Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

Grundlegung des schmalkaldischen Bundes.
zu werden schien, so blieb doch jener sächsische Widerspruch
nicht ohne die größte Wirkung. Ohnehin war die öffentliche
Stimme gegen das Verfahren der Churfürsten. Vornehmlich
aber bekamen die alten Nebenbuhler, die Herzöge von Baiern,
die es gar nicht verhehlten, daß auch sie nach der Krone
getrachtet, denn Mitglieder ihres Stammes seyen schon Kai-
ser und Könige gewesen, als die Ahnherrn der Habsbur-
ger noch unter den Grafen gesessen, einen gesetzlich gegründe-
ten Anlaß, auch ihrerseits die Anerkennung abzulehnen. Es
kümmerte sie wenig, von welchem Motiv der Widerspruch
Sachsens ausging. Merkwürdig daß in diesem Punkt die
äußersten Katholiken mit den Führern der Protestanten verei-
nigt waren. Auf einer zweiten Versammlung, welche die Ver-
bündeten zu Schmalkalden kurz vor Ostern 1531 (29. März)
hielten, erklärten Grubenhagen, Hessen und Anhalt, noch
nachdrücklicher als früher, mit Sachsen bei der Verweigerung
der Obedienz gegen Ferdinand verharren zu wollen. Die
Städte waren nicht alle so entschlossen, jedoch enthielten
auch sie sich größtentheils, demselben den Titel eines rö-
mischen Königs zu geben.

Sehr bald klagte Ferdinand seinem Bruder, er führe
diesen Titel zwar nun, aber ohne Anerkennung zu finden;
er gelte für nichts mehr als ein anderer Reichsfürst. 1

Und auch übrigens nahm der Bund von Tag zu Tag
eine bedeutendere Haltung an.

Auf der zweiten Versammlung ward das Bündniß zur

pereur que le dit S. roi doit avoir consideration et regard tou-
chant le gouvernement de l'empire, pour lequel l'empereur luy
envoye ample pouvoir.
1 Yo no soy mas que un principe de los del ymperio por
agora, no siendo obedecido por rey de Romanos.
(B. A.)

Grundlegung des ſchmalkaldiſchen Bundes.
zu werden ſchien, ſo blieb doch jener ſächſiſche Widerſpruch
nicht ohne die größte Wirkung. Ohnehin war die öffentliche
Stimme gegen das Verfahren der Churfürſten. Vornehmlich
aber bekamen die alten Nebenbuhler, die Herzöge von Baiern,
die es gar nicht verhehlten, daß auch ſie nach der Krone
getrachtet, denn Mitglieder ihres Stammes ſeyen ſchon Kai-
ſer und Könige geweſen, als die Ahnherrn der Habsbur-
ger noch unter den Grafen geſeſſen, einen geſetzlich gegründe-
ten Anlaß, auch ihrerſeits die Anerkennung abzulehnen. Es
kümmerte ſie wenig, von welchem Motiv der Widerſpruch
Sachſens ausging. Merkwürdig daß in dieſem Punkt die
äußerſten Katholiken mit den Führern der Proteſtanten verei-
nigt waren. Auf einer zweiten Verſammlung, welche die Ver-
bündeten zu Schmalkalden kurz vor Oſtern 1531 (29. März)
hielten, erklärten Grubenhagen, Heſſen und Anhalt, noch
nachdrücklicher als früher, mit Sachſen bei der Verweigerung
der Obedienz gegen Ferdinand verharren zu wollen. Die
Städte waren nicht alle ſo entſchloſſen, jedoch enthielten
auch ſie ſich größtentheils, demſelben den Titel eines rö-
miſchen Königs zu geben.

Sehr bald klagte Ferdinand ſeinem Bruder, er führe
dieſen Titel zwar nun, aber ohne Anerkennung zu finden;
er gelte für nichts mehr als ein anderer Reichsfürſt. 1

Und auch übrigens nahm der Bund von Tag zu Tag
eine bedeutendere Haltung an.

