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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Erste Annäherung an die Protestanten.
kein Bedenken, seinem Bruder ein friedliche Abkunft mit
den Protestanten anzurathen, so fern solche ohne Verlet-
zung der wesentlichen Punkte des katholischen Glaubens
möglich sey. Man müsse ihren Eifer austoben lassen, der
sich nur um so mehr entzünde, je mehr man Wasser
dazu gieße. Auf einem Reichstag müsse man sie zu ge-
winnen suchen. Sie werden gerne Hülfe gegen die Tür-
ken leisten, sobald sie sich in dem gesichert sehn, was
"ihre eitlen Glaubensmeinungen" angeht. 1

Schon im Februar 1531 war, wie das in Deutsch-
land zu geschehen pflegte, sobald irgend eine Entzweiung
eine drohende Gestalt annahm, durch Pfalz und Mainz eine
Vermittelung bei dem Kaiser versucht worden; da aber die
Protestanten als eine Vorbedingung zu allen Verhand-
lungen wenigstens eine einstweilige Einstellung der kammer-
gerichtlichen Processe forderten, so war man nicht weiter
gekommen. Der Kaiser meinte es sey ihm schwer, etwas
aufzuthun, was von den Ständen des Reichs beschlossen
worden. 2

Nunmehr aber drang auch Ferdinand darauf. Am
27 April sandte er dem Kaiser ein Gutachten der Kriegs-
räthe über die Vertheidigung gegen die Türken. Um aber
indeß die Gefahr zu heben, welche aus den Verbindungen

1 Assentandose esto avria mas disposition y menos ym-
pedimento para resistir al Turco assi in los principes como en
las otras personas; a lo qual ajudaran de mejor gana, estando as-
securados dello que toca a sus vanas creencias. (Prima 27 Marzo.)
2 Instruction was wir beide Ludwig Graf zu Stolberg und
Wolf von Affenstein, Ritter, bei Ks. Mt. handeln sollen. Dienstag
nach Estomihi (23. Fbr.) -- Ferner: Summarische Aufzeichnung, was
wir beide bei Ks. Mt. gehandelt haben -- (Weim. A.)

Erſte Annaͤherung an die Proteſtanten.
kein Bedenken, ſeinem Bruder ein friedliche Abkunft mit
den Proteſtanten anzurathen, ſo fern ſolche ohne Verlet-
zung der weſentlichen Punkte des katholiſchen Glaubens
möglich ſey. Man müſſe ihren Eifer austoben laſſen, der
ſich nur um ſo mehr entzünde, je mehr man Waſſer
dazu gieße. Auf einem Reichstag müſſe man ſie zu ge-
winnen ſuchen. Sie werden gerne Hülfe gegen die Tür-
ken leiſten, ſobald ſie ſich in dem geſichert ſehn, was
„ihre eitlen Glaubensmeinungen“ angeht. 1

Schon im Februar 1531 war, wie das in Deutſch-
land zu geſchehen pflegte, ſobald irgend eine Entzweiung
eine drohende Geſtalt annahm, durch Pfalz und Mainz eine
Vermittelung bei dem Kaiſer verſucht worden; da aber die
Proteſtanten als eine Vorbedingung zu allen Verhand-
lungen wenigſtens eine einſtweilige Einſtellung der kammer-
gerichtlichen Proceſſe forderten, ſo war man nicht weiter
gekommen. Der Kaiſer meinte es ſey ihm ſchwer, etwas
aufzuthun, was von den Ständen des Reichs beſchloſſen
worden. 2

Nunmehr aber drang auch Ferdinand darauf. Am
27 April ſandte er dem Kaiſer ein Gutachten der Kriegs-
räthe über die Vertheidigung gegen die Türken. Um aber
indeß die Gefahr zu heben, welche aus den Verbindungen

1 Assentandose esto avria mas disposition y menos ym-
pedimento para resistir al Turco assi in los principes como en
las otras personas; a lo qual ajudaran de mejor gana, estando as-
securados dello que toca a sus vanas creencias. (Prima 27 Marzo.)
2 Inſtruction was wir beide Ludwig Graf zu Stolberg und
Wolf von Affenſtein, Ritter, bei Kſ. Mt. handeln ſollen. Dienſtag
nach Eſtomihi (23. Fbr.) — Ferner: Summariſche Aufzeichnung, was
wir beide bei Kſ. Mt. gehandelt haben — (Weim. A.)
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[405/0421] Erſte Annaͤherung an die Proteſtanten. kein Bedenken, ſeinem Bruder ein friedliche Abkunft mit den Proteſtanten anzurathen, ſo fern ſolche ohne Verlet- zung der weſentlichen Punkte des katholiſchen Glaubens möglich ſey. Man müſſe ihren Eifer austoben laſſen, der ſich nur um ſo mehr entzünde, je mehr man Waſſer dazu gieße. Auf einem Reichstag müſſe man ſie zu ge- winnen ſuchen. Sie werden gerne Hülfe gegen die Tür- ken leiſten, ſobald ſie ſich in dem geſichert ſehn, was „ihre eitlen Glaubensmeinungen“ angeht. 1 Schon im Februar 1531 war, wie das in Deutſch- land zu geſchehen pflegte, ſobald irgend eine Entzweiung eine drohende Geſtalt annahm, durch Pfalz und Mainz eine Vermittelung bei dem Kaiſer verſucht worden; da aber die Proteſtanten als eine Vorbedingung zu allen Verhand- lungen wenigſtens eine einſtweilige Einſtellung der kammer- gerichtlichen Proceſſe forderten, ſo war man nicht weiter gekommen. Der Kaiſer meinte es ſey ihm ſchwer, etwas aufzuthun, was von den Ständen des Reichs beſchloſſen worden. 2 Nunmehr aber drang auch Ferdinand darauf. Am 27 April ſandte er dem Kaiſer ein Gutachten der Kriegs- räthe über die Vertheidigung gegen die Türken. Um aber indeß die Gefahr zu heben, welche aus den Verbindungen 1 Assentandose esto avria mas disposition y menos ym- pedimento para resistir al Turco assi in los principes como en las otras personas; a lo qual ajudaran de mejor gana, estando as- securados dello que toca a sus vanas creencias. (Prima 27 Marzo.) 2 Inſtruction was wir beide Ludwig Graf zu Stolberg und Wolf von Affenſtein, Ritter, bei Kſ. Mt. handeln ſollen. Dienſtag nach Eſtomihi (23. Fbr.) — Ferner: Summariſche Aufzeichnung, was wir beide bei Kſ. Mt. gehandelt haben — (Weim. A.)

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 405. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/421>, abgerufen am 24.11.2024.