einst schon des Herzogthums verlustig erklärt, vor ihm er- scheinen durfte.
Es schadete dem Sforza wohl nicht, daß er sehr krank war. Er mußte sich auf einen Stab stützen, wenn er mit dem Kaiser redete; der Papst vermied, sich den Fuß von ihm küssen zu lassen. Aber übrigens zeigte er sich gescheidt und wohlgesinnt; er sprach sehr gut und verstand sein In- teresse hinreichend, um eine völlige Hingebung gegen den Herrn zu zeigen. 1 Den Großen des Hofes kam er mit andern Mitteln bei. Allmählig ließ man da den alten Wi- derwillen gegen ihn fallen.
Indessen bemühte sich auch der venezianische Gesandte die Verstimmung zu beseitigen, die der Kaiser gegen seine Republik fühlen mochte. Er hatte wohl einmal eine zwei Stunden lange Audienz; er fand doch, daß der Kaiser die Lage der Republik einsah, ihre Rechtfertigung begriff.
So ward man denn sehr bald über die Grundlage eines Abkommens einig; die Venezianer sollten herausge- ben, was sie vom Kirchenstaat oder von Neapel besaßen, aber übrigens ohne Anfechtung bleiben. Auch Franz Sforza sollte mit dem Staat von Mailand belehnt werden.
Die einzige Schwierigkeit machten die Geldforderun- gen, sowohl an Venedig als an Mailand. Um der mai- ländischen Zahlungen sicher zu seyn, wünschte der Kaiser für's Erste die Castelle von Mailand und Como mit seinen Truppen besetzt zu halten. Am 12. Dez. traf der Courier ein, welcher die Einwilligung des venezianischen Senates
1Confidarsi in lei (S. M.) ponersi in man sua. Conta- rini Relatione di Bologna 1530.
Fuͤnftes Buch. Siebentes Capitel.
einſt ſchon des Herzogthums verluſtig erklärt, vor ihm er- ſcheinen durfte.
Es ſchadete dem Sforza wohl nicht, daß er ſehr krank war. Er mußte ſich auf einen Stab ſtützen, wenn er mit dem Kaiſer redete; der Papſt vermied, ſich den Fuß von ihm küſſen zu laſſen. Aber übrigens zeigte er ſich geſcheidt und wohlgeſinnt; er ſprach ſehr gut und verſtand ſein In- tereſſe hinreichend, um eine völlige Hingebung gegen den Herrn zu zeigen. 1 Den Großen des Hofes kam er mit andern Mitteln bei. Allmählig ließ man da den alten Wi- derwillen gegen ihn fallen.
Indeſſen bemühte ſich auch der venezianiſche Geſandte die Verſtimmung zu beſeitigen, die der Kaiſer gegen ſeine Republik fühlen mochte. Er hatte wohl einmal eine zwei Stunden lange Audienz; er fand doch, daß der Kaiſer die Lage der Republik einſah, ihre Rechtfertigung begriff.
So ward man denn ſehr bald über die Grundlage eines Abkommens einig; die Venezianer ſollten herausge- ben, was ſie vom Kirchenſtaat oder von Neapel beſaßen, aber übrigens ohne Anfechtung bleiben. Auch Franz Sforza ſollte mit dem Staat von Mailand belehnt werden.
Die einzige Schwierigkeit machten die Geldforderun- gen, ſowohl an Venedig als an Mailand. Um der mai- ländiſchen Zahlungen ſicher zu ſeyn, wünſchte der Kaiſer für’s Erſte die Caſtelle von Mailand und Como mit ſeinen Truppen beſetzt zu halten. Am 12. Dez. traf der Courier ein, welcher die Einwilligung des venezianiſchen Senates
1Confidarsi in lei (S. M.) ponersi in man sua. Conta- rini Relatione di Bologna 1530.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0232"n="216"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Fuͤnftes Buch. Siebentes Capitel</hi>.</fw><lb/>
einſt ſchon des Herzogthums verluſtig erklärt, vor ihm er-<lb/>ſcheinen durfte.</p><lb/><p>Es ſchadete dem Sforza wohl nicht, daß er ſehr krank<lb/>
war. Er mußte ſich auf einen Stab ſtützen, wenn er mit<lb/>
dem Kaiſer redete; der Papſt vermied, ſich den Fuß von<lb/>
ihm küſſen zu laſſen. Aber übrigens zeigte er ſich geſcheidt<lb/>
und wohlgeſinnt; er ſprach ſehr gut und verſtand ſein In-<lb/>
tereſſe hinreichend, um eine völlige Hingebung gegen den<lb/>
Herrn zu zeigen. <noteplace="foot"n="1"><hirendition="#aq">Confidarsi in lei (S. M.) ponersi in man sua. Conta-<lb/>
rini Relatione di Bologna</hi> 1530.</note> Den Großen des Hofes kam er mit<lb/>
andern Mitteln bei. Allmählig ließ man da den alten Wi-<lb/>
derwillen gegen ihn fallen.</p><lb/><p>Indeſſen bemühte ſich auch der venezianiſche Geſandte<lb/>
die Verſtimmung zu beſeitigen, die der Kaiſer gegen ſeine<lb/>
Republik fühlen mochte. Er hatte wohl einmal eine zwei<lb/>
Stunden lange Audienz; er fand doch, daß der Kaiſer die<lb/>
Lage der Republik einſah, ihre Rechtfertigung begriff.</p><lb/><p>So ward man denn ſehr bald über die Grundlage<lb/>
eines Abkommens einig; die Venezianer ſollten herausge-<lb/>
ben, was ſie vom Kirchenſtaat oder von Neapel beſaßen,<lb/>
aber übrigens ohne Anfechtung bleiben. Auch Franz Sforza<lb/>ſollte mit dem Staat von Mailand belehnt werden.</p><lb/><p>Die einzige Schwierigkeit machten die Geldforderun-<lb/>
gen, ſowohl an Venedig als an Mailand. Um der mai-<lb/>
ländiſchen Zahlungen ſicher zu ſeyn, wünſchte der Kaiſer<lb/>
für’s Erſte die Caſtelle von Mailand und Como mit ſeinen<lb/>
Truppen beſetzt zu halten. Am 12. Dez. traf der Courier<lb/>
ein, welcher die Einwilligung des venezianiſchen Senates<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[216/0232]
Fuͤnftes Buch. Siebentes Capitel.
einſt ſchon des Herzogthums verluſtig erklärt, vor ihm er-
ſcheinen durfte.
Es ſchadete dem Sforza wohl nicht, daß er ſehr krank
war. Er mußte ſich auf einen Stab ſtützen, wenn er mit
dem Kaiſer redete; der Papſt vermied, ſich den Fuß von
ihm küſſen zu laſſen. Aber übrigens zeigte er ſich geſcheidt
und wohlgeſinnt; er ſprach ſehr gut und verſtand ſein In-
tereſſe hinreichend, um eine völlige Hingebung gegen den
Herrn zu zeigen. 1 Den Großen des Hofes kam er mit
andern Mitteln bei. Allmählig ließ man da den alten Wi-
derwillen gegen ihn fallen.
Indeſſen bemühte ſich auch der venezianiſche Geſandte
die Verſtimmung zu beſeitigen, die der Kaiſer gegen ſeine
Republik fühlen mochte. Er hatte wohl einmal eine zwei
Stunden lange Audienz; er fand doch, daß der Kaiſer die
Lage der Republik einſah, ihre Rechtfertigung begriff.
So ward man denn ſehr bald über die Grundlage
eines Abkommens einig; die Venezianer ſollten herausge-
ben, was ſie vom Kirchenſtaat oder von Neapel beſaßen,
aber übrigens ohne Anfechtung bleiben. Auch Franz Sforza
ſollte mit dem Staat von Mailand belehnt werden.
Die einzige Schwierigkeit machten die Geldforderun-
gen, ſowohl an Venedig als an Mailand. Um der mai-
ländiſchen Zahlungen ſicher zu ſeyn, wünſchte der Kaiſer
für’s Erſte die Caſtelle von Mailand und Como mit ſeinen
Truppen beſetzt zu halten. Am 12. Dez. traf der Courier
ein, welcher die Einwilligung des venezianiſchen Senates
1 Confidarsi in lei (S. M.) ponersi in man sua. Conta-
rini Relatione di Bologna 1530.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/232>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.