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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Siebentes Buch. Fünftes Capitel.
Gerson habe einst hundert Mängel der kirchlichen Verfas-
sung aufgezählt: von denen sey keiner gehoben, und viele
neue seyen hinzugekommen. Ein eifriger Gegner der Pro-
testanten, der Augustinerprior Johann Hofmeister, bemerkt
doch, daß man noch fortfahre die unwürdigsten Priester zu
weihen, daß die höhere Geistlichkeit sich noch immer den
kirchlichen Functionen entziehe, auf die Herstellung der geist-
lichen Güter einen ganz unverhältnißmäßigen Werth lege.
Er warnt bereits, an den Gegnern nicht etwa Lehren zu
verdammen, welche die alten Väter vorgetragen. 1 Ganz
allgemein erhob sich aus dem Innern der bei dem alten
Glauben verharrenden Länder, noch einmal im Sinne der
alten Zeit, der Wunsch einer Reformation der Kirche. Ich
finde ihn in Dedicationen fremdartiger Bücher, z. B. der
Kaiser-Biographien von Cuspinian, Carl dem V ans Herz
gelegt. Jacob Spiegel drückt dem Coadjutor zu Wien, Fried-
rich Nausea
, die Hofnung aus, ihn auf dem nächsten Reichs-
tag an das Werk der Kirchenreformation Hand anlegen zu
sehen; dann will auch er die schöne und geräumige Behau-
sung die er sich erbaut, verlassen, herbeieilen und an der Ar-
beit Theil nehmen. 2

Auch deshalb eröffnete es eine so weite Aussicht daß
sich der Kaiser bewogen fühlte, Hand an dieß Werk zu le-
gen. Merkwürdig, er hatte die Verabredungen von Frank-
furt
nicht formell bestätigt, aber er setzte sie in Vollziehung.
In Hagenau ward verabschiedet, daß von beiden Theilen

ipse in lingua germanica non erat adeo perfectus, et deinde suum
judicium indicaret.
1 Epp. ad Nauseam p. 302. 282.
2 Epp. ad Nauseam 15 Nov. 1540 p. 288.

Siebentes Buch. Fuͤnftes Capitel.
Gerſon habe einſt hundert Mängel der kirchlichen Verfaſ-
ſung aufgezählt: von denen ſey keiner gehoben, und viele
neue ſeyen hinzugekommen. Ein eifriger Gegner der Pro-
teſtanten, der Auguſtinerprior Johann Hofmeiſter, bemerkt
doch, daß man noch fortfahre die unwürdigſten Prieſter zu
weihen, daß die höhere Geiſtlichkeit ſich noch immer den
kirchlichen Functionen entziehe, auf die Herſtellung der geiſt-
lichen Güter einen ganz unverhältnißmäßigen Werth lege.
Er warnt bereits, an den Gegnern nicht etwa Lehren zu
verdammen, welche die alten Väter vorgetragen. 1 Ganz
allgemein erhob ſich aus dem Innern der bei dem alten
Glauben verharrenden Länder, noch einmal im Sinne der
alten Zeit, der Wunſch einer Reformation der Kirche. Ich
finde ihn in Dedicationen fremdartiger Bücher, z. B. der
Kaiſer-Biographien von Cuspinian, Carl dem V ans Herz
gelegt. Jacob Spiegel drückt dem Coadjutor zu Wien, Fried-
rich Nauſea
, die Hofnung aus, ihn auf dem nächſten Reichs-
tag an das Werk der Kirchenreformation Hand anlegen zu
ſehen; dann will auch er die ſchöne und geräumige Behau-
ſung die er ſich erbaut, verlaſſen, herbeieilen und an der Ar-
beit Theil nehmen. 2

Auch deshalb eröffnete es eine ſo weite Ausſicht daß
ſich der Kaiſer bewogen fühlte, Hand an dieß Werk zu le-
gen. Merkwürdig, er hatte die Verabredungen von Frank-
furt
nicht formell beſtätigt, aber er ſetzte ſie in Vollziehung.
In Hagenau ward verabſchiedet, daß von beiden Theilen

ipse in lingua germanica non erat adeo perfectus, et deinde suum
judicium indicaret.
1 Epp. ad Nauseam p. 302. 282.
2 Epp. ad Nauseam 15 Nov. 1540 p. 288.
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[194/0206] Siebentes Buch. Fuͤnftes Capitel. Gerſon habe einſt hundert Mängel der kirchlichen Verfaſ- ſung aufgezählt: von denen ſey keiner gehoben, und viele neue ſeyen hinzugekommen. Ein eifriger Gegner der Pro- teſtanten, der Auguſtinerprior Johann Hofmeiſter, bemerkt doch, daß man noch fortfahre die unwürdigſten Prieſter zu weihen, daß die höhere Geiſtlichkeit ſich noch immer den kirchlichen Functionen entziehe, auf die Herſtellung der geiſt- lichen Güter einen ganz unverhältnißmäßigen Werth lege. Er warnt bereits, an den Gegnern nicht etwa Lehren zu verdammen, welche die alten Väter vorgetragen. 1 Ganz allgemein erhob ſich aus dem Innern der bei dem alten Glauben verharrenden Länder, noch einmal im Sinne der alten Zeit, der Wunſch einer Reformation der Kirche. Ich finde ihn in Dedicationen fremdartiger Bücher, z. B. der Kaiſer-Biographien von Cuspinian, Carl dem V ans Herz gelegt. Jacob Spiegel drückt dem Coadjutor zu Wien, Fried- rich Nauſea, die Hofnung aus, ihn auf dem nächſten Reichs- tag an das Werk der Kirchenreformation Hand anlegen zu ſehen; dann will auch er die ſchöne und geräumige Behau- ſung die er ſich erbaut, verlaſſen, herbeieilen und an der Ar- beit Theil nehmen. 2 Auch deshalb eröffnete es eine ſo weite Ausſicht daß ſich der Kaiſer bewogen fühlte, Hand an dieß Werk zu le- gen. Merkwürdig, er hatte die Verabredungen von Frank- furt nicht formell beſtätigt, aber er ſetzte ſie in Vollziehung. In Hagenau ward verabſchiedet, daß von beiden Theilen 1 1 Epp. ad Nauseam p. 302. 282. 2 Epp. ad Nauseam 15 Nov. 1540 p. 288. 1 ipse in lingua germanica non erat adeo perfectus, et deinde suum judicium indicaret.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/206>, abgerufen am 24.11.2024.