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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Fünftes Buch. Achtes Capitel.
von Pavia niemals vergessen; der Herr: in nomine do-
mini
, der Papst werde an dem zerstörten Rom keine Freude
haben; ihre Eintracht mit dem Kaiser gehöre in das Capitel:
non credimus. 1 Er fand die Fürsten unbegreiflich, die es
so hinnahmen, daß der Papst den Kaiser so eben ohne ihr
Beiseyn gekrönt hatte. 2 Er verglich die Versammlung mit
dem Lärm der Dohlen vor seinem Fenster: da sehe er das-
selbe Zu- und Abreiten, das Schreien und Scherwänzen der
Scharrhanse, das eintönige Predigen der Sophisten; 3 "ein
nützliches Volk, alles zu verzehren was auf Erden ist, und
dafür ihre Beschlüsse in die Luft zu rufen für die lange
Weile." Es deuchte ihm sehr besonders, daß man so ganz
vergessen haben wollte wie die Sachen standen, als er auf-
trat, und er rief wohl wieder ins Gedächtniß, wie damals
der Ablaß in Schwang gegangen und die Lehre, daß man
durch fromme Werke Gott genug thue; wie damals täglich
neue Dienste, Wallfahrten, Reliquien, zuletzt noch die Fa-
bel vom Rocke Christi aufgekommen; wie man die Mes-
sen doch in der That für ein paar Pfennige mehr oder
minder verkauft, und das für ein Gott wohlgefälliges Opfer
gehalten, ohne der tieferen Begriffe auch nur zu gedenken,
die man jetzt wieder hervorsuche. Er brachte in Erinne-
rung, daß von den Protestanten, wenigstens literarisch, das
Beste gegen den Bauernaufruhr geschehen sey, dafür aber
wolle man sie nun vertilgen. Denn keinen Augenblick war
ihm zweifelhaft, wohin diese Sache führen werde. So wie
der Kaiser die Predigten verboten, hoffte er auf keine Ver-

1 An Teutleben 19. Juni.
2 An den Churfürsten von Mainz 6. Juli.
3 An seine Tischgesellen 28. April und Spalatin 9. Mai.

Fuͤnftes Buch. Achtes Capitel.
von Pavia niemals vergeſſen; der Herr: in nomine do-
mini
, der Papſt werde an dem zerſtörten Rom keine Freude
haben; ihre Eintracht mit dem Kaiſer gehöre in das Capitel:
non credimus. 1 Er fand die Fürſten unbegreiflich, die es
ſo hinnahmen, daß der Papſt den Kaiſer ſo eben ohne ihr
Beiſeyn gekrönt hatte. 2 Er verglich die Verſammlung mit
dem Lärm der Dohlen vor ſeinem Fenſter: da ſehe er daſ-
ſelbe Zu- und Abreiten, das Schreien und Scherwänzen der
Scharrhanſe, das eintönige Predigen der Sophiſten; 3 „ein
nützliches Volk, alles zu verzehren was auf Erden iſt, und
dafür ihre Beſchlüſſe in die Luft zu rufen für die lange
Weile.“ Es deuchte ihm ſehr beſonders, daß man ſo ganz
vergeſſen haben wollte wie die Sachen ſtanden, als er auf-
trat, und er rief wohl wieder ins Gedächtniß, wie damals
der Ablaß in Schwang gegangen und die Lehre, daß man
durch fromme Werke Gott genug thue; wie damals täglich
neue Dienſte, Wallfahrten, Reliquien, zuletzt noch die Fa-
bel vom Rocke Chriſti aufgekommen; wie man die Meſ-
ſen doch in der That für ein paar Pfennige mehr oder
minder verkauft, und das für ein Gott wohlgefälliges Opfer
gehalten, ohne der tieferen Begriffe auch nur zu gedenken,
die man jetzt wieder hervorſuche. Er brachte in Erinne-
rung, daß von den Proteſtanten, wenigſtens literariſch, das
Beſte gegen den Bauernaufruhr geſchehen ſey, dafür aber
wolle man ſie nun vertilgen. Denn keinen Augenblick war
ihm zweifelhaft, wohin dieſe Sache führen werde. So wie
der Kaiſer die Predigten verboten, hoffte er auf keine Ver-

1 An Teutleben 19. Juni.
2 An den Churfuͤrſten von Mainz 6. Juli.
3 An ſeine Tiſchgeſellen 28. April und Spalatin 9. Mai.
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[266/0282] Fuͤnftes Buch. Achtes Capitel. von Pavia niemals vergeſſen; der Herr: in nomine do- mini, der Papſt werde an dem zerſtörten Rom keine Freude haben; ihre Eintracht mit dem Kaiſer gehöre in das Capitel: non credimus. 1 Er fand die Fürſten unbegreiflich, die es ſo hinnahmen, daß der Papſt den Kaiſer ſo eben ohne ihr Beiſeyn gekrönt hatte. 2 Er verglich die Verſammlung mit dem Lärm der Dohlen vor ſeinem Fenſter: da ſehe er daſ- ſelbe Zu- und Abreiten, das Schreien und Scherwänzen der Scharrhanſe, das eintönige Predigen der Sophiſten; 3 „ein nützliches Volk, alles zu verzehren was auf Erden iſt, und dafür ihre Beſchlüſſe in die Luft zu rufen für die lange Weile.“ Es deuchte ihm ſehr beſonders, daß man ſo ganz vergeſſen haben wollte wie die Sachen ſtanden, als er auf- trat, und er rief wohl wieder ins Gedächtniß, wie damals der Ablaß in Schwang gegangen und die Lehre, daß man durch fromme Werke Gott genug thue; wie damals täglich neue Dienſte, Wallfahrten, Reliquien, zuletzt noch die Fa- bel vom Rocke Chriſti aufgekommen; wie man die Meſ- ſen doch in der That für ein paar Pfennige mehr oder minder verkauft, und das für ein Gott wohlgefälliges Opfer gehalten, ohne der tieferen Begriffe auch nur zu gedenken, die man jetzt wieder hervorſuche. Er brachte in Erinne- rung, daß von den Proteſtanten, wenigſtens literariſch, das Beſte gegen den Bauernaufruhr geſchehen ſey, dafür aber wolle man ſie nun vertilgen. Denn keinen Augenblick war ihm zweifelhaft, wohin dieſe Sache führen werde. So wie der Kaiſer die Predigten verboten, hoffte er auf keine Ver- 1 An Teutleben 19. Juni. 2 An den Churfuͤrſten von Mainz 6. Juli. 3 An ſeine Tiſchgeſellen 28. April und Spalatin 9. Mai.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/282>, abgerufen am 24.11.2024.