Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

Hülfe des Reiches.
nur darin, daß man nunmehr sicher wurde, die Blokade
bis zu einem entscheidenden Erfolg fortsetzen zu können.
Der zu Coblenz aufgestellte Feldoberst ward von Reichs-
wegen bestätigt; nur sollten ihm statt jener vier von jetzt
an sechs Räthe zur Seite stehn; nach der Eroberung der
Stadt sollte von Kaiser und Ständen über ihre Einrich-
tung verfügt werden.

Es wäre nun sehr überflüssig, die Thaten dieses klei-
nen Heeres ausführlich zu erörtern. Schon genug, wenn
wir bemerken, daß es demselben gelang, der Stadt alle
Zufuhr abzuschneiden und sie auszuhungern.

Die vornehmste Hoffnung der Eingeschlossenen war
noch, daß ihnen von da Hülfe und Entsatz kommen würde,
wo ihre Lehre am weitesten um sich gegriffen, und von
wo sie großentheils selbst herstammten. Eifrige Wiedertäu-
fer aus den Niederlanden hatten sich die Sache in Mün-
ster angesehn, waren dann zurückgegangen, und verkündigten
nun dort den nahen Auszug des Königs, den auch sie aner-
kannten, und den sie durch die Welt zu begleiten hätten.
Das Geschrei erneuerte sich, man müsse Pfaffen und Herren
todtschlagen; man fügte hinzu, die einzige rechte Obrigkeit in
der Welt sey der König von Münster. 1 Gegen Ostern 1535
waren sie alle in Bewegung. Die Westfriesischen nahmen
Oldenkloster unfern Sneek ein; die Gröninger machten sich
auf den Weg nach dem Kloster zu Warfum; die Holländer,

1 "Slan doot alle Monniken und Papen u. alle Overicheit,
de in der werlt sint, went allenne unse Konink is de rechte Overicheit."
Beninga Historie van Oostfriesland bei Matthäus: Analecta vet.
aevi IV, p.
680; wo sich auch überhaupt einige charakteristische Nach-
richten finden.

Huͤlfe des Reiches.
nur darin, daß man nunmehr ſicher wurde, die Blokade
bis zu einem entſcheidenden Erfolg fortſetzen zu können.
Der zu Coblenz aufgeſtellte Feldoberſt ward von Reichs-
wegen beſtätigt; nur ſollten ihm ſtatt jener vier von jetzt
an ſechs Räthe zur Seite ſtehn; nach der Eroberung der
Stadt ſollte von Kaiſer und Ständen über ihre Einrich-
tung verfügt werden.

Es wäre nun ſehr überflüſſig, die Thaten dieſes klei-
nen Heeres ausführlich zu erörtern. Schon genug, wenn
wir bemerken, daß es demſelben gelang, der Stadt alle
Zufuhr abzuſchneiden und ſie auszuhungern.

Die vornehmſte Hoffnung der Eingeſchloſſenen war
noch, daß ihnen von da Hülfe und Entſatz kommen würde,
wo ihre Lehre am weiteſten um ſich gegriffen, und von
wo ſie großentheils ſelbſt herſtammten. Eifrige Wiedertäu-
fer aus den Niederlanden hatten ſich die Sache in Mün-
ſter angeſehn, waren dann zurückgegangen, und verkündigten
nun dort den nahen Auszug des Königs, den auch ſie aner-
kannten, und den ſie durch die Welt zu begleiten hätten.
Das Geſchrei erneuerte ſich, man müſſe Pfaffen und Herren
todtſchlagen; man fügte hinzu, die einzige rechte Obrigkeit in
der Welt ſey der König von Münſter. 1 Gegen Oſtern 1535
waren ſie alle in Bewegung. Die Weſtfrieſiſchen nahmen
Oldenkloſter unfern Sneek ein; die Gröninger machten ſich
auf den Weg nach dem Kloſter zu Warfum; die Holländer,

