsten ge- neigt, den Primat des Papstes unter gewissen Bedingungen anzuerkennen. Der Papst sollte als der Aufseher, nicht als der Oberherr und Gebieter der Kirche angesehen werden, namentlich die Bischöfe nicht ferner durch fesselnde Eideslei- stungen verpflichten.
Im Reiche dachte man die Hierarchie zu behalten, aber den zur Verwaltung ihres Amtes untauglichen Bischöfen ge- lehrte Vicarien, dem weltlichen Fürsten alle Mal einen Ad- ministrator der Geistlichkeit zur Seite zu setzen.
Zu dem allen hoffte man sich durch eine Vereinbarung über die höchsten Fragen, von denen alles abhieng, und über die, wie die Verhandlungen in Bezug auf die butzerische Schrift zeigten, schon ein wesentliches Verständniß obwaltete, den Weg zu bahnen.
Neben Eck und Melanchthon, die beinahe herkömmlich als die Vorfechter beider Parteien betrachtet wurden, ernannte der Kaiser die gemäßigtsten Theologen die er kannte, Grop- per und Julius Pflug von der einen, Butzer und den hes-
hauptſächlich dem Legaten vorlegte. Sie ward von ihnen hie und da verändert, aber in der Hauptſache blieb ſie die- ſelbe. Der Legat willigte ein, daß ſie bei den Conferenzen zu Grunde gelegt würde.
Die weitere Abſicht des Kaiſers und des Legaten gieng vor allem dahin, Prieſterehe und Laienkelch in Deutſchland freizuſtellen. Contarini dachte ſpäter eine Conſulta aus ver- ſchiedenen Nationen zu veranſtalten, um von ihr gleichſam im Namen der allgemeinen Kirche unterſtützt zu werden. 1
Dagegen erklärten ſich einige proteſtantiſche Fürſten ge- neigt, den Primat des Papſtes unter gewiſſen Bedingungen anzuerkennen. Der Papſt ſollte als der Aufſeher, nicht als der Oberherr und Gebieter der Kirche angeſehen werden, namentlich die Biſchöfe nicht ferner durch feſſelnde Eideslei- ſtungen verpflichten.
Im Reiche dachte man die Hierarchie zu behalten, aber den zur Verwaltung ihres Amtes untauglichen Biſchöfen ge- lehrte Vicarien, dem weltlichen Fürſten alle Mal einen Ad- miniſtrator der Geiſtlichkeit zur Seite zu ſetzen.
Zu dem allen hoffte man ſich durch eine Vereinbarung über die höchſten Fragen, von denen alles abhieng, und über die, wie die Verhandlungen in Bezug auf die butzeriſche Schrift zeigten, ſchon ein weſentliches Verſtändniß obwaltete, den Weg zu bahnen.
Neben Eck und Melanchthon, die beinahe herkömmlich als die Vorfechter beider Parteien betrachtet wurden, ernannte der Kaiſer die gemäßigtſten Theologen die er kannte, Grop- per und Julius Pflug von der einen, Butzer und den heſ-
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Siebentes Buch. Fuͤnftes Capitel.
hauptſächlich dem Legaten vorlegte. Sie ward von ihnen
hie und da verändert, aber in der Hauptſache blieb ſie die-
ſelbe. Der Legat willigte ein, daß ſie bei den Conferenzen
zu Grunde gelegt würde.
Die weitere Abſicht des Kaiſers und des Legaten gieng
vor allem dahin, Prieſterehe und Laienkelch in Deutſchland
freizuſtellen. Contarini dachte ſpäter eine Conſulta aus ver-
ſchiedenen Nationen zu veranſtalten, um von ihr gleichſam
im Namen der allgemeinen Kirche unterſtützt zu werden. 1
Dagegen erklärten ſich einige proteſtantiſche Fürſten ge-
neigt, den Primat des Papſtes unter gewiſſen Bedingungen
anzuerkennen. Der Papſt ſollte als der Aufſeher, nicht als
der Oberherr und Gebieter der Kirche angeſehen werden,
namentlich die Biſchöfe nicht ferner durch feſſelnde Eideslei-
ſtungen verpflichten.
Im Reiche dachte man die Hierarchie zu behalten, aber
den zur Verwaltung ihres Amtes untauglichen Biſchöfen ge-
lehrte Vicarien, dem weltlichen Fürſten alle Mal einen Ad-
miniſtrator der Geiſtlichkeit zur Seite zu ſetzen.
Zu dem allen hoffte man ſich durch eine Vereinbarung
über die höchſten Fragen, von denen alles abhieng, und über
die, wie die Verhandlungen in Bezug auf die butzeriſche Schrift
zeigten, ſchon ein weſentliches Verſtändniß obwaltete, den Weg
zu bahnen.
Neben Eck und Melanchthon, die beinahe herkömmlich
als die Vorfechter beider Parteien betrachtet wurden, ernannte
der Kaiſer die gemäßigtſten Theologen die er kannte, Grop-
per und Julius Pflug von der einen, Butzer und den heſ-
1 Memoriale revmi Clis Contareni bei Quirini CCXXIV.
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/220>, abgerufen am 23.11.2024.
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