hervorbrachten. "Möchte ich mich täuschen," ruft Cardinal Poole aus, "aber nach meinem Dafürhalten ist es nicht der König von England, von welchem die Kirche die größten Nachtheile zu besorgen hat: noch mehr wie einst Cato fürchte ich die, die sich mit nüchternem Bedachte zur Zerstörung der Republik anschicken." 1 Vor kurzem hatte Paul III den schon lange vorbereiteten Kirchenbann gegen den König von England ausgesprochen und den Kaiser zur Vollstreckung die- ser seiner Sentenz aufgefordert: jetzt mußte er besorgen daß dieser Fürst vielleicht selbst auf ein Schisma denke.
Natürlich versäumte er nichts, um den Kaiser zur ge- wohnten Ergebenheit zurückzuführen. Der Nuntius Ricci, der eben wegen andrer Geschäfte nach Spanien gieng, ward zu energischen Protestationen ermächtigt: die Instruction die er empfieng mag leicht eine der heftigsten seyn welche vom römischen Hof in dieser Angelegenheit ausgegangen. 2 Der Erzbischof von Lunden wird darin wie ein lügnerischer Ver- räther behandelt: die Summe wird genannt, mit welcher er von den Protestanten bestochen worden sey. Die Schwester des Kaisers, Königin Maria, wird unumwunden beschuldigt den Protestanten insgeheim beizustehn, sie zu ermuntern. Der Kaiser wird auf das dringendste ermahnt, die Frankfurter Abkunft zu vernichten und dagegen den katholischen Bund zu bestätigen: wo nicht, so werde es scheinen als wenn er, der erstgeborne Sohn des apostolischen Stuhles, selbst von demselben abweiche.
1Lettere del ClPolo 8 Giugno 1539 bei QuiriniII, 158.
2Rainaldus XXI, 102: jedoch unvollständig; vollständig in QuiriniLettere di ClPolo III, CCIX; eine Übersetzung in Mün- ters Beiträgen zur Kirchengeschichte, 108.
Siebentes Buch. Viertes Capitel.
hervorbrachten. „Möchte ich mich täuſchen,“ ruft Cardinal Poole aus, „aber nach meinem Dafürhalten iſt es nicht der König von England, von welchem die Kirche die größten Nachtheile zu beſorgen hat: noch mehr wie einſt Cato fürchte ich die, die ſich mit nüchternem Bedachte zur Zerſtörung der Republik anſchicken.“ 1 Vor kurzem hatte Paul III den ſchon lange vorbereiteten Kirchenbann gegen den König von England ausgeſprochen und den Kaiſer zur Vollſtreckung die- ſer ſeiner Sentenz aufgefordert: jetzt mußte er beſorgen daß dieſer Fürſt vielleicht ſelbſt auf ein Schisma denke.
Natürlich verſäumte er nichts, um den Kaiſer zur ge- wohnten Ergebenheit zurückzuführen. Der Nuntius Ricci, der eben wegen andrer Geſchäfte nach Spanien gieng, ward zu energiſchen Proteſtationen ermächtigt: die Inſtruction die er empfieng mag leicht eine der heftigſten ſeyn welche vom römiſchen Hof in dieſer Angelegenheit ausgegangen. 2 Der Erzbiſchof von Lunden wird darin wie ein lügneriſcher Ver- räther behandelt: die Summe wird genannt, mit welcher er von den Proteſtanten beſtochen worden ſey. Die Schweſter des Kaiſers, Königin Maria, wird unumwunden beſchuldigt den Proteſtanten insgeheim beizuſtehn, ſie zu ermuntern. Der Kaiſer wird auf das dringendſte ermahnt, die Frankfurter Abkunft zu vernichten und dagegen den katholiſchen Bund zu beſtätigen: wo nicht, ſo werde es ſcheinen als wenn er, der erſtgeborne Sohn des apoſtoliſchen Stuhles, ſelbſt von demſelben abweiche.
1Lettere del ClPolo 8 Giugno 1539 bei QuiriniII, 158.
2Rainaldus XXI, 102: jedoch unvollſtaͤndig; vollſtaͤndig in QuiriniLettere di ClPolo III, CCIX; eine Uͤberſetzung in Muͤn- ters Beitraͤgen zur Kirchengeſchichte, 108.
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Siebentes Buch. Viertes Capitel.
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König von England, von welchem die Kirche die größten
Nachtheile zu beſorgen hat: noch mehr wie einſt Cato fürchte
ich die, die ſich mit nüchternem Bedachte zur Zerſtörung der
Republik anſchicken.“ 1 Vor kurzem hatte Paul III den
ſchon lange vorbereiteten Kirchenbann gegen den König von
England ausgeſprochen und den Kaiſer zur Vollſtreckung die-
ſer ſeiner Sentenz aufgefordert: jetzt mußte er beſorgen daß
dieſer Fürſt vielleicht ſelbſt auf ein Schisma denke.
Natürlich verſäumte er nichts, um den Kaiſer zur ge-
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der eben wegen andrer Geſchäfte nach Spanien gieng, ward
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römiſchen Hof in dieſer Angelegenheit ausgegangen. 2 Der
Erzbiſchof von Lunden wird darin wie ein lügneriſcher Ver-
räther behandelt: die Summe wird genannt, mit welcher er
von den Proteſtanten beſtochen worden ſey. Die Schweſter
des Kaiſers, Königin Maria, wird unumwunden beſchuldigt
den Proteſtanten insgeheim beizuſtehn, ſie zu ermuntern. Der
Kaiſer wird auf das dringendſte ermahnt, die Frankfurter
Abkunft zu vernichten und dagegen den katholiſchen Bund
zu beſtätigen: wo nicht, ſo werde es ſcheinen als wenn
er, der erſtgeborne Sohn des apoſtoliſchen Stuhles, ſelbſt von
demſelben abweiche.
1 Lettere del Cl Polo 8 Giugno 1539 bei Quirini II, 158.
2 Rainaldus XXI, 102: jedoch unvollſtaͤndig; vollſtaͤndig in
Quirini Lettere di Cl Polo III, CCIX; eine Uͤberſetzung in Muͤn-
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/182>, abgerufen am 24.07.2024.
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