Auf der zweiten Verſammlung ward das Bündniß zur

pereur que le dit S. roi doit avoir consideration et regard tou-
chant le gouvernement de l’empire, pour lequel l’empereur luy
envoye ample pouvoir.
1 Yo no soy mas que un principe de los del ymperio por
agora, no siendo obedecido por rey de Romanos.
(B. A.)
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0333" n="317"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Grundlegung des &#x017F;chmalkaldi&#x017F;chen Bundes</hi>.</fw><lb/>
zu werden &#x017F;chien, &#x017F;o blieb doch jener &#x017F;äch&#x017F;i&#x017F;che Wider&#x017F;pruch<lb/>
nicht ohne die größte Wirkung. Ohnehin war die öffentliche<lb/>
Stimme gegen das Verfahren der Churfür&#x017F;ten. Vornehmlich<lb/>
aber bekamen die alten Nebenbuhler, die Herzöge von Baiern,<lb/>
die es gar nicht verhehlten, daß auch &#x017F;ie nach der Krone<lb/>
getrachtet, denn Mitglieder ihres Stammes &#x017F;eyen &#x017F;chon Kai-<lb/>
&#x017F;er und Könige gewe&#x017F;en, als die Ahnherrn der Habsbur-<lb/>
ger noch unter den Grafen ge&#x017F;e&#x017F;&#x017F;en, einen ge&#x017F;etzlich gegründe-<lb/>
ten Anlaß, auch ihrer&#x017F;eits die Anerkennung abzulehnen. Es<lb/>
kümmerte &#x017F;ie wenig, von welchem Motiv der Wider&#x017F;pruch<lb/>
Sach&#x017F;ens ausging. Merkwürdig daß in die&#x017F;em Punkt die<lb/>
äußer&#x017F;ten Katholiken mit den Führern der Prote&#x017F;tanten verei-<lb/>
nigt waren. Auf einer zweiten Ver&#x017F;ammlung, welche die Ver-<lb/>
bündeten zu Schmalkalden kurz vor O&#x017F;tern 1531 (29. März)<lb/>
hielten, erklärten Grubenhagen, He&#x017F;&#x017F;en und Anhalt, noch<lb/>
nachdrücklicher als früher, mit Sach&#x017F;en bei der Verweigerung<lb/>
der Obedienz gegen Ferdinand verharren zu wollen. Die<lb/>
Städte waren nicht alle &#x017F;o ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, jedoch enthielten<lb/>
auch &#x017F;ie &#x017F;ich größtentheils, dem&#x017F;elben den Titel eines rö-<lb/>
mi&#x017F;chen Königs zu geben.</p><lb/>
          <p>Sehr bald klagte Ferdinand &#x017F;einem Bruder, er führe<lb/>
die&#x017F;en Titel zwar nun, aber ohne Anerkennung zu finden;<lb/>
er gelte für nichts mehr als ein anderer Reichsfür&#x017F;t. <note place="foot" n="1"><hi rendition="#aq">Yo no soy mas que un principe de los del ymperio por<lb/>
agora, no siendo obedecido por rey de Romanos.</hi> (B. A.)</note></p><lb/>
          <p>Und auch übrigens nahm der Bund von Tag zu Tag<lb/>
eine bedeutendere Haltung an.</p><lb/>
          <p>Auf der zweiten Ver&#x017F;ammlung ward das Bündniß zur<lb/><note xml:id="seg2pn_26_2" prev="#seg2pn_26_1" place="foot" n="3"><hi rendition="#aq">pereur que le dit S. roi doit avoir consideration et regard tou-<lb/>
chant le gouvernement de l&#x2019;empire, pour lequel l&#x2019;empereur luy<lb/>
envoye ample pouvoir.</hi></note><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[317/0333] Grundlegung des ſchmalkaldiſchen Bundes. zu werden ſchien, ſo blieb doch jener ſächſiſche Widerſpruch nicht ohne die größte Wirkung. Ohnehin war die öffentliche Stimme gegen das Verfahren der Churfürſten. Vornehmlich aber bekamen die alten Nebenbuhler, die Herzöge von Baiern, die es gar nicht verhehlten, daß auch ſie nach der Krone getrachtet, denn Mitglieder ihres Stammes ſeyen ſchon Kai- ſer und Könige geweſen, als die Ahnherrn der Habsbur- ger noch unter den Grafen geſeſſen, einen geſetzlich gegründe- ten Anlaß, auch ihrerſeits die Anerkennung abzulehnen. Es kümmerte ſie wenig, von welchem Motiv der Widerſpruch Sachſens ausging. Merkwürdig daß in dieſem Punkt die äußerſten Katholiken mit den Führern der Proteſtanten verei- nigt waren. Auf einer zweiten Verſammlung, welche die Ver- bündeten zu Schmalkalden kurz vor Oſtern 1531 (29. März) hielten, erklärten Grubenhagen, Heſſen und Anhalt, noch nachdrücklicher als früher, mit Sachſen bei der Verweigerung der Obedienz gegen Ferdinand verharren zu wollen. Die Städte waren nicht alle ſo entſchloſſen, jedoch enthielten auch ſie ſich größtentheils, demſelben den Titel eines rö- miſchen Königs zu geben. Sehr bald klagte Ferdinand ſeinem Bruder, er führe dieſen Titel zwar nun, aber ohne Anerkennung zu finden; er gelte für nichts mehr als ein anderer Reichsfürſt. 1 Und auch übrigens nahm der Bund von Tag zu Tag eine bedeutendere Haltung an. Auf der zweiten Verſammlung ward das Bündniß zur 3 1 Yo no soy mas que un principe de los del ymperio por agora, no siendo obedecido por rey de Romanos. (B. A.) 3 pereur que le dit S. roi doit avoir consideration et regard tou- chant le gouvernement de l’empire, pour lequel l’empereur luy envoye ample pouvoir.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/333
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/333>, abgerufen am 25.11.2024.