Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

Grundlegung des schmalkaldischen Bundes.
dann weiter, der Bund solle nicht wider den Kaiser noch
sonst Jemand gerichtet seyn, so wollte das nichts anders
sagen, als daß man Niemand angreifen, sondern sich nur
vertheidigen werde.

Dieses Bündniß nun nahmen Sachsen, Hessen, Lüne-
burg, Wolfgang von Anhalt, die beiden Grafen von Mans-
feld, die Städte Magdeburg und Bremen unverzüglich an.
Die übrigen Versammelten versprachen sich binnen einiger
Zeit darüber zu erklären. So schied man am 31. Decem-
ber 1530 von einander. 1

Neun Tage von der größten Bedeutung für die Welt.
Die geängstigte, verachtete Minorität, die aber einer reli-
giösen Idee, auf welcher die Fortentwickelung des mensch-
lichen Geistes beruhte, bei sich Raum gegeben, nahm eine
kraftvolle und sogar kriegerische Haltung an. Sie war ent-
schlossen, wie sie die Lehre bekannt und sich von derselben
nicht hatte treiben lassen, so nun auch den gesammten Zu-
stand, in den sie dadurch gekommen, vor allem rechtlich zu
vertheidigen, sollte es aber nothwendig werden, auch mit den
Waffen in der Hand. Zu dem Ersten waren alle verbün-
det, zu dem Zweiten, -- denn nicht bei allen waren die
Bedenklichkeiten über ihre rechtliche Befugniß dazu gehoben
-- wenigstens die Meisten; eben um den Ursprung der
Neuerung her bildete sich eine compacte zur Handhabung
derselben entschlossene Vereinigung, welche zu überwältigen
den Gegnern wahrhaft schwer werden sollte.

Schon zeigte sich in der Wahlsache, was dieser Wi-
derstand zu bedeuten habe.


1 Abschied auf gehaltenen Tag zu Schmalkalden. 1530 letzte
Dec. Weim. Arch.

Grundlegung des ſchmalkaldiſchen Bundes.
dann weiter, der Bund ſolle nicht wider den Kaiſer noch
ſonſt Jemand gerichtet ſeyn, ſo wollte das nichts anders
ſagen, als daß man Niemand angreifen, ſondern ſich nur
vertheidigen werde.

Dieſes Bündniß nun nahmen Sachſen, Heſſen, Lüne-
burg, Wolfgang von Anhalt, die beiden Grafen von Mans-
feld, die Städte Magdeburg und Bremen unverzüglich an.
Die übrigen Verſammelten verſprachen ſich binnen einiger
Zeit darüber zu erklären. So ſchied man am 31. Decem-
ber 1530 von einander. 1

Neun Tage von der größten Bedeutung für die Welt.
Die geängſtigte, verachtete Minorität, die aber einer reli-
giöſen Idee, auf welcher die Fortentwickelung des menſch-
lichen Geiſtes beruhte, bei ſich Raum gegeben, nahm eine
kraftvolle und ſogar kriegeriſche Haltung an. Sie war ent-
ſchloſſen, wie ſie die Lehre bekannt und ſich von derſelben
nicht hatte treiben laſſen, ſo nun auch den geſammten Zu-
ſtand, in den ſie dadurch gekommen, vor allem rechtlich zu
vertheidigen, ſollte es aber nothwendig werden, auch mit den
Waffen in der Hand. Zu dem Erſten waren alle verbün-
det, zu dem Zweiten, — denn nicht bei allen waren die
Bedenklichkeiten über ihre rechtliche Befugniß dazu gehoben
— wenigſtens die Meiſten; eben um den Urſprung der
Neuerung her bildete ſich eine compacte zur Handhabung
derſelben entſchloſſene Vereinigung, welche zu überwältigen
den Gegnern wahrhaft ſchwer werden ſollte.

Schon zeigte ſich in der Wahlſache, was dieſer Wi-
derſtand zu bedeuten habe.