1 „Slan doot alle Monniken und Papen u. alle Overicheit,
de in der werlt ſint, went allenne unſe Konink is de rechte Overicheit.“
Beninga Hiſtorie van Ooſtfriesland bei Matthaͤus: Analecta vet.
aevi IV, p.
680; wo ſich auch uͤberhaupt einige charakteriſtiſche Nach-
richten finden.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0569" n="553"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Hu&#x0364;lfe des Reiches</hi>.</fw><lb/>
nur darin, daß man nunmehr &#x017F;icher wurde, die Blokade<lb/>
bis zu einem ent&#x017F;cheidenden Erfolg fort&#x017F;etzen zu können.<lb/>
Der zu Coblenz aufge&#x017F;tellte Feldober&#x017F;t ward von Reichs-<lb/>
wegen be&#x017F;tätigt; nur &#x017F;ollten ihm &#x017F;tatt jener vier von jetzt<lb/>
an &#x017F;echs Räthe zur Seite &#x017F;tehn; nach der Eroberung der<lb/>
Stadt &#x017F;ollte von Kai&#x017F;er und Ständen über ihre Einrich-<lb/>
tung verfügt werden.</p><lb/>
            <p>Es wäre nun &#x017F;ehr überflü&#x017F;&#x017F;ig, die Thaten die&#x017F;es klei-<lb/>
nen Heeres ausführlich zu erörtern. Schon genug, wenn<lb/>
wir bemerken, daß es dem&#x017F;elben gelang, der Stadt alle<lb/>
Zufuhr abzu&#x017F;chneiden und &#x017F;ie auszuhungern.</p><lb/>
            <p>Die vornehm&#x017F;te Hoffnung der Einge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen war<lb/>
noch, daß ihnen von da Hülfe und Ent&#x017F;atz kommen würde,<lb/>
wo ihre Lehre am weite&#x017F;ten um &#x017F;ich gegriffen, und von<lb/>
wo &#x017F;ie großentheils &#x017F;elb&#x017F;t her&#x017F;tammten. Eifrige Wiedertäu-<lb/>
fer aus den Niederlanden hatten &#x017F;ich die Sache in Mün-<lb/>
&#x017F;ter ange&#x017F;ehn, waren dann zurückgegangen, und verkündigten<lb/>
nun dort den nahen Auszug des Königs, den auch &#x017F;ie aner-<lb/>
kannten, und den &#x017F;ie durch die Welt zu begleiten hätten.<lb/>
Das Ge&#x017F;chrei erneuerte &#x017F;ich, man mü&#x017F;&#x017F;e Pfaffen und Herren<lb/>
todt&#x017F;chlagen; man fügte hinzu, die einzige rechte Obrigkeit in<lb/>
der Welt &#x017F;ey der König von Mün&#x017F;ter. <note place="foot" n="1">&#x201E;Slan doot alle Monniken und Papen u. alle Overicheit,<lb/>
de in der werlt &#x017F;int, went allenne un&#x017F;e Konink is de rechte Overicheit.&#x201C;<lb/>
Beninga Hi&#x017F;torie van Oo&#x017F;tfriesland bei Mattha&#x0364;us: <hi rendition="#aq">Analecta vet.<lb/>
aevi IV, p.</hi> 680; wo &#x017F;ich auch u&#x0364;berhaupt einige charakteri&#x017F;ti&#x017F;che Nach-<lb/>
richten finden.</note> Gegen O&#x017F;tern 1535<lb/>
waren &#x017F;ie alle in Bewegung. Die We&#x017F;tfrie&#x017F;i&#x017F;chen nahmen<lb/>
Oldenklo&#x017F;ter unfern Sneek ein; die Gröninger machten &#x017F;ich<lb/>
auf den Weg nach dem Klo&#x017F;ter zu Warfum; die Holländer,<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[553/0569] Huͤlfe des Reiches. nur darin, daß man nunmehr ſicher wurde, die Blokade bis zu einem entſcheidenden Erfolg fortſetzen zu können. Der zu Coblenz aufgeſtellte Feldoberſt ward von Reichs- wegen beſtätigt; nur ſollten ihm ſtatt jener vier von jetzt an ſechs Räthe zur Seite ſtehn; nach der Eroberung der Stadt ſollte von Kaiſer und Ständen über ihre Einrich- tung verfügt werden. Es wäre nun ſehr überflüſſig, die Thaten dieſes klei- nen Heeres ausführlich zu erörtern. Schon genug, wenn wir bemerken, daß es demſelben gelang, der Stadt alle Zufuhr abzuſchneiden und ſie auszuhungern. Die vornehmſte Hoffnung der Eingeſchloſſenen war noch, daß ihnen von da Hülfe und Entſatz kommen würde, wo ihre Lehre am weiteſten um ſich gegriffen, und von wo ſie großentheils ſelbſt herſtammten. Eifrige Wiedertäu- fer aus den Niederlanden hatten ſich die Sache in Mün- ſter angeſehn, waren dann zurückgegangen, und verkündigten nun dort den nahen Auszug des Königs, den auch ſie aner- kannten, und den ſie durch die Welt zu begleiten hätten. Das Geſchrei erneuerte ſich, man müſſe Pfaffen und Herren todtſchlagen; man fügte hinzu, die einzige rechte Obrigkeit in der Welt ſey der König von Münſter. 1 Gegen Oſtern 1535 waren ſie alle in Bewegung. Die Weſtfrieſiſchen nahmen Oldenkloſter unfern Sneek ein; die Gröninger machten ſich auf den Weg nach dem Kloſter zu Warfum; die Holländer, 1 „Slan doot alle Monniken und Papen u. alle Overicheit, de in der werlt ſint, went allenne unſe Konink is de rechte Overicheit.“ Beninga Hiſtorie van Ooſtfriesland bei Matthaͤus: Analecta vet. aevi IV, p. 680; wo ſich auch uͤberhaupt einige charakteriſtiſche Nach- richten finden.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/569
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 553. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/569>, abgerufen am 22.11.2024.