Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

Sechstes Buch. Zehntes Capitel.
den dulden. Sie dachten darauf, ihm zunächst den jun-
gen Svante Sture entgegenzusetzen.

Im Mai 1534 erschien Graf Christoph in Lübeck.
Die Absicht der Lübecker war zunächst, sich der Güter des
Hochstiftes zu bemächtigen, die sie nach dem Tode des Bi-
schofs völlig einzuziehen gedachten. Christoph nahm ohne
viel Mühe Eutin ein. Daß er dann auch holsteinsche
Schlösser angriff, Trittow, welches er eroberte, und Se-
geberg, geschah wohl nur, um dem Herzog Christian zu
schaffen zu machen, und indeß, ungeirrt vor ihm, in Dä-
nemark zum Ziele zu gelangen. 1

Unbekümmert über die Kriegsmacht, welche Herzog
Christian sofort aufbrachte, und die Vortheile, die er er-
focht, ging Graf Christoph, begierig das größere Werk zu
vollenden, am 19. Juni 1534 mit 21 Orlogschiffen in Tra-
vemünde in See.

Und nie fand wohl ein einfallendes Heer ein Land
besser zu seinem Empfange vorbereitet. Der Bürgermei-
ster Mynter kam der Flotte mit der Nachricht entgegen,
daß er Malmöe in Aufruhr gesetzt, die Citadelle der Stadt,
die er hernach zerstörte, in seine Hand gebracht habe. Hier-
auf ging Christoph einige Meilen von Kopenhagen vor
Anker. So wie er sich zeigte, brach der Aufstand in See-
land aus, zu dem alles fertig, und der, wie jener deutsche,
zugleich gegen Geistlichkeit und Adel gerichtet war. In Ro-
schild plünderte die Menge den bischöflichen Hof, und über-
lieferte die Stadt. Allerwärts überfiel man die Schlösser

1 Wullenweber versichert, die Absicht sey nur auf Dänemark
gerichtet.

Sechstes Buch. Zehntes Capitel.
den dulden. Sie dachten darauf, ihm zunächſt den jun-
gen Svante Sture entgegenzuſetzen.

Im Mai 1534 erſchien Graf Chriſtoph in Lübeck.
Die Abſicht der Lübecker war zunächſt, ſich der Güter des
Hochſtiftes zu bemächtigen, die ſie nach dem Tode des Bi-
ſchofs völlig einzuziehen gedachten. Chriſtoph nahm ohne
viel Mühe Eutin ein. Daß er dann auch holſteinſche
Schlöſſer angriff, Trittow, welches er eroberte, und Se-
geberg, geſchah wohl nur, um dem Herzog Chriſtian zu
ſchaffen zu machen, und indeß, ungeirrt vor ihm, in Dä-
nemark zum Ziele zu gelangen. 1

Unbekümmert über die Kriegsmacht, welche Herzog
Chriſtian ſofort aufbrachte, und die Vortheile, die er er-
focht, ging Graf Chriſtoph, begierig das größere Werk zu
vollenden, am 19. Juni 1534 mit 21 Orlogſchiffen in Tra-
vemünde in See.

Und nie fand wohl ein einfallendes Heer ein Land
beſſer zu ſeinem Empfange vorbereitet. Der Bürgermei-
ſter Mynter kam der Flotte mit der Nachricht entgegen,
daß er Malmöe in Aufruhr geſetzt, die Citadelle der Stadt,
die er hernach zerſtörte, in ſeine Hand gebracht habe. Hier-
auf ging Chriſtoph einige Meilen von Kopenhagen vor
Anker. So wie er ſich zeigte, brach der Aufſtand in See-
land aus, zu dem alles fertig, und der, wie jener deutſche,
zugleich gegen Geiſtlichkeit und Adel gerichtet war. In Ro-
ſchild plünderte die Menge den biſchöflichen Hof, und über-
lieferte die Stadt. Allerwärts überfiel man die Schlöſſer

