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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Suleiman in Deutschland.

Und von da wälzte sich nun ohne weitern Widerstand
das barbarische Heer nach den deutschen Grenzen, nach ei-
nem Lande, sagen die osmanischen Geschichtschreiber, das
noch nie von den Hufen moslimischer Rosse geschlagen
worden.

Da traf die orientalische Weltmacht, die über zertrüm-
merten, in den unentwickelten Anfängen oder dem schon
wieder halbbarbarisirten Absterben der Cultur begriffenen Rei-
chen errichtet worden, zuerst mit den Kernlanden des occiden-
talischen Lebens, in denen die ununterbrochene Continua-
tion des Fortschrittes des allgemeinen Geistes ihren Sitz
genommen und in vollen Trieben war, zusammen.

Die Osmanen empfanden doch einen Unterschied als
sie unser Vaterland berührten.

Sie bezeichnen es auch als ein Land der Kafern, -- denn
ihnen gilt alles, was ihren Propheten nicht bekennt, als
derselbe Unglaube, -- als ein waldiges Reich, schwer zu durch-
ziehen; aber sie bemerken doch, daß es von den Fackeln
des Unglaubens ganz besonders erleuchtet, von einem streit-
baren Volke unter grausamen Fahnen bewohnt, allenthal-

schwinden, wenn wir einfachere Berichte jener Zeit zur Hand nehmen,
z. B. den des Pagenhofmeisters bei Schardius III, 238. "Arx ad
voluptatem magis, quam vim instructa erat etc."
oder bei Sebast.
Frank; (wohl identisch mit einem der damals herausgekommenen flie-
genden Blätter) p. CCLVI: das Schloß sey mit vier Fähnlein
besetzt gewesen, "die nitt so vil man oder einzelich personen vermoch-
"ten, als der Türk tausend; noch hat er eilf gewaltiger stürm davon
"verloren, daß er meynet es weren eitel Teufel im Schloß. -- Wo
"die nit gewest," fügt Pessel hinzu, "wer vielleicht die Stat Wien
"übereilet worden." Achthundert frummer deutscher Knecht, die hiel-
ten sich redlich und recht; sagt das Lied bei Soltau p. 337.
Ranke d. Gesch. III. 13
Suleiman in Deutſchland.

Und von da wälzte ſich nun ohne weitern Widerſtand
das barbariſche Heer nach den deutſchen Grenzen, nach ei-
nem Lande, ſagen die osmaniſchen Geſchichtſchreiber, das
noch nie von den Hufen moslimiſcher Roſſe geſchlagen
worden.

Da traf die orientaliſche Weltmacht, die über zertrüm-
merten, in den unentwickelten Anfängen oder dem ſchon
wieder halbbarbariſirten Abſterben der Cultur begriffenen Rei-
chen errichtet worden, zuerſt mit den Kernlanden des occiden-
taliſchen Lebens, in denen die ununterbrochene Continua-
tion des Fortſchrittes des allgemeinen Geiſtes ihren Sitz
genommen und in vollen Trieben war, zuſammen.

Die Osmanen empfanden doch einen Unterſchied als
ſie unſer Vaterland berührten.

Sie bezeichnen es auch als ein Land der Kafern, — denn
ihnen gilt alles, was ihren Propheten nicht bekennt, als
derſelbe Unglaube, — als ein waldiges Reich, ſchwer zu durch-
ziehen; aber ſie bemerken doch, daß es von den Fackeln
des Unglaubens ganz beſonders erleuchtet, von einem ſtreit-
baren Volke unter grauſamen Fahnen bewohnt, allenthal-

ſchwinden, wenn wir einfachere Berichte jener Zeit zur Hand nehmen,
z. B. den des Pagenhofmeiſters bei Schardius III, 238. „Arx ad
voluptatem magis, quam vim instructa erat etc.“
oder bei Sebaſt.
Frank; (wohl identiſch mit einem der damals herausgekommenen flie-
genden Blaͤtter) p. CCLVI: das Schloß ſey mit vier Faͤhnlein
beſetzt geweſen, „die nitt ſo vil man oder einzelich perſonen vermoch-
„ten, als der Tuͤrk tauſend; noch hat er eilf gewaltiger ſtuͤrm davon
„verloren, daß er meynet es weren eitel Teufel im Schloß. — Wo
„die nit geweſt,“ fuͤgt Peſſel hinzu, „wer vielleicht die Stat Wien
„uͤbereilet worden.“ Achthundert frummer deutſcher Knecht, die hiel-
ten ſich redlich und recht; ſagt das Lied bei Soltau p. 337.
Ranke d. Geſch. III. 13
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[193/0209] Suleiman in Deutſchland. Und von da wälzte ſich nun ohne weitern Widerſtand das barbariſche Heer nach den deutſchen Grenzen, nach ei- nem Lande, ſagen die osmaniſchen Geſchichtſchreiber, das noch nie von den Hufen moslimiſcher Roſſe geſchlagen worden. Da traf die orientaliſche Weltmacht, die über zertrüm- merten, in den unentwickelten Anfängen oder dem ſchon wieder halbbarbariſirten Abſterben der Cultur begriffenen Rei- chen errichtet worden, zuerſt mit den Kernlanden des occiden- taliſchen Lebens, in denen die ununterbrochene Continua- tion des Fortſchrittes des allgemeinen Geiſtes ihren Sitz genommen und in vollen Trieben war, zuſammen. Die Osmanen empfanden doch einen Unterſchied als ſie unſer Vaterland berührten. Sie bezeichnen es auch als ein Land der Kafern, — denn ihnen gilt alles, was ihren Propheten nicht bekennt, als derſelbe Unglaube, — als ein waldiges Reich, ſchwer zu durch- ziehen; aber ſie bemerken doch, daß es von den Fackeln des Unglaubens ganz beſonders erleuchtet, von einem ſtreit- baren Volke unter grauſamen Fahnen bewohnt, allenthal- 2 2 ſchwinden, wenn wir einfachere Berichte jener Zeit zur Hand nehmen, z. B. den des Pagenhofmeiſters bei Schardius III, 238. „Arx ad voluptatem magis, quam vim instructa erat etc.“ oder bei Sebaſt. Frank; (wohl identiſch mit einem der damals herausgekommenen flie- genden Blaͤtter) p. CCLVI: das Schloß ſey mit vier Faͤhnlein beſetzt geweſen, „die nitt ſo vil man oder einzelich perſonen vermoch- „ten, als der Tuͤrk tauſend; noch hat er eilf gewaltiger ſtuͤrm davon „verloren, daß er meynet es weren eitel Teufel im Schloß. — Wo „die nit geweſt,“ fuͤgt Peſſel hinzu, „wer vielleicht die Stat Wien „uͤbereilet worden.“ Achthundert frummer deutſcher Knecht, die hiel- ten ſich redlich und recht; ſagt das Lied bei Soltau p. 337. Ranke d. Geſch. III. 13

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/209>, abgerufen am 24.11.2024.