1 Abſchied auf gehaltenen Tag zu Schmalkalden. 1530 letzte
Dec. Weim. Arch.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0331" n="315"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Grundlegung des &#x017F;chmalkaldi&#x017F;chen Bundes</hi>.</fw><lb/>
dann weiter, der Bund &#x017F;olle nicht wider den Kai&#x017F;er noch<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t Jemand gerichtet &#x017F;eyn, &#x017F;o wollte das nichts anders<lb/>
&#x017F;agen, als daß man Niemand angreifen, &#x017F;ondern &#x017F;ich nur<lb/>
vertheidigen werde.</p><lb/>
          <p>Die&#x017F;es Bündniß nun nahmen Sach&#x017F;en, He&#x017F;&#x017F;en, Lüne-<lb/>
burg, Wolfgang von Anhalt, die beiden Grafen von Mans-<lb/>
feld, die Städte Magdeburg und Bremen unverzüglich an.<lb/>
Die übrigen Ver&#x017F;ammelten ver&#x017F;prachen &#x017F;ich binnen einiger<lb/>
Zeit darüber zu erklären. So &#x017F;chied man am 31. Decem-<lb/>
ber 1530 von einander. <note place="foot" n="1">Ab&#x017F;chied auf gehaltenen Tag zu Schmalkalden. 1530 letzte<lb/>
Dec. Weim. Arch.</note></p><lb/>
          <p>Neun Tage von der größten Bedeutung für die Welt.<lb/>
Die geäng&#x017F;tigte, verachtete Minorität, die aber einer reli-<lb/>
giö&#x017F;en Idee, auf welcher die Fortentwickelung des men&#x017F;ch-<lb/>
lichen Gei&#x017F;tes beruhte, bei &#x017F;ich Raum gegeben, nahm eine<lb/>
kraftvolle und &#x017F;ogar kriegeri&#x017F;che Haltung an. Sie war ent-<lb/>
&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, wie &#x017F;ie die Lehre bekannt und &#x017F;ich von der&#x017F;elben<lb/>
nicht hatte treiben la&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;o nun auch den ge&#x017F;ammten Zu-<lb/>
&#x017F;tand, in den &#x017F;ie dadurch gekommen, vor allem rechtlich zu<lb/>
vertheidigen, &#x017F;ollte es aber nothwendig werden, auch mit den<lb/>
Waffen in der Hand. Zu dem Er&#x017F;ten waren alle verbün-<lb/>
det, zu dem Zweiten, &#x2014; denn nicht bei allen waren die<lb/>
Bedenklichkeiten über ihre rechtliche Befugniß dazu gehoben<lb/>
&#x2014; wenig&#x017F;tens die Mei&#x017F;ten; eben um den Ur&#x017F;prung der<lb/>
Neuerung her bildete &#x017F;ich eine compacte zur Handhabung<lb/>
der&#x017F;elben ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;ene Vereinigung, welche zu überwältigen<lb/>
den Gegnern wahrhaft &#x017F;chwer werden &#x017F;ollte.</p><lb/>
          <p>Schon zeigte &#x017F;ich in der Wahl&#x017F;ache, was die&#x017F;er Wi-<lb/>
der&#x017F;tand zu bedeuten habe.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[315/0331] Grundlegung des ſchmalkaldiſchen Bundes. dann weiter, der Bund ſolle nicht wider den Kaiſer noch ſonſt Jemand gerichtet ſeyn, ſo wollte das nichts anders ſagen, als daß man Niemand angreifen, ſondern ſich nur vertheidigen werde. Dieſes Bündniß nun nahmen Sachſen, Heſſen, Lüne- burg, Wolfgang von Anhalt, die beiden Grafen von Mans- feld, die Städte Magdeburg und Bremen unverzüglich an. Die übrigen Verſammelten verſprachen ſich binnen einiger Zeit darüber zu erklären. So ſchied man am 31. Decem- ber 1530 von einander. 1 Neun Tage von der größten Bedeutung für die Welt. Die geängſtigte, verachtete Minorität, die aber einer reli- giöſen Idee, auf welcher die Fortentwickelung des menſch- lichen Geiſtes beruhte, bei ſich Raum gegeben, nahm eine kraftvolle und ſogar kriegeriſche Haltung an. Sie war ent- ſchloſſen, wie ſie die Lehre bekannt und ſich von derſelben nicht hatte treiben laſſen, ſo nun auch den geſammten Zu- ſtand, in den ſie dadurch gekommen, vor allem rechtlich zu vertheidigen, ſollte es aber nothwendig werden, auch mit den Waffen in der Hand. Zu dem Erſten waren alle verbün- det, zu dem Zweiten, — denn nicht bei allen waren die Bedenklichkeiten über ihre rechtliche Befugniß dazu gehoben — wenigſtens die Meiſten; eben um den Urſprung der Neuerung her bildete ſich eine compacte zur Handhabung derſelben entſchloſſene Vereinigung, welche zu überwältigen den Gegnern wahrhaft ſchwer werden ſollte. Schon zeigte ſich in der Wahlſache, was dieſer Wi- derſtand zu bedeuten habe. 1 Abſchied auf gehaltenen Tag zu Schmalkalden. 1530 letzte Dec. Weim. Arch.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/331
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/331>, abgerufen am 17.05.2024.