und die Einhaltung der Processe am Kammergericht, durch die sie sich bedrängt fühlten.
Allein auch schon dieß zeigte sich unendlich schwer zu erreichen.
Die Vermittler hatten aufs neue den Ausdruck ge- braucht, "Niemand solle den Andern des Seinen entsetzen;" kein Wunder, wenn die Protestanten widersprachen. Es war abermals nur von dem Frieden unter den Ständen die Rede; die Protestanten forderten, daß der Friede "zwi- schen J. Kais. Maj., auch allen Ständen der deutschen Na- tion" verkündigt würde.
Eine andere Weiterung machte die Bezeichnung des Conciliums. Die Protestanten hatten vorgeschlagen, ein Concilium, worin nach dem reinen Wort Gottes determi- nirt würde. Man fand eine solche Bezeichnung verfänglich und nicht katholisch. Indem man aber dafür schrieb, "ein gemeines freies Concilium, wie solches auf dem Reichstag von Nürnberg beschlossen worden ist," konnten die Prote- stanten sich leicht zufrieden geben, da sie immer auf jenen alten Beschlüssen verharrt waren.
Noch viel größer aber war die Schwierigkeit, die nun in Hinsicht der Processe entstand.
Der Gedanke, die Protestanten rechtlich anzugreifen, gehörte bei weitem mehr der Majorität an als dem Kai- ser. Das Gericht selbst war, wie wir wissen, ein ständi- sches Institut. Wir erinnern uns, wie viel Mühe es ge- kostet hatte, den Einfluß des kaiserlichen Hofes darauf zu beschränken. In dem zu Augsburg beschlossenen und schon in vollem Gange begriffenen Verfahren des Gerichtes ge-
Sechstes Buch. Sechstes Capitel.
und die Einhaltung der Proceſſe am Kammergericht, durch die ſie ſich bedrängt fühlten.
Allein auch ſchon dieß zeigte ſich unendlich ſchwer zu erreichen.
Die Vermittler hatten aufs neue den Ausdruck ge- braucht, „Niemand ſolle den Andern des Seinen entſetzen;“ kein Wunder, wenn die Proteſtanten widerſprachen. Es war abermals nur von dem Frieden unter den Ständen die Rede; die Proteſtanten forderten, daß der Friede „zwi- ſchen J. Kaiſ. Maj., auch allen Ständen der deutſchen Na- tion“ verkündigt würde.
Eine andere Weiterung machte die Bezeichnung des Conciliums. Die Proteſtanten hatten vorgeſchlagen, ein Concilium, worin nach dem reinen Wort Gottes determi- nirt würde. Man fand eine ſolche Bezeichnung verfänglich und nicht katholiſch. Indem man aber dafür ſchrieb, „ein gemeines freies Concilium, wie ſolches auf dem Reichstag von Nürnberg beſchloſſen worden iſt,“ konnten die Prote- ſtanten ſich leicht zufrieden geben, da ſie immer auf jenen alten Beſchlüſſen verharrt waren.
Noch viel größer aber war die Schwierigkeit, die nun in Hinſicht der Proceſſe entſtand.
Der Gedanke, die Proteſtanten rechtlich anzugreifen, gehörte bei weitem mehr der Majorität an als dem Kai- ſer. Das Gericht ſelbſt war, wie wir wiſſen, ein ſtändi- ſches Inſtitut. Wir erinnern uns, wie viel Mühe es ge- koſtet hatte, den Einfluß des kaiſerlichen Hofes darauf zu beſchränken. In dem zu Augsburg beſchloſſenen und ſchon in vollem Gange begriffenen Verfahren des Gerichtes ge-
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Sechstes Buch. Sechstes Capitel.
und die Einhaltung der Proceſſe am Kammergericht, durch
die ſie ſich bedrängt fühlten.
Allein auch ſchon dieß zeigte ſich unendlich ſchwer zu
erreichen.
Die Vermittler hatten aufs neue den Ausdruck ge-
braucht, „Niemand ſolle den Andern des Seinen entſetzen;“
kein Wunder, wenn die Proteſtanten widerſprachen. Es
war abermals nur von dem Frieden unter den Ständen
die Rede; die Proteſtanten forderten, daß der Friede „zwi-
ſchen J. Kaiſ. Maj., auch allen Ständen der deutſchen Na-
tion“ verkündigt würde.
Eine andere Weiterung machte die Bezeichnung des
Conciliums. Die Proteſtanten hatten vorgeſchlagen, ein
Concilium, worin nach dem reinen Wort Gottes determi-
nirt würde. Man fand eine ſolche Bezeichnung verfänglich
und nicht katholiſch. Indem man aber dafür ſchrieb, „ein
gemeines freies Concilium, wie ſolches auf dem Reichstag
von Nürnberg beſchloſſen worden iſt,“ konnten die Prote-
ſtanten ſich leicht zufrieden geben, da ſie immer auf jenen
alten Beſchlüſſen verharrt waren.
Noch viel größer aber war die Schwierigkeit, die nun
in Hinſicht der Proceſſe entſtand.
Der Gedanke, die Proteſtanten rechtlich anzugreifen,
gehörte bei weitem mehr der Majorität an als dem Kai-
ſer. Das Gericht ſelbſt war, wie wir wiſſen, ein ſtändi-
ſches Inſtitut. Wir erinnern uns, wie viel Mühe es ge-
koſtet hatte, den Einfluß des kaiſerlichen Hofes darauf zu
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 416. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/432>, abgerufen am 24.11.2024.
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