er alles gefährden. Seine Räthe Rogendorf, Hofmann und der Bischof von Trient vereinigten sich zu dem Gutachten, daß er sich entschließen möge, auf Würtemberg Verzicht zu leisten.
Schon war um dieser und anderer Dinge willen eine Versammlung deutscher Fürsten in Annaberg eröffnet.
Um persönlich an den Unterhandlungen Theil nehmen zu können, begab sich König Ferdinand selbst in die Nähe, nach Kadan, einem kleinen Ort zwischen Saatz und Annaberg.
Dazu zwar verstand er sich nicht, Wirtemberg ganz und gar aufzugeben: denn auf das feierlichste bei versam- meltem Reichstag sey er damit belehnt worden, sein Bru- der habe selbst die Fahne angefaßt: er könne und wolle sich diese Gerechtigkeit nicht entreißen lassen. Allein er wil- ligte ein, daß Herzog Ulrich Wirtemberg als ein Afterlehn von Oestreich, jedoch mit Sitz und Stimme im Reich besitzen solle. 1 Damit war Landgraf Philipp, am Ende auch Herzog Ulrich zufrieden.
Dagegen erklärte sich nun auch der Churfürst von Sachsen bereit, Ferdinand als römischen König anzuerken- nen. Er gestand darum nicht zu, daß er Unrecht gethan habe, er forderte vielmehr einen Zusatzartikel zur goldnen Bulle mit solchen Bestimmungen für künftige Fälle, daß sein Verfahren im gegenwärtigen im Grunde gut gehei- ßen ward. 2 Allein dieser Vorbehalt hinderte ihn nicht,
1 Schreiben Jörgen von Carlowitz bei Sattler III, Urk. p. 104.
2 "Das künftiglich wann bei leben ains Röm. Kaisers oder Königs ain Röm. König soll erwelt, alle Churfürsten zuvor samen beschaiden werden davon zu reden, ob ursachen genugsam vorhanden und dem Reich furderlich sey, ainen Röm. König -- zu erwehlen nnd wann sie sich da verainigt, das alsdann und nicht eher der Chur-
30*
Friede von Kadan.
er alles gefährden. Seine Räthe Rogendorf, Hofmann und der Biſchof von Trient vereinigten ſich zu dem Gutachten, daß er ſich entſchließen möge, auf Würtemberg Verzicht zu leiſten.
Schon war um dieſer und anderer Dinge willen eine Verſammlung deutſcher Fürſten in Annaberg eröffnet.
Um perſönlich an den Unterhandlungen Theil nehmen zu können, begab ſich König Ferdinand ſelbſt in die Nähe, nach Kadan, einem kleinen Ort zwiſchen Saatz und Annaberg.
Dazu zwar verſtand er ſich nicht, Wirtemberg ganz und gar aufzugeben: denn auf das feierlichſte bei verſam- meltem Reichstag ſey er damit belehnt worden, ſein Bru- der habe ſelbſt die Fahne angefaßt: er könne und wolle ſich dieſe Gerechtigkeit nicht entreißen laſſen. Allein er wil- ligte ein, daß Herzog Ulrich Wirtemberg als ein Afterlehn von Oeſtreich, jedoch mit Sitz und Stimme im Reich beſitzen ſolle. 1 Damit war Landgraf Philipp, am Ende auch Herzog Ulrich zufrieden.
Dagegen erklärte ſich nun auch der Churfürſt von Sachſen bereit, Ferdinand als römiſchen König anzuerken- nen. Er geſtand darum nicht zu, daß er Unrecht gethan habe, er forderte vielmehr einen Zuſatzartikel zur goldnen Bulle mit ſolchen Beſtimmungen für künftige Fälle, daß ſein Verfahren im gegenwärtigen im Grunde gut gehei- ßen ward. 2 Allein dieſer Vorbehalt hinderte ihn nicht,
