Der König widerrief seine Verzichtleistung auf die Ober- herrlichkeit über Artois und Flandern feierlich, machte einen Angriff auf die Niederlande und nahm Hesdin ein. 1
Im Juli 1537 setzte eine osmanische Heeresabtheilung von Avlona nach Apulien über und eroberte Castro. Nea- politanische Ausgewanderte erschienen in ihrem Gefolge. Ob- wohl nicht daran zu denken war, daß die Eingebornen sich denselben angeschlossen hätten, -- die Grausamkeit der Os- manen machte jede Annäherung unmöglich, -- so mußte man doch geschehen lassen daß sie Beute hinwegtrieben und Tau- sende von Menschen in die Sklaverei abführten. 2
Im September 1537 machten die Franzosen auch im Piemontesischen wieder Fortschritte: ihre Armee bestand gro- ßentheils aus Deutschen, die sich zwar schwer in Zaum hal- ten ließen, aber übrigens die besten Dienste leisteten.
Mit dem allen war jedoch die Macht des Kaisers noch keineswegs erschüttert; diese Angriffe stießen noch auf hart- näckigen Widerstand. Im Neapolitanischen hatte der Vice- könig Toledo im Ganzen so gute Anstalten getroffen, daß die Osmanen nicht festen Fuß fassen konnten; von den Nie- derlanden her fielen die Kaiserlichen auch wieder ins fran- zösische Gebiet ein und trugen kleine Vortheile davon; in Oberitalien hielten sich die beiden Heere wenigstens das Gleichgewicht.
Hatte der Kaiser während dieser ganzen Zeit friedliche Erbietungen gemacht, so wurde durch diese Erfolge nun auch der König bestimmt, darauf einzugehn.
1 Auszug aus den Schreiben der Königin Maria z. B. v. 26 April. (Anhang.)
2Guazzop. 198. menarono di quei paesi piu di Xm anime.
Siebentes Buch. Zweites Capitel.
Der König widerrief ſeine Verzichtleiſtung auf die Ober- herrlichkeit über Artois und Flandern feierlich, machte einen Angriff auf die Niederlande und nahm Hesdin ein. 1
Im Juli 1537 ſetzte eine osmaniſche Heeresabtheilung von Avlona nach Apulien über und eroberte Caſtro. Nea- politaniſche Ausgewanderte erſchienen in ihrem Gefolge. Ob- wohl nicht daran zu denken war, daß die Eingebornen ſich denſelben angeſchloſſen hätten, — die Grauſamkeit der Os- manen machte jede Annäherung unmöglich, — ſo mußte man doch geſchehen laſſen daß ſie Beute hinwegtrieben und Tau- ſende von Menſchen in die Sklaverei abführten. 2
Im September 1537 machten die Franzoſen auch im Piemonteſiſchen wieder Fortſchritte: ihre Armee beſtand gro- ßentheils aus Deutſchen, die ſich zwar ſchwer in Zaum hal- ten ließen, aber übrigens die beſten Dienſte leiſteten.
Mit dem allen war jedoch die Macht des Kaiſers noch keineswegs erſchüttert; dieſe Angriffe ſtießen noch auf hart- näckigen Widerſtand. Im Neapolitaniſchen hatte der Vice- könig Toledo im Ganzen ſo gute Anſtalten getroffen, daß die Osmanen nicht feſten Fuß faſſen konnten; von den Nie- derlanden her fielen die Kaiſerlichen auch wieder ins fran- zöſiſche Gebiet ein und trugen kleine Vortheile davon; in Oberitalien hielten ſich die beiden Heere wenigſtens das Gleichgewicht.
Hatte der Kaiſer während dieſer ganzen Zeit friedliche Erbietungen gemacht, ſo wurde durch dieſe Erfolge nun auch der König beſtimmt, darauf einzugehn.
1 Auszug aus den Schreiben der Koͤnigin Maria z. B. v. 26 April. (Anhang.)
2Guazzop. 198. menarono di quei paesi più di Xm anime.
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Siebentes Buch. Zweites Capitel.
Der König widerrief ſeine Verzichtleiſtung auf die Ober-
herrlichkeit über Artois und Flandern feierlich, machte einen
Angriff auf die Niederlande und nahm Hesdin ein. 1
Im Juli 1537 ſetzte eine osmaniſche Heeresabtheilung
von Avlona nach Apulien über und eroberte Caſtro. Nea-
politaniſche Ausgewanderte erſchienen in ihrem Gefolge. Ob-
wohl nicht daran zu denken war, daß die Eingebornen ſich
denſelben angeſchloſſen hätten, — die Grauſamkeit der Os-
manen machte jede Annäherung unmöglich, — ſo mußte man
doch geſchehen laſſen daß ſie Beute hinwegtrieben und Tau-
ſende von Menſchen in die Sklaverei abführten. 2
Im September 1537 machten die Franzoſen auch im
Piemonteſiſchen wieder Fortſchritte: ihre Armee beſtand gro-
ßentheils aus Deutſchen, die ſich zwar ſchwer in Zaum hal-
ten ließen, aber übrigens die beſten Dienſte leiſteten.
Mit dem allen war jedoch die Macht des Kaiſers noch
keineswegs erſchüttert; dieſe Angriffe ſtießen noch auf hart-
näckigen Widerſtand. Im Neapolitaniſchen hatte der Vice-
könig Toledo im Ganzen ſo gute Anſtalten getroffen, daß
die Osmanen nicht feſten Fuß faſſen konnten; von den Nie-
derlanden her fielen die Kaiſerlichen auch wieder ins fran-
zöſiſche Gebiet ein und trugen kleine Vortheile davon; in
Oberitalien hielten ſich die beiden Heere wenigſtens das
Gleichgewicht.
Hatte der Kaiſer während dieſer ganzen Zeit friedliche
Erbietungen gemacht, ſo wurde durch dieſe Erfolge nun auch
der König beſtimmt, darauf einzugehn.
1 Auszug aus den Schreiben der Koͤnigin Maria z. B. v. 26
April. (Anhang.)
2 Guazzo p. 198. menarono di quei paesi più di Xm anime.
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/128>, abgerufen am 01.05.2024.
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