1 Wullenweber verſichert, die Abſicht ſey nur auf Daͤnemark
gerichtet.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0598" n="582"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Sechstes Buch. Zehntes Capitel</hi>.</fw><lb/>
den dulden. Sie dachten darauf, ihm zunäch&#x017F;t den jun-<lb/>
gen Svante Sture entgegenzu&#x017F;etzen.</p><lb/>
          <p>Im Mai 1534 er&#x017F;chien Graf Chri&#x017F;toph in Lübeck.<lb/>
Die Ab&#x017F;icht der Lübecker war zunäch&#x017F;t, &#x017F;ich der Güter des<lb/>
Hoch&#x017F;tiftes zu bemächtigen, die &#x017F;ie nach dem Tode des Bi-<lb/>
&#x017F;chofs völlig einzuziehen gedachten. Chri&#x017F;toph nahm ohne<lb/>
viel Mühe Eutin ein. Daß er dann auch hol&#x017F;tein&#x017F;che<lb/>
Schlö&#x017F;&#x017F;er angriff, Trittow, welches er eroberte, und Se-<lb/>
geberg, ge&#x017F;chah wohl nur, um dem Herzog Chri&#x017F;tian zu<lb/>
&#x017F;chaffen zu machen, und indeß, ungeirrt vor ihm, in Dä-<lb/>
nemark zum Ziele zu gelangen. <note place="foot" n="1">Wullenweber ver&#x017F;ichert, die Ab&#x017F;icht &#x017F;ey nur auf Da&#x0364;nemark<lb/>
gerichtet.</note></p><lb/>
          <p>Unbekümmert über die Kriegsmacht, welche Herzog<lb/>
Chri&#x017F;tian &#x017F;ofort aufbrachte, und die Vortheile, die er er-<lb/>
focht, ging Graf Chri&#x017F;toph, begierig das größere Werk zu<lb/>
vollenden, am 19. Juni 1534 mit 21 Orlog&#x017F;chiffen in Tra-<lb/>
vemünde in See.</p><lb/>
          <p>Und nie fand wohl ein einfallendes Heer ein Land<lb/>
be&#x017F;&#x017F;er zu &#x017F;einem Empfange vorbereitet. Der Bürgermei-<lb/>
&#x017F;ter Mynter kam der Flotte mit der Nachricht entgegen,<lb/>
daß er Malmöe in Aufruhr ge&#x017F;etzt, die Citadelle der Stadt,<lb/>
die er hernach zer&#x017F;törte, in &#x017F;eine Hand gebracht habe. Hier-<lb/>
auf ging Chri&#x017F;toph einige Meilen von Kopenhagen vor<lb/>
Anker. So wie er &#x017F;ich zeigte, brach der Auf&#x017F;tand in See-<lb/>
land aus, zu dem alles fertig, und der, wie jener deut&#x017F;che,<lb/>
zugleich gegen Gei&#x017F;tlichkeit und Adel gerichtet war. In Ro-<lb/>
&#x017F;child plünderte die Menge den bi&#x017F;chöflichen Hof, und über-<lb/>
lieferte die Stadt. Allerwärts überfiel man die Schlö&#x017F;&#x017F;er<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[582/0598] Sechstes Buch. Zehntes Capitel. den dulden. Sie dachten darauf, ihm zunächſt den jun- gen Svante Sture entgegenzuſetzen. Im Mai 1534 erſchien Graf Chriſtoph in Lübeck. Die Abſicht der Lübecker war zunächſt, ſich der Güter des Hochſtiftes zu bemächtigen, die ſie nach dem Tode des Bi- ſchofs völlig einzuziehen gedachten. Chriſtoph nahm ohne viel Mühe Eutin ein. Daß er dann auch holſteinſche Schlöſſer angriff, Trittow, welches er eroberte, und Se- geberg, geſchah wohl nur, um dem Herzog Chriſtian zu ſchaffen zu machen, und indeß, ungeirrt vor ihm, in Dä- nemark zum Ziele zu gelangen. 1 Unbekümmert über die Kriegsmacht, welche Herzog Chriſtian ſofort aufbrachte, und die Vortheile, die er er- focht, ging Graf Chriſtoph, begierig das größere Werk zu vollenden, am 19. Juni 1534 mit 21 Orlogſchiffen in Tra- vemünde in See. Und nie fand wohl ein einfallendes Heer ein Land beſſer zu ſeinem Empfange vorbereitet. Der Bürgermei- ſter Mynter kam der Flotte mit der Nachricht entgegen, daß er Malmöe in Aufruhr geſetzt, die Citadelle der Stadt, die er hernach zerſtörte, in ſeine Hand gebracht habe. Hier- auf ging Chriſtoph einige Meilen von Kopenhagen vor Anker. So wie er ſich zeigte, brach der Aufſtand in See- land aus, zu dem alles fertig, und der, wie jener deutſche, zugleich gegen Geiſtlichkeit und Adel gerichtet war. In Ro- ſchild plünderte die Menge den biſchöflichen Hof, und über- lieferte die Stadt. Allerwärts überfiel man die Schlöſſer 1 Wullenweber verſichert, die Abſicht ſey nur auf Daͤnemark gerichtet.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/598
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 582. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/598>, abgerufen am 18.05.2024.