keinen Widerstand. Die östreichische Regierung wagte nicht die leichte Reiterei aufzubieten; bei der ungünstigen Stim- mung des Landes fürchtete sie einen Aufruhr zu veranlas- sen. Aber eben so wenig hatte sie auch eigene Kräfte um das Land zu vertheidigen. Dem Befehlshaber der Flotte, welcher seinen Leuten 40,000 G. zahlen sollte, konnten nach langer Mühe nicht mehr als 800 G. übersendet werden. Man hatte die Mittel nicht, um die Festungen ordentlich zu besetzen.
Der Wesir Suleimans lachte über die abendländischen Fürsten, welche, wenn sie einen Krieg zu führen hätten, das nöthige Geld erst von armen Bauern erpressen müß- ten; er zeigte auf die sieben Thürme, wo seinem Herrn Gold und Silber in Fülle liege, während sein Wort hin- reiche, ein unermeßliches Heer ins Feld zu stellen.
Man darf sich wohl so sehr nicht verwundern, wenn unter diesen Umständen die starke Partei, die sich zu Za- polya hielt, das volle Uebergewicht bekam. Wetteifernd eilten die Magnaten, die ungrischen Begs, wie Solimans Tagebuch sie nennt, in dessen Lager, um ihm die Hand zu küssen. Peter Pereny wollte wenigstens die heilige Krone für Oestreich retten, aber unterwegs überfiel ihn ein Ver- wandter Zapolya's, der Bischof von Fünfkirchen, nahm ihn mit allen seinen Kleinodien gefangen und brachte sie ins osmanische Lager. 1 Wer kennt nicht die ungemeine Ver- ehrung, welche die Ungarn ihrer Krone widmen, die sie ei- ner unmittelbar göttlichen Sendung zuschreiben, bei deren
1Zermegh Historia rerum inter Johannem et Ferdinandum gestarum bei Schwandner II, lib. I, § 12.
Suleiman in Ungarn.
keinen Widerſtand. Die öſtreichiſche Regