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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Grundlegung des schmalkaldischen Bundes.
gische Confession unterzeichnet, oder sich seitdem hinzuge-
sellt hatten.

Auch darin kamen sie überein, daß man den Kaiser
um Milderung des Abschieds ersuchen, vielleicht dagegen
protestiren müsse.

Wäre nur unverzüglich ans Werk gegangen worden,
so würde wahrscheinlich auch in den neuen Kirchen eine
gleichförmig äußere Einrichtung zu Stande gekommen seyn.
Die Meisten waren dafür, daß eine allgemeine Kirchenord-
nung eingeführt würde, hauptsächlich um eine kirchliche Züch-
tigung der öffentlichen Laster möglich zu machen.

Dagegen konnte man sich über den zweiten Hauptge-
genstand der Berathung, die Wahl des Königs nicht so
ganz einverstehen.

Sachsen trug vor, daß man dem Kaiser nicht so weit
Raum lassen dürfe, um eine Sache dieser Art einseitig durch-
zusetzen; sonst würde es bald um die Reichsfreiheiten ge-
than seyn. Anders verhalte es sich mit einer Wahl nach
förmlicher Vacanz; anders wenn einem noch lebenden Kai-
ser ein römischer König zur Seite gesetzt werden solle. In
dem letzten Falle müsse dem Ausschreiben eines Wahltags
Berathung sämmtlicher Churfürsten, einstimmiger Beschluß
derselben vorhergehn. Daran sey aber jetzt nicht gedacht
worden. Selbst die Citation, die an den Churfürsten gelangt,
bestimme ihm viel zu kurze Zeit, und sey so nichtig wie
das ganze Verfahren. Am wenigsten endlich dürfe man Fer-
dinand sich aufdringen lassen, der sich als ein Feind des
Evangeliums zeige; schon als Statthalter habe er aben-
teuerliche Ränke angesponnen; als König werde er das
Spiel selbst in die Hand nehmen: Ferdinand, so ohne Be-

Grundlegung des ſchmalkaldiſchen Bundes.
giſche Confeſſion unterzeichnet, oder ſich ſeitdem hinzuge-
ſellt hatten.

Auch darin kamen ſie überein, daß man den Kaiſer
um Milderung des Abſchieds erſuchen, vielleicht dagegen
proteſtiren müſſe.

Wäre nur unverzüglich ans Werk gegangen worden,
ſo würde wahrſcheinlich auch in den neuen Kirchen eine
gleichförmig äußere Einrichtung zu Stande gekommen ſeyn.
Die Meiſten waren dafür, daß eine allgemeine Kirchenord-
nung eingeführt würde, hauptſächlich um eine kirchliche Züch-
tigung der öffentlichen Laſter möglich zu machen.

Dagegen konnte man ſich über den zweiten Hauptge-
genſtand der Berathung, die Wahl des Königs nicht ſo
ganz einverſtehen.

Sachſen trug vor, daß man dem Kaiſer nicht ſo weit
Raum laſſen dürfe, um eine Sache dieſer Art einſeitig durch-
zuſetzen; ſonſt würde es bald um die Reichsfreiheiten ge-
than ſeyn. Anders verhalte es ſich mit einer Wahl nach
förmlicher Vacanz; anders wenn einem noch lebenden Kai-
ſer ein römiſcher König zur Seite geſetzt werden ſolle. In
dem letzten Falle müſſe dem Ausſchreiben eines Wahltags
Berathung ſämmtlicher Churfürſten, einſtimmiger Beſchluß
derſelben vorhergehn. Daran ſey aber jetzt nicht gedacht
worden. Selbſt die Citation, die an den Churfürſten gelangt,
beſtimme ihm viel zu kurze Zeit, und ſey ſo nichtig wie
das ganze Verfahren. Am wenigſten endlich dürfe man Fer-
dinand ſich aufdringen laſſen, der ſich als ein Feind des
Evangeliums zeige; ſchon als Statthalter habe er aben-
teuerliche Ränke angeſponnen; als König werde er das
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[309/0325] Grundlegung des ſchmalkaldiſchen Bundes. giſche Confeſſion unterzeichnet, oder ſich ſeitdem hinzuge- ſellt hatten. Auch darin kamen ſie überein, daß man den Kaiſer um Milderung des Abſchieds erſuchen, vielleicht dagegen proteſtiren müſſe. Wäre nur unverzüglich ans Werk gegangen worden, ſo würde wahrſcheinlich auch in den neuen Kirchen eine gleichförmig äußere Einrichtung zu Stande gekommen ſeyn. Die Meiſten waren dafür, daß eine allgemeine Kirchenord- nung eingeführt würde, hauptſächlich um eine kirchliche Züch- tigung der öffentlichen Laſter möglich zu machen. Dagegen konnte man ſich über den zweiten Hauptge- genſtand der Berathung, die Wahl des Königs nicht ſo ganz einverſtehen. Sachſen trug vor, daß man dem Kaiſer nicht ſo weit Raum laſſen dürfe, um eine Sache dieſer Art einſeitig durch- zuſetzen; ſonſt würde es bald um die Reichsfreiheiten ge- than ſeyn. Anders verhalte es ſich mit einer Wahl nach förmlicher Vacanz; anders wenn einem noch lebenden Kai- ſer ein römiſcher König zur Seite geſetzt werden ſolle. In dem letzten Falle müſſe dem Ausſchreiben eines Wahltags Berathung ſämmtlicher Churfürſten, einſtimmiger Beſchluß derſelben vorhergehn. Daran ſey aber jetzt nicht gedacht worden. Selbſt die Citation, die an den Churfürſten gelangt, beſtimme ihm viel zu kurze Zeit, und ſey ſo nichtig wie das ganze Verfahren. Am wenigſten endlich dürfe man Fer- dinand ſich aufdringen laſſen, der ſich als ein Feind des Evangeliums zeige; ſchon als Statthalter habe er aben- teuerliche Ränke angeſponnen; als König werde er das Spiel ſelbſt in die Hand nehmen: Ferdinand, ſo ohne Be-

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/325>, abgerufen am 22.11.2024.