Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

Fünftes Buch. Zweites Capitel.
einigen Jahren ein Eigenthum des Bisthums Lebus gewor-
den waren. 1 Die Herzoge von Baiern sollen mit Ferdi-
nand im Bunde seyn, um ihm Ungarn zu verschaffen, was sie
ihm eben zu entreißen dachten. Auch der Kriegsplan ist
höchst wunderlich, und es liegt eine gewisse Wahrheit der
Ironie darin, wenn Pack später, um sich zu entschuldigen,
den ganzen Entwurf als "närrisch gestellt" bezeichnete. 2

Ferner aber, was für ein Mensch war doch dieser Pack!
Im Dresdner Archiv finden sich Acten über ihn, in denen
er höchst unzuverlässig, betrügerisch, ja eigentlich als ein
schlechtes Subject erscheint. Er benutzte seine Stellung am
Hofe, um Geld zu erpressen. Dem Rath von Tennstädt
z. B. borgte er unter sehr glänzenden Vorwänden, haupt-
sächlich dem, daß er seinen Fürsten bei der Auslösung von
Weißensee unterstützen müsse, ein paar hundert Gulden ab,
deren Wiedererstattung er dann von Termin zu Termin ver-
schob. In dem Verzeichniß seiner Gläubiger stehen noch
vier andre Landstädte, Pirna, Meißen, Oschatz und Chem-
nitz. 3 Aber noch viel mehr fällt ihm folgende Geschichte
zur Last. Als er einst in Geschäften seines Herrn nach
Nürnberg reiste -- mehr als einmal finden wir ihn als
Reichstagsgesandten -- gab ihm der Bischof von Merse-
burg seinen Anschlag für Regiment und Kammergericht mit,
einen Betrag von 1031/2 Gulden. Der Reichstag war zu Ende,
Pack schon lange zurückgekehrt, als der Bischof wegen eben

1 Wohlbrück Geschichte von Lebus. II, 414.
2 Abgedruckt in den Acten von Doctor Ottens v. Pack Abhörung
in Cassel in Hoffmanns Sammlung ungedruckter Nachrichten p. 98.
3 Missive so in Dr. Packs Hause, als er gefangen angenom-
men, gefunden worden im Dresdner Archiv nr. 7398.

Fuͤnftes Buch. Zweites Capitel.
einigen Jahren ein Eigenthum des Bisthums Lebus gewor-
den waren. 1 Die Herzoge von Baiern ſollen mit Ferdi-
nand im Bunde ſeyn, um ihm Ungarn zu verſchaffen, was ſie
ihm eben zu entreißen dachten. Auch der Kriegsplan iſt
höchſt wunderlich, und es liegt eine gewiſſe Wahrheit der
Ironie darin, wenn Pack ſpäter, um ſich zu entſchuldigen,
den ganzen Entwurf als „närriſch geſtellt“ bezeichnete. 2

Ferner aber, was für ein Menſch war doch dieſer Pack!
Im Dresdner Archiv finden ſich Acten über ihn, in denen
er höchſt unzuverläſſig, betrügeriſch, ja eigentlich als ein
ſchlechtes Subject erſcheint. Er benutzte ſeine Stellung am
Hofe, um Geld zu erpreſſen. Dem Rath von Tennſtädt
z. B. borgte er unter ſehr glänzenden Vorwänden, haupt-
ſächlich dem, daß er ſeinen Fürſten bei der Auslöſung von
Weißenſee unterſtützen müſſe, ein paar hundert Gulden ab,
deren Wiedererſtattung er dann von Termin zu Termin ver-
ſchob. In dem Verzeichniß ſeiner Gläubiger ſtehen noch
vier andre Landſtädte, Pirna, Meißen, Oſchatz und Chem-
nitz. 3 Aber noch viel mehr fällt ihm folgende Geſchichte
zur Laſt. Als er einſt in Geſchäften ſeines Herrn nach
Nürnberg reiſte — mehr als einmal finden wir ihn als
Reichstagsgeſandten — gab ihm der Biſchof von Merſe-
burg ſeinen Anſchlag für Regiment und Kammergericht mit,
einen Betrag von 103½ Gulden. Der Reichstag war zu Ende,
Pack ſchon lange zurückgekehrt, als der Biſchof wegen eben