1 Schreiben Joͤrgen von Carlowitz bei Sattler III, Urk. p. 104.
2 „Das kuͤnftiglich wann bei leben ains Roͤm. Kaiſers oder Koͤnigs ain Roͤm. Koͤnig ſoll erwelt, alle Churfuͤrſten zuvor ſamen beſchaiden werden davon zu reden, ob urſachen genugſam vorhanden und dem Reich furderlich ſey, ainen Roͤm. Koͤnig — zu erwehlen nnd wann ſie ſich da verainigt, das alsdann und nicht eher der Chur-
30*
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0483"n="467"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Friede von Kadan</hi>.</fw><lb/>
er alles gefährden. Seine Räthe Rogendorf, Hofmann und<lb/>
der Biſchof von Trient vereinigten ſich zu dem Gutachten,<lb/>
daß er ſich entſchließen möge, auf Würtemberg Verzicht<lb/>
zu leiſten.</p><lb/><p>Schon war um dieſer und anderer Dinge willen eine<lb/>
Verſammlung deutſcher Fürſten in Annaberg eröffnet.</p><lb/><p>Um perſönlich an den Unterhandlungen Theil nehmen zu<lb/>
können, begab ſich König Ferdinand ſelbſt in die Nähe, nach<lb/>
Kadan, einem kleinen Ort zwiſchen Saatz und Annaberg.</p><lb/><p>Dazu zwar verſtand er ſich nicht, Wirtemberg ganz<lb/>
und gar aufzugeben: denn auf das feierlichſte bei verſam-<lb/>
meltem Reichstag ſey er damit belehnt worden, ſein Bru-<lb/>
der habe ſelbſt die Fahne angefaßt: er könne und wolle<lb/>ſich dieſe Gerechtigkeit nicht entreißen laſſen. Allein er wil-<lb/>
ligte ein, daß Herzog Ulrich Wirtemberg als ein Afterlehn<lb/>
von Oeſtreich, jedoch mit Sitz und Stimme im Reich<lb/>
beſitzen ſolle. <noteplace="foot"n="1">Schreiben Joͤrgen von Carlowitz bei Sattler <hirendition="#aq">III,</hi> Urk. <hirendition="#aq">p.</hi> 104.</note> Damit war Landgraf Philipp, am Ende<lb/>
auch Herzog Ulrich zufrieden.</p><lb/><p>Dagegen erklärte ſich nun auch der Churfürſt von<lb/>
Sachſen bereit, Ferdinand als römiſchen König anzuerken-<lb/>
nen. Er geſtand darum nicht zu, daß er Unrecht gethan<lb/>
habe, er forderte vielmehr einen Zuſatzartikel zur goldnen<lb/>
Bulle mit ſolchen Beſtimmungen für künftige Fälle, daß<lb/>ſein Verfahren im gegenwärtigen im Grunde gut gehei-<lb/>
ßen ward. <notexml:id="seg2pn_35_1"next="#seg2pn_35_2"place="foot"n="2">„Das kuͤnftiglich wann bei leben ains Roͤm. Kaiſers oder<lb/>
Koͤnigs ain Roͤm. Koͤnig ſoll erwelt, alle Churfuͤrſten zuvor ſamen<lb/>
beſchaiden werden davon zu reden, ob urſachen genugſam vorhanden<lb/>
und dem Reich furderlich ſey, ainen Roͤm. Koͤnig — zu erwehlen<lb/>
nnd wann ſie ſich da verainigt, das alsdann und nicht eher der Chur-</note> Allein dieſer Vorbehalt hinderte ihn nicht,<lb/><fwplace="bottom"type="sig">30*</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[467/0483]
Friede von Kadan.
er alles gefährden. Seine Räthe Rogendorf, Hofmann und
der Biſchof von Trient vereinigten ſich zu dem Gutachten,
daß er ſich entſchließen möge, auf Würtemberg Verzicht
zu leiſten.
Schon war um dieſer und anderer Dinge willen eine
Verſammlung deutſcher Fürſten in Annaberg eröffnet.
Um perſönlich an den Unterhandlungen Theil nehmen zu
können, begab ſich König Ferdinand ſelbſt in die Nähe, nach
Kadan, einem kleinen Ort zwiſchen Saatz und Annaberg.
Dazu zwar verſtand er ſich nicht, Wirtemberg ganz
und gar aufzugeben: denn auf das feierlichſte bei verſam-
meltem Reichstag ſey er damit belehnt worden, ſein Bru-
der habe ſelbſt die Fahne angefaßt: er könne und wolle
ſich dieſe Gerechtigkeit nicht entreißen laſſen. Allein er wil-
ligte ein, daß Herzog Ulrich Wirtemberg als ein Afterlehn
von Oeſtreich, jedoch mit Sitz und Stimme im Reich
beſitzen ſolle. 1 Damit war Landgraf Philipp, am Ende
auch Herzog Ulrich zufrieden.
Dagegen erklärte ſich nun auch der Churfürſt von
Sachſen bereit, Ferdinand als römiſchen König anzuerken-
nen. Er geſtand darum nicht zu, daß er Unrecht gethan
habe, er forderte vielmehr einen Zuſatzartikel zur goldnen
Bulle mit ſolchen Beſtimmungen für künftige Fälle, daß
ſein Verfahren im gegenwärtigen im Grunde gut gehei-
ßen ward. 2 Allein dieſer Vorbehalt hinderte ihn nicht,
1 Schreiben Joͤrgen von Carlowitz bei Sattler III, Urk. p. 104.
2 „Das kuͤnftiglich wann bei leben ains Roͤm. Kaiſers oder
Koͤnigs ain Roͤm. Koͤnig ſoll erwelt, alle Churfuͤrſten zuvor ſamen
beſchaiden werden davon zu reden, ob urſachen genugſam vorhanden
und dem Reich furderlich ſey, ainen Roͤm. Koͤnig — zu erwehlen
nnd wann ſie ſich da verainigt, das alsdann und nicht eher der Chur-
30*
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 467. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/483>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.