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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Ankündigung des Conciliums.
wegen der Malstatt konnte sie nicht irren. Es war an die
Bestätigung der jülichschen Erbverträge geknüpft, welche nie-
mals eingetroffen sind; ohne Mühe entschloß sich Johann
Friedrich
, die Verbindung seiner persönlichen und der allge-
meinen Angelegenheiten überhaupt fallen zu lassen. 1

Die Frage war nur, wie man sich bei der Verwerfung
zu verhalten habe.

Die Gelehrten riethen, das Ausschreiben des Papstes
nicht geradehin zurückzuweisen, da er sich darin doch nicht
förmlich als Richter bezeichne, jeder Verhandlung in der be-
fürchteten Weise aber durch die Forderung einer vorläufigen
Aufstellung von unparteiischen Richtern zu begegnen. So
viel als möglich wollten sie sich im gewohnten Wege der
Ordnung halten.

Auf der Versamm[lung], der verbündeten Stände in
Schmalkalden im Februar 1537 kam vor allem diese Frage
in Berathung: und einige Stimmen erklärten sich auch hier
im Sinne der Theologen. Aber die Meisten sahen doch
mehr die Thatsachen an als die Form: sie fanden daß dieß
Concilium eigentlich das Gegentheil von dem seyn würde
was sie gewünscht, durchaus in den Händen des römischen
Hofes, von welchem sie abgefallen, von dem sie schon so
gut als verurtheilt seyen. Sie erklärten sich für die einfache
Recusation, die am Ende allgemein beschlossen ward. 2 Die
Einladungsschreiben des Papstes verschmähten sie auch nur
anzunehmen. Es schien ihnen als würde schon durch die

1 "Seine gö[tt]l[i]che Allmächtigkeit würde es doch mit der Jü-
lichschen Sache nach seinem Willen wohl machen." Eben darum
wird des Wiener Vertrags, den man auf keiner Seite weiter ur-
girte, späterhin nur wenig Meldung gethan.
2 Schmalkaldischer Abschied Oculi 1537.

Ankuͤndigung des Conciliums.
wegen der Malſtatt konnte ſie nicht irren. Es war an die
Beſtätigung der jülichſchen Erbverträge geknüpft, welche nie-
mals eingetroffen ſind; ohne Mühe entſchloß ſich Johann
Friedrich
, die Verbindung ſeiner perſönlichen und der allge-
meinen Angelegenheiten überhaupt fallen zu laſſen. 1

Die Frage war nur, wie man ſich bei der Verwerfung
zu verhalten habe.

Die Gelehrten riethen, das Ausſchreiben des Papſtes
nicht geradehin zurückzuweiſen, da er ſich darin doch nicht
förmlich als Richter bezeichne, jeder Verhandlung in der be-
fürchteten Weiſe aber durch die Forderung einer vorläufigen
Aufſtellung von unparteiiſchen Richtern zu begegnen. So
viel als möglich wollten ſie ſich im gewohnten Wege der
Ordnung halten.

Auf der Verſamm[lung], der verbündeten Stände in
Schmalkalden im Februar 1537 kam vor allem dieſe Frage
in Berathung: und einige Stimmen erklärten ſich auch hier
im Sinne der Theologen. Aber die Meiſten ſahen doch
mehr die Thatſachen an als die Form: ſie fanden daß dieß
Concilium eigentlich das Gegentheil von dem ſeyn würde
was ſie gewünſcht, durchaus in den Händen des römiſchen
Hofes, von welchem ſie abgefallen, von dem ſie ſchon ſo
gut als verurtheilt ſeyen. Sie erklärten ſich für die einfache
Recuſation, die am Ende allgemein beſchloſſen ward. 2 Die
Einladungsſchreiben des Papſtes verſchmähten ſie auch nur
anzunehmen. Es ſchien ihnen als würde ſchon durch die

1 „Seine goͤ[tt]l[i]che Allmaͤchtigkeit wuͤrde es doch mit der Juͤ-
lichſchen Sache nach ſeinem Willen wohl machen.“ Eben darum
wird des Wiener Vertrags, den man auf keiner Seite weiter ur-
girte, ſpaͤterhin nur wenig Meldung gethan.
2 Schmalkaldiſcher Abſchied Oculi 1537.
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[95/0107] Ankuͤndigung des Conciliums. wegen der Malſtatt konnte ſie nicht irren. Es war an die Beſtätigung der jülichſchen Erbverträge geknüpft, welche nie- mals eingetroffen ſind; ohne Mühe entſchloß ſich Johann Friedrich, die Verbindung ſeiner perſönlichen und der allge- meinen Angelegenheiten überhaupt fallen zu laſſen. 1 Die Frage war nur, wie man ſich bei der Verwerfung zu verhalten habe. Die Gelehrten riethen, das Ausſchreiben des Papſtes nicht geradehin zurückzuweiſen, da er ſich darin doch nicht förmlich als Richter bezeichne, jeder Verhandlung in der be- fürchteten Weiſe aber durch die Forderung einer vorläufigen Aufſtellung von unparteiiſchen Richtern zu begegnen. So viel als möglich wollten ſie ſich im gewohnten Wege der Ordnung halten. Auf der Verſammlung, der verbündeten Stände in Schmalkalden im Februar 1537 kam vor allem dieſe Frage in Berathung: und einige Stimmen erklärten ſich auch hier im Sinne der Theologen. Aber die Meiſten ſahen doch mehr die Thatſachen an als die Form: ſie fanden daß dieß Concilium eigentlich das Gegentheil von dem ſeyn würde was ſie gewünſcht, durchaus in den Händen des römiſchen Hofes, von welchem ſie abgefallen, von dem ſie ſchon ſo gut als verurtheilt ſeyen. Sie erklärten ſich für die einfache Recuſation, die am Ende allgemein beſchloſſen ward. 2 Die Einladungsſchreiben des Papſtes verſchmähten ſie auch nur anzunehmen. Es ſchien ihnen als würde ſchon durch die 1 „Seine goͤttliche Allmaͤchtigkeit wuͤrde es doch mit der Juͤ- lichſchen Sache nach ſeinem Willen wohl machen.“ Eben darum wird des Wiener Vertrags, den man auf keiner Seite weiter ur- girte, ſpaͤterhin nur wenig Meldung gethan. 2 Schmalkaldiſcher Abſchied Oculi 1537.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/107>, abgerufen am 01.05.2024.