1 Wohlbruͤck Geſchichte von Lebus. II, 414.
2 Abgedruckt in den Acten von Doctor Ottens v. Pack Abhoͤrung
in Caſſel in Hoffmanns Sammlung ungedruckter Nachrichten p. 98.
3 Miſſive ſo in Dr. Packs Hauſe, als er gefangen angenom-
men, gefunden worden im Dresdner Archiv nr. 7398.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0060" n="44"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Fu&#x0364;nftes Buch. Zweites Capitel</hi>.</fw><lb/>
einigen Jahren ein Eigenthum des Bisthums Lebus gewor-<lb/>
den waren. <note place="foot" n="1">Wohlbru&#x0364;ck Ge&#x017F;chichte von Lebus. <hi rendition="#aq">II,</hi> 414.</note> Die Herzoge von Baiern &#x017F;ollen mit Ferdi-<lb/>
nand im Bunde &#x017F;eyn, um ihm Ungarn zu ver&#x017F;chaffen, was &#x017F;ie<lb/>
ihm eben zu entreißen dachten. Auch der Kriegsplan i&#x017F;t<lb/>
höch&#x017F;t wunderlich, und es liegt eine gewi&#x017F;&#x017F;e Wahrheit der<lb/>
Ironie darin, wenn Pack &#x017F;päter, um &#x017F;ich zu ent&#x017F;chuldigen,<lb/>
den ganzen Entwurf als &#x201E;närri&#x017F;ch ge&#x017F;tellt&#x201C; bezeichnete. <note place="foot" n="2">Abgedruckt in den Acten von Doctor Ottens v. Pack Abho&#x0364;rung<lb/>
in Ca&#x017F;&#x017F;el in Hoffmanns Sammlung ungedruckter Nachrichten <hi rendition="#aq">p.</hi> 98.</note></p><lb/>
          <p>Ferner aber, was für ein Men&#x017F;ch war doch die&#x017F;er Pack!<lb/>
Im Dresdner Archiv finden &#x017F;ich Acten über ihn, in denen<lb/>
er höch&#x017F;t unzuverlä&#x017F;&#x017F;ig, betrügeri&#x017F;ch, ja eigentlich als ein<lb/>
&#x017F;chlechtes Subject er&#x017F;cheint. Er benutzte &#x017F;eine Stellung am<lb/>
Hofe, um Geld zu erpre&#x017F;&#x017F;en. Dem Rath von Tenn&#x017F;tädt<lb/>
z. B. borgte er unter &#x017F;ehr glänzenden Vorwänden, haupt-<lb/>
&#x017F;ächlich dem, daß er &#x017F;einen Für&#x017F;ten bei der Auslö&#x017F;ung von<lb/>
Weißen&#x017F;ee unter&#x017F;tützen mü&#x017F;&#x017F;e, ein paar hundert Gulden ab,<lb/>
deren Wiederer&#x017F;tattung er dann von Termin zu Termin ver-<lb/>
&#x017F;chob. In dem Verzeichniß &#x017F;einer Gläubiger &#x017F;tehen noch<lb/>
vier andre Land&#x017F;tädte, Pirna, Meißen, O&#x017F;chatz und Chem-<lb/>
nitz. <note place="foot" n="3">Mi&#x017F;&#x017F;ive &#x017F;o in Dr. Packs Hau&#x017F;e, als er gefangen angenom-<lb/>
men, gefunden worden im Dresdner Archiv <hi rendition="#aq">nr.</hi> 7398.</note> Aber noch viel mehr fällt ihm folgende Ge&#x017F;chichte<lb/>
zur La&#x017F;t. Als er ein&#x017F;t in Ge&#x017F;chäften &#x017F;eines Herrn nach<lb/>
Nürnberg rei&#x017F;te &#x2014; mehr als einmal finden wir ihn als<lb/>
Reichstagsge&#x017F;andten &#x2014; gab ihm der Bi&#x017F;chof von Mer&#x017F;e-<lb/>
burg &#x017F;einen An&#x017F;chlag für Regiment und Kammergericht mit,<lb/>
einen Betrag von 103½ Gulden. Der Reichstag war zu Ende,<lb/>
Pack &#x017F;chon lange zurückgekehrt, als der Bi&#x017F;chof wegen eben<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[44/0060] Fuͤnftes Buch. Zweites Capitel. einigen Jahren ein Eigenthum des Bisthums Lebus gewor- den waren. 1 Die Herzoge von Baiern ſollen mit Ferdi- nand im Bunde ſeyn, um ihm Ungarn zu verſchaffen, was ſie ihm eben zu entreißen dachten. Auch der Kriegsplan iſt höchſt wunderlich, und es liegt eine gewiſſe Wahrheit der Ironie darin, wenn Pack ſpäter, um ſich zu entſchuldigen, den ganzen Entwurf als „närriſch geſtellt“ bezeichnete. 2 Ferner aber, was für ein Menſch war doch dieſer Pack! Im Dresdner Archiv finden ſich Acten über ihn, in denen er höchſt unzuverläſſig, betrügeriſch, ja eigentlich als ein ſchlechtes Subject erſcheint. Er benutzte ſeine Stellung am Hofe, um Geld zu erpreſſen. Dem Rath von Tennſtädt z. B. borgte er unter ſehr glänzenden Vorwänden, haupt- ſächlich dem, daß er ſeinen Fürſten bei der Auslöſung von Weißenſee unterſtützen müſſe, ein paar hundert Gulden ab, deren Wiedererſtattung er dann von Termin zu Termin ver- ſchob. In dem Verzeichniß ſeiner Gläubiger ſtehen noch vier andre Landſtädte, Pirna, Meißen, Oſchatz und Chem- nitz. 3 Aber noch viel mehr fällt ihm folgende Geſchichte zur Laſt. Als er einſt in Geſchäften ſeines Herrn nach Nürnberg reiſte — mehr als einmal finden wir ihn als Reichstagsgeſandten — gab ihm der Biſchof von Merſe- burg ſeinen Anſchlag für Regiment und Kammergericht mit, einen Betrag von 103½ Gulden. Der Reichstag war zu Ende, Pack ſchon lange zurückgekehrt, als der Biſchof wegen eben 1 Wohlbruͤck Geſchichte von Lebus. II, 414. 2 Abgedruckt in den Acten von Doctor Ottens v. Pack Abhoͤrung in Caſſel in Hoffmanns Sammlung ungedruckter Nachrichten p. 98. 3 Miſſive ſo in Dr. Packs Hauſe, als er gefangen angenom- men, gefunden worden im Dresdner Archiv nr. 7398.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/60
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/60>, abgerufen am 06.05.2024.