einen unwiderstehlichen Reiz. Von sächsischen und hessischen Gesandten begleitet, gieng sie gegen Ende 1539 nach Eng- land. Die protestantisch gesinnten Mitglieder in dem gehei- men Rathe des Königs hatten die Ehe auch darum beför- dert, um ihren Herrn durch den Einfluß Annas um so mehr für ihre Meinungen zu gewinnen. In der That begann der König damit, seine letzten den protestantischen Dogmen ent- gegengesetzten Anordnungen zu entschuldigen, und eine Ver- einigung in der Lehre aufs neue in Vorschlag zu bringen. Zunächst jedoch trug er auf ein politisches Bündniß an.
Schon waren die Protestanten, denen König Heinrich nicht versäumte das Ungünstigste mitzutheilen was er vom kaiserlichen Hofe wider sie vernahm, in großer Aufregung. Auf die Nachricht daß der Kaiser bewaffnet sey, forderte der Landgraf, daß auch diesseit ein Heer ins Feld gestellt werde, ungefähr von 25000 M. Daß die evangelischen Stände auf einem Tage zu Arnstadt nicht hiemit übereinstimmten, hin- derte ihn nicht, dabei zu verharren. Obwohl der Herzog von Cleve sich in Hinsicht des Glaubens noch zweifelhaß zeigte, so waren Philipp und Johann Friedrich doch der Meinung, daß man ihm auf jeden Fall beistehen müsse. 1
Ließ sich doch alsdann auch noch auf eine andre Art von Unterstützung rechnen.
Schon längst hatte das Umsichgreifen der niederländi- schen Regierung, die sich vor Kurzem Utrechts bemächtigt, und dann mit Lüttich, jetzt auch mit Cölln Unterhandlungen pflog
einen unwiderſtehlichen Reiz. Von ſächſiſchen und heſſiſchen Geſandten begleitet, gieng ſie gegen Ende 1539 nach Eng- land. Die proteſtantiſch geſinnten Mitglieder in dem gehei- men Rathe des Königs hatten die Ehe auch darum beför- dert, um ihren Herrn durch den Einfluß Annas um ſo mehr für ihre Meinungen zu gewinnen. In der That begann der König damit, ſeine letzten den proteſtantiſchen Dogmen ent- gegengeſetzten Anordnungen zu entſchuldigen, und eine Ver- einigung in der Lehre aufs neue in Vorſchlag zu bringen. Zunächſt jedoch trug er auf ein politiſches Bündniß an.
Schon waren die Proteſtanten, denen König Heinrich nicht verſäumte das Ungünſtigſte mitzutheilen was er vom kaiſerlichen Hofe wider ſie vernahm, in großer Aufregung. Auf die Nachricht daß der Kaiſer bewaffnet ſey, forderte der Landgraf, daß auch dieſſeit ein Heer ins Feld geſtellt werde, ungefähr von 25000 M. Daß die evangeliſchen Stände auf einem Tage zu Arnſtadt nicht hiemit übereinſtimmten, hin- derte ihn nicht, dabei zu verharren. Obwohl der Herzog von Cleve ſich in Hinſicht des Glaubens noch zweifelhaß zeigte, ſo waren Philipp und Johann Friedrich doch der Meinung, daß man ihm auf jeden Fall beiſtehen müſſe. 1
Ließ ſich doch alsdann auch noch auf eine andre Art von Unterſtützung rechnen.
Schon längſt hatte das Umſichgreifen der niederländi- ſchen Regierung, die ſich vor Kurzem Utrechts bemächtigt, und dann mit Lüttich, jetzt auch mit Cölln Unterhandlungen pflog
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Siebentes Buch. Viertes Capitel.
einen unwiderſtehlichen Reiz. Von ſächſiſchen und heſſiſchen
Geſandten begleitet, gieng ſie gegen Ende 1539 nach Eng-
land. Die proteſtantiſch geſinnten Mitglieder in dem gehei-
men Rathe des Königs hatten die Ehe auch darum beför-
dert, um ihren Herrn durch den Einfluß Annas um ſo mehr
für ihre Meinungen zu gewinnen. In der That begann der
König damit, ſeine letzten den proteſtantiſchen Dogmen ent-
gegengeſetzten Anordnungen zu entſchuldigen, und eine Ver-
einigung in der Lehre aufs neue in Vorſchlag zu bringen.
Zunächſt jedoch trug er auf ein politiſches Bündniß an.
Schon waren die Proteſtanten, denen König Heinrich
nicht verſäumte das Ungünſtigſte mitzutheilen was er vom
kaiſerlichen Hofe wider ſie vernahm, in großer Aufregung.
Auf die Nachricht daß der Kaiſer bewaffnet ſey, forderte der
Landgraf, daß auch dieſſeit ein Heer ins Feld geſtellt werde,
ungefähr von 25000 M. Daß die evangeliſchen Stände
auf einem Tage zu Arnſtadt nicht hiemit übereinſtimmten, hin-
derte ihn nicht, dabei zu verharren. Obwohl der Herzog von
Cleve ſich in Hinſicht des Glaubens noch zweifelhaß zeigte,
ſo waren Philipp und Johann Friedrich doch der Meinung,
daß man ihm auf jeden Fall beiſtehen müſſe. 1
Ließ ſich doch alsdann auch noch auf eine andre Art
von Unterſtützung rechnen.
Schon längſt hatte das Umſichgreifen der niederländi-
ſchen Regierung, die ſich vor Kurzem Utrechts bemächtigt, und
dann mit Lüttich, jetzt auch mit Cölln Unterhandlungen pflog
1 Schreiben Philipps an Johann Friedrich, Homberg Neujahrs-
tag 1540. W. A. Johann Friedrichs an Philipp, Weimar Sonntag
nach Circumciſionis.
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/194>, abgerufen am 24.07.2024.
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