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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Fünftes Buch. Achtes Capitel.
zugleich diese offene Entzweiung ausbreche. Es ward endlich
beschlossen, dem Kaiser zu rathen, die Confession vor allen
Dingen widerlegen zu lassen: indessen wolle man einen Ver-
such machen, die Irrungen zwischen geistlichen und welt-
lichen Ständen unter einander zu schlichten. Der Kaiser
nahm diesen Rath an. Er gab sich der Hoffnung hin,
daß beides vereinigt, zusammentreffend, -- die Beilegung der
Irrungen und die Widerlegung -- auf die Protestanten ei-
nen Eindruck machen werde, der sie nachzugeben bestimme. 1

Wie war hiemit die Lage der Protestanten plötzlich so
ungünstig verändert!

Bisher hatten sie von der höhern Stellung des Kai-
sers Anerkennung und Vermittlung erwartet: aber gar bald
bemerkten sie, daß er nicht treibe, sondern getrieben werde;
die alten erbitterten Gegner, mit denen sie schon so lange
gestritten, als Mehrheit constituirt, leiteten jetzt auch alle
Schritte der kaiserlichen Autorität.

Und auf das eifrigste ging man nun an die Wider-
legung. An Arbeitern konnte es nicht fehlen. Von allen
Seiten waren auch die Gegner der reformirenden Theolo-
gen mit ihren Fürsten eingetroffen: Faber von Wien, --
er war jetzt Probst zu Ofen geworden -- Eck von Ingol-
stadt, Cochläus von Dresden, Wimpina von Frankfurt

1 Diese Verhandlungen lernen wir besonders aus den Auszü-
gen bei Bucholz III kennen. Ein merkwürdiges Actenstück daraus
findet sich in seiner Integrität bei Förstemann Bd. II p. 9. Es ist
ohne Datum, doch muß es vom 9ten oder 10ten Juli seyn; da der
Kaiser einer Anfrage an die Protestanten gedenkt, ob sie nemlich
noch mehr Artikel einzubringen gesonnen, die er am 9ten erlassen hat,
auf die er doch noch keine Antwort habe. Die Antwort erfolgte un-
ter dem 10ten, mag aber vielleicht erst den Tag darauf eingelaufen
seyn. Vgl. die Nachrichten bei Schmidt VIII, 244. Melanchthon
an Luther 8. Juli C. R. II, 175.

Fuͤnftes Buch. Achtes Capitel.
zugleich dieſe offene Entzweiung ausbreche. Es ward endlich
beſchloſſen, dem Kaiſer zu rathen, die Confeſſion vor allen
Dingen widerlegen zu laſſen: indeſſen wolle man einen Ver-
ſuch machen, die Irrungen zwiſchen geiſtlichen und welt-
lichen Ständen unter einander zu ſchlichten. Der Kaiſer
nahm dieſen Rath an. Er gab ſich der Hoffnung hin,
daß beides vereinigt, zuſammentreffend, — die Beilegung der
Irrungen und die Widerlegung — auf die Proteſtanten ei-
nen Eindruck machen werde, der ſie nachzugeben beſtimme. 1

Wie war hiemit die Lage der Proteſtanten plötzlich ſo
ungünſtig verändert!

Bisher hatten ſie von der höhern Stellung des Kai-
ſers Anerkennung und Vermittlung erwartet: aber gar bald
bemerkten ſie, daß er nicht treibe, ſondern getrieben werde;
die alten erbitterten Gegner, mit denen ſie ſchon ſo lange
geſtritten, als Mehrheit conſtituirt, leiteten jetzt auch alle
Schritte der kaiſerlichen Autorität.

Und auf das eifrigſte ging man nun an die Wider-
legung. An Arbeitern konnte es nicht fehlen. Von allen
Seiten waren auch die Gegner der reformirenden Theolo-
gen mit ihren Fürſten eingetroffen: Faber von Wien, —
er war jetzt Probſt zu Ofen geworden — Eck von Ingol-
ſtadt, Cochläus von Dresden, Wimpina von Frankfurt

1 Dieſe Verhandlungen lernen wir beſonders aus den Auszuͤ-
gen bei Bucholz III kennen. Ein merkwuͤrdiges Actenſtuͤck daraus
findet ſich in ſeiner Integritaͤt bei Foͤrſtemann Bd. II p. 9. Es iſt
ohne Datum, doch muß es vom 9ten oder 10ten Juli ſeyn; da der
Kaiſer einer Anfrage an die Proteſtanten gedenkt, ob ſie nemlich
noch mehr Artikel einzubringen geſonnen, die er am 9ten erlaſſen hat,
auf die er doch noch keine Antwort habe. Die Antwort erfolgte un-
ter dem 10ten, mag aber vielleicht erſt den Tag darauf eingelaufen
ſeyn. Vgl. die Nachrichten bei Schmidt VIII, 244. Melanchthon
an Luther 8. Juli C. R. II, 175.
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[252/0268] Fuͤnftes Buch. Achtes Capitel. zugleich dieſe offene Entzweiung ausbreche. Es ward endlich beſchloſſen, dem Kaiſer zu rathen, die Confeſſion vor allen Dingen widerlegen zu laſſen: indeſſen wolle man einen Ver- ſuch machen, die Irrungen zwiſchen geiſtlichen und welt- lichen Ständen unter einander zu ſchlichten. Der Kaiſer nahm dieſen Rath an. Er gab ſich der Hoffnung hin, daß beides vereinigt, zuſammentreffend, — die Beilegung der Irrungen und die Widerlegung — auf die Proteſtanten ei- nen Eindruck machen werde, der ſie nachzugeben beſtimme. 1 Wie war hiemit die Lage der Proteſtanten plötzlich ſo ungünſtig verändert! Bisher hatten ſie von der höhern Stellung des Kai- ſers Anerkennung und Vermittlung erwartet: aber gar bald bemerkten ſie, daß er nicht treibe, ſondern getrieben werde; die alten erbitterten Gegner, mit denen ſie ſchon ſo lange geſtritten, als Mehrheit conſtituirt, leiteten jetzt auch alle Schritte der kaiſerlichen Autorität. Und auf das eifrigſte ging man nun an die Wider- legung. An Arbeitern konnte es nicht fehlen. Von allen Seiten waren auch die Gegner der reformirenden Theolo- gen mit ihren Fürſten eingetroffen: Faber von Wien, — er war jetzt Probſt zu Ofen geworden — Eck von Ingol- ſtadt, Cochläus von Dresden, Wimpina von Frankfurt 1 Dieſe Verhandlungen lernen wir beſonders aus den Auszuͤ- gen bei Bucholz III kennen. Ein merkwuͤrdiges Actenſtuͤck daraus findet ſich in ſeiner Integritaͤt bei Foͤrſtemann Bd. II p. 9. Es iſt ohne Datum, doch muß es vom 9ten oder 10ten Juli ſeyn; da der Kaiſer einer Anfrage an die Proteſtanten gedenkt, ob ſie nemlich noch mehr Artikel einzubringen geſonnen, die er am 9ten erlaſſen hat, auf die er doch noch keine Antwort habe. Die Antwort erfolgte un- ter dem 10ten, mag aber vielleicht erſt den Tag darauf eingelaufen ſeyn. Vgl. die Nachrichten bei Schmidt VIII, 244. Melanchthon an Luther 8. Juli C. R. II, 175.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/268>, abgerufen am 24.11.2024.