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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Erstes Capitel.
Schwankungen der allgemeinen politischen Verhält-
nisse Europa's. 1527, 28.

Das Heer Carls V hatte Rom erobert, und welches
auch das Bezeigen des Kaisers gewesen seyn mag, als er
die Nachricht von diesem Siege empfing, so ist doch gar
nicht zu läugnen, daß er eine Zeitlang sehr weit aussehende
politische Entwürfe daran knüpfte.

Vor Kurzem ist die Instruction bekannt geworden,
mit welcher er einen seiner Hofleute Pierre de Verey an
den Vicekönig von Neapel sendete. Der Kaiser bemerkt
darin, daß er wohl wünschte, entweder selbst unverzüglich
nach Italien zu gehen oder den Papst nach Spanien kom-
men zu lassen, um alle Streitigkeiten persönlich und münd-
lich auszugleichen. Und noch immer würde ihm das Liebste
seyn, wenn der Vicekönig den Papst sicher nach Spanien
zu bringen wüßte, nur schreckt ihn die Gefahr, daß er etwa
unterwegs einem feindlichen Geschwader in die Hände falle.
Unter diesen Umständen erklärt er für das Beste, den Papst
in seine Freiheit auf seinen Stuhl wiederherzustellen. Aber
hören wir unter welchen Bedingungen. Diese Freiheit, sagt

Erſtes Capitel.
Schwankungen der allgemeinen politiſchen Verhält-
niſſe Europa’s. 1527, 28.

Das Heer Carls V hatte Rom erobert, und welches
auch das Bezeigen des Kaiſers geweſen ſeyn mag, als er
die Nachricht von dieſem Siege empfing, ſo iſt doch gar
nicht zu läugnen, daß er eine Zeitlang ſehr weit ausſehende
politiſche Entwürfe daran knüpfte.

Vor Kurzem iſt die Inſtruction bekannt geworden,
mit welcher er einen ſeiner Hofleute Pierre de Verey an
den Vicekönig von Neapel ſendete. Der Kaiſer bemerkt
darin, daß er wohl wünſchte, entweder ſelbſt unverzüglich
nach Italien zu gehen oder den Papſt nach Spanien kom-
men zu laſſen, um alle Streitigkeiten perſönlich und münd-
lich auszugleichen. Und noch immer würde ihm das Liebſte
ſeyn, wenn der Vicekönig den Papſt ſicher nach Spanien
zu bringen wüßte, nur ſchreckt ihn die Gefahr, daß er etwa
unterwegs einem feindlichen Geſchwader in die Hände falle.
Unter dieſen Umſtänden erklärt er für das Beſte, den Papſt
in ſeine Freiheit auf ſeinen Stuhl wiederherzuſtellen. Aber
hören wir unter welchen Bedingungen. Dieſe Freiheit, ſagt

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[[10]/0026] Erſtes Capitel. Schwankungen der allgemeinen politiſchen Verhält- niſſe Europa’s. 1527, 28. Das Heer Carls V hatte Rom erobert, und welches auch das Bezeigen des Kaiſers geweſen ſeyn mag, als er die Nachricht von dieſem Siege empfing, ſo iſt doch gar nicht zu läugnen, daß er eine Zeitlang ſehr weit ausſehende politiſche Entwürfe daran knüpfte. Vor Kurzem iſt die Inſtruction bekannt geworden, mit welcher er einen ſeiner Hofleute Pierre de Verey an den Vicekönig von Neapel ſendete. Der Kaiſer bemerkt darin, daß er wohl wünſchte, entweder ſelbſt unverzüglich nach Italien zu gehen oder den Papſt nach Spanien kom- men zu laſſen, um alle Streitigkeiten perſönlich und münd- lich auszugleichen. Und noch immer würde ihm das Liebſte ſeyn, wenn der Vicekönig den Papſt ſicher nach Spanien zu bringen wüßte, nur ſchreckt ihn die Gefahr, daß er etwa unterwegs einem feindlichen Geſchwader in die Hände falle. Unter dieſen Umſtänden erklärt er für das Beſte, den Papſt in ſeine Freiheit auf ſeinen Stuhl wiederherzuſtellen. Aber hören wir unter welchen Bedingungen. Dieſe Freiheit, ſagt

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. [10]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/26>, abgerufen am 28.03.2024.