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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Sechstes Buch. Neuntes Capitel.
theilt, auf dem Markt von Münster mit glühenden Zangen
gezwickt und so vom Leben zum Tode gebracht zu werden. 1

Protestanten und Katholiken sahen der Execution zu,
welche ihre vereinten Anstrengungen hervorgebracht. Aber
in welcher Stimmung waren sie schon wieder. Einer je-
ner hessischen Theologen beschreibt dem sächsischen Hofpre-
diger das Vergnügen, das die Hinrichtung den Meßprie-
stern gemacht. Einigen aber, fügt er hinzu, schien zur vol-
len Genugthuung nur das zu fehlen, daß die Lutheraner
nicht auch auf ähnliche Weise abgethan wurden. 2 Die
Lutheraner verbargen sich nicht, daß für ihre Lehre nun
hier zunächst keine Aussicht weiter sey.

Auf die Wiedertäufer hatte dieser Ausgang die Wir-
kung, daß die Prinzipien des Aufruhrs, wiewohl sie noch
immer Verfechter fanden, doch nach und nach verlassen wur-
den und die mildere Auffassung den Platz behielt. Es leuch-
tet wohl ein, daß ihnen das nicht sogleich viel helfen konnte:
sie wurden nichtsdestominder sehr strenge und blutig verfolgt.

Diesen spätern Zeiten gehören die Lieder an, die aus ih-
ren Gesangbüchern von Zeit zu Zeit bekannt geworden sind.
Darin lesen wir wohl, wie sie sich auf beiden Seiten im Kam-
pfe mit falschen Schlangen fühlen; der Drache hat sich aufge-
macht und durchreitet in seinem Neide Deutschland; aber sie

1 Des münsterischen Königreichs an und abgang, Bluthandel
und End; Samstag nach Sebastiani Anno 1536. Vorn sieht man
den Lambertithum, mit eisernen Körben, in denen die entseelten Lei-
ber aufgestellt wurden, der König etwas höher als die beiden an-
dern. Das Schriftchen ist nichts als eine Geschichte der Execution.
2 Corvinus ad Spalatinum l. 1. 318. Tanto Anabaptistis
iniquior sum, quanto certius comperi illorum malitia factum esse,
ut vix mutire nunc audeant, qui antea veritati erant addictissimi.

Sechstes Buch. Neuntes Capitel.
theilt, auf dem Markt von Münſter mit glühenden Zangen
gezwickt und ſo vom Leben zum Tode gebracht zu werden. 1

Proteſtanten und Katholiken ſahen der Execution zu,
welche ihre vereinten Anſtrengungen hervorgebracht. Aber
in welcher Stimmung waren ſie ſchon wieder. Einer je-
ner heſſiſchen Theologen beſchreibt dem ſächſiſchen Hofpre-
diger das Vergnügen, das die Hinrichtung den Meßprie-
ſtern gemacht. Einigen aber, fügt er hinzu, ſchien zur vol-
len Genugthuung nur das zu fehlen, daß die Lutheraner
nicht auch auf ähnliche Weiſe abgethan wurden. 2 Die
Lutheraner verbargen ſich nicht, daß für ihre Lehre nun
hier zunächſt keine Ausſicht weiter ſey.

Auf die Wiedertäufer hatte dieſer Ausgang die Wir-
kung, daß die Prinzipien des Aufruhrs, wiewohl ſie noch
immer Verfechter fanden, doch nach und nach verlaſſen wur-
den und die mildere Auffaſſung den Platz behielt. Es leuch-
tet wohl ein, daß ihnen das nicht ſogleich viel helfen konnte:
ſie wurden nichtsdeſtominder ſehr ſtrenge und blutig verfolgt.

Dieſen ſpätern Zeiten gehören die Lieder an, die aus ih-
ren Geſangbüchern von Zeit zu Zeit bekannt geworden ſind.
Darin leſen wir wohl, wie ſie ſich auf beiden Seiten im Kam-
pfe mit falſchen Schlangen fühlen; der Drache hat ſich aufge-
macht und durchreitet in ſeinem Neide Deutſchland; aber ſie

1 Des muͤnſteriſchen Koͤnigreichs an und abgang, Bluthandel
und End; Samſtag nach Sebaſtiani Anno 1536. Vorn ſieht man
den Lambertithum, mit eiſernen Koͤrben, in denen die entſeelten Lei-
ber aufgeſtellt wurden, der Koͤnig etwas hoͤher als die beiden an-
dern. Das Schriftchen iſt nichts als eine Geſchichte der Execution.
2 Corvinus ad Spalatinum l. 1. 318. Tanto Anabaptistis
iniquior sum, quanto certius comperi illorum malitia factum esse,
ut vix mutire nunc audeant, qui antea veritati erant addictissimi.
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[562/0578] Sechstes Buch. Neuntes Capitel. theilt, auf dem Markt von Münſter mit glühenden Zangen gezwickt und ſo vom Leben zum Tode gebracht zu werden. 1 Proteſtanten und Katholiken ſahen der Execution zu, welche ihre vereinten Anſtrengungen hervorgebracht. Aber in welcher Stimmung waren ſie ſchon wieder. Einer je- ner heſſiſchen Theologen beſchreibt dem ſächſiſchen Hofpre- diger das Vergnügen, das die Hinrichtung den Meßprie- ſtern gemacht. Einigen aber, fügt er hinzu, ſchien zur vol- len Genugthuung nur das zu fehlen, daß die Lutheraner nicht auch auf ähnliche Weiſe abgethan wurden. 2 Die Lutheraner verbargen ſich nicht, daß für ihre Lehre nun hier zunächſt keine Ausſicht weiter ſey. Auf die Wiedertäufer hatte dieſer Ausgang die Wir- kung, daß die Prinzipien des Aufruhrs, wiewohl ſie noch immer Verfechter fanden, doch nach und nach verlaſſen wur- den und die mildere Auffaſſung den Platz behielt. Es leuch- tet wohl ein, daß ihnen das nicht ſogleich viel helfen konnte: ſie wurden nichtsdeſtominder ſehr ſtrenge und blutig verfolgt. Dieſen ſpätern Zeiten gehören die Lieder an, die aus ih- ren Geſangbüchern von Zeit zu Zeit bekannt geworden ſind. Darin leſen wir wohl, wie ſie ſich auf beiden Seiten im Kam- pfe mit falſchen Schlangen fühlen; der Drache hat ſich aufge- macht und durchreitet in ſeinem Neide Deutſchland; aber ſie 1 Des muͤnſteriſchen Koͤnigreichs an und abgang, Bluthandel und End; Samſtag nach Sebaſtiani Anno 1536. Vorn ſieht man den Lambertithum, mit eiſernen Koͤrben, in denen die entſeelten Lei- ber aufgeſtellt wurden, der Koͤnig etwas hoͤher als die beiden an- dern. Das Schriftchen iſt nichts als eine Geſchichte der Execution. 2 Corvinus ad Spalatinum l. 1. 318. Tanto Anabaptistis iniquior sum, quanto certius comperi illorum malitia factum esse, ut vix mutire nunc audeant, qui antea veritati erant addictissimi.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 562. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/578>, abgerufen am 22.11.2024.