Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.Siebentes Buch. Viertes Capitel. hervorbrachten. "Möchte ich mich täuschen," ruft CardinalPoole aus, "aber nach meinem Dafürhalten ist es nicht der König von England, von welchem die Kirche die größten Nachtheile zu besorgen hat: noch mehr wie einst Cato fürchte ich die, die sich mit nüchternem Bedachte zur Zerstörung der Republik anschicken." 1 Vor kurzem hatte Paul III den schon lange vorbereiteten Kirchenbann gegen den König von England ausgesprochen und den Kaiser zur Vollstreckung die- ser seiner Sentenz aufgefordert: jetzt mußte er besorgen daß dieser Fürst vielleicht selbst auf ein Schisma denke. Natürlich versäumte er nichts, um den Kaiser zur ge- Siebentes Buch. Viertes Capitel. hervorbrachten. „Möchte ich mich täuſchen,“ ruft CardinalPoole aus, „aber nach meinem Dafürhalten iſt es nicht der König von England, von welchem die Kirche die größten Nachtheile zu beſorgen hat: noch mehr wie einſt Cato fürchte ich die, die ſich mit nüchternem Bedachte zur Zerſtörung der Republik anſchicken.“ 1 Vor kurzem hatte Paul III den ſchon lange vorbereiteten Kirchenbann gegen den König von England ausgeſprochen und den Kaiſer zur Vollſtreckung die- ſer ſeiner Sentenz aufgefordert: jetzt mußte er beſorgen daß dieſer Fürſt vielleicht ſelbſt auf ein Schisma denke. Natürlich verſäumte er nichts, um den Kaiſer zur ge- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0182" n="170"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Siebentes Buch. Viertes Capitel</hi>.</fw><lb/> hervorbrachten. „Möchte ich mich täuſchen,“ ruft Cardinal<lb/><persName ref="http://d-nb.info/gnd/11859544X">Poole</persName> aus, „aber nach meinem Dafürhalten iſt es nicht der<lb/> König von <placeName>England</placeName>, von welchem die Kirche die größten<lb/> Nachtheile zu beſorgen hat: noch mehr wie einſt <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118519700">Cato</persName> fürchte<lb/> ich die, die ſich mit nüchternem Bedachte zur Zerſtörung der<lb/> Republik anſchicken.“ <note place="foot" n="1"><hi rendition="#aq">Lettere del C<hi rendition="#sup">l</hi> <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118592068">Polo</persName> 8 Giugno</hi> 1539 bei <persName ref="http://d-nb.info/gnd/119366444">Quirini</persName> <hi rendition="#aq">II,</hi> 158.</note> Vor kurzem hatte <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118592068">Paul <hi rendition="#aq">III</hi></persName> den<lb/> ſchon lange vorbereiteten Kirchenbann gegen den König von<lb/><placeName>England</placeName> ausgeſprochen und den Kaiſer zur Vollſtreckung die-<lb/> ſer ſeiner Sentenz aufgefordert: jetzt mußte er beſorgen daß<lb/> dieſer Fürſt vielleicht ſelbſt auf ein Schisma denke.</p><lb/> <p>Natürlich verſäumte er nichts, um den Kaiſer zur ge-<lb/> wohnten Ergebenheit zurückzuführen. Der Nuntius <persName ref="http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=Giovanni+Ricci&role=&nation=&prev_page=1&subjectid=500231591">Ricci</persName>,<lb/> der eben wegen andrer Geſchäfte nach <placeName>Spanien</placeName> gieng, ward<lb/> zu energiſchen Proteſtationen ermächtigt: die Inſtruction die<lb/> er empfieng mag leicht eine der heftigſten ſeyn welche vom<lb/> römiſchen Hof in dieſer Angelegenheit ausgegangen. <note place="foot" n="2"><hi rendition="#aq"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/130236160">Rainaldus</persName> XXI,</hi> 102: jedoch unvollſtaͤndig; vollſtaͤndig in<lb/><persName ref="http://d-nb.info/gnd/119366444">Quirini</persName> <hi rendition="#aq">Lettere di C<hi rendition="#sup">l</hi> <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118592068">Polo <hi rendition="#aq">III</hi></persName>, CCIX;</hi> eine Uͤberſetzung in <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118735098">Muͤn-<lb/> ters</persName> Beitraͤgen zur Kirchengeſchichte, 108.</note> Der<lb/> Erzbiſchof von <persName ref="http://d-nb.info/gnd/120907321">Lunden</persName> wird darin wie ein lügneriſcher Ver-<lb/> räther behandelt: die Summe wird genannt, mit welcher er<lb/> von den Proteſtanten beſtochen worden ſey. Die Schweſter<lb/> des Kaiſers, Königin <persName ref="http://d-nb.info/gnd/119170531">Maria</persName>, wird unumwunden beſchuldigt<lb/> den Proteſtanten insgeheim beizuſtehn, ſie zu ermuntern. Der<lb/> Kaiſer wird auf das dringendſte ermahnt, die Frankfurter<lb/> Abkunft zu vernichten und dagegen den katholiſchen Bund<lb/> zu beſtätigen: wo nicht, ſo werde es ſcheinen als wenn<lb/> er, der erſtgeborne Sohn des apoſtoliſchen Stuhles, ſelbſt von<lb/> demſelben abweiche.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [170/0182]
Siebentes Buch. Viertes Capitel.
hervorbrachten. „Möchte ich mich täuſchen,“ ruft Cardinal
Poole aus, „aber nach meinem Dafürhalten iſt es nicht der
König von England, von welchem die Kirche die größten
Nachtheile zu beſorgen hat: noch mehr wie einſt Cato fürchte
ich die, die ſich mit nüchternem Bedachte zur Zerſtörung der
Republik anſchicken.“ 1 Vor kurzem hatte Paul III den
ſchon lange vorbereiteten Kirchenbann gegen den König von
England ausgeſprochen und den Kaiſer zur Vollſtreckung die-
ſer ſeiner Sentenz aufgefordert: jetzt mußte er beſorgen daß
dieſer Fürſt vielleicht ſelbſt auf ein Schisma denke.
Natürlich verſäumte er nichts, um den Kaiſer zur ge-
wohnten Ergebenheit zurückzuführen. Der Nuntius Ricci,
der eben wegen andrer Geſchäfte nach Spanien gieng, ward
zu energiſchen Proteſtationen ermächtigt: die Inſtruction die
er empfieng mag leicht eine der heftigſten ſeyn welche vom
römiſchen Hof in dieſer Angelegenheit ausgegangen. 2 Der
Erzbiſchof von Lunden wird darin wie ein lügneriſcher Ver-
räther behandelt: die Summe wird genannt, mit welcher er
von den Proteſtanten beſtochen worden ſey. Die Schweſter
des Kaiſers, Königin Maria, wird unumwunden beſchuldigt
den Proteſtanten insgeheim beizuſtehn, ſie zu ermuntern. Der
Kaiſer wird auf das dringendſte ermahnt, die Frankfurter
Abkunft zu vernichten und dagegen den katholiſchen Bund
zu beſtätigen: wo nicht, ſo werde es ſcheinen als wenn
er, der erſtgeborne Sohn des apoſtoliſchen Stuhles, ſelbſt von
demſelben abweiche.
1 Lettere del Cl Polo 8 Giugno 1539 bei Quirini II, 158.
2 Rainaldus XXI, 102: jedoch unvollſtaͤndig; vollſtaͤndig in
Quirini Lettere di Cl Polo III, CCIX; eine Uͤberſetzung in Muͤn-
ters Beitraͤgen zur Kirchengeſchichte, 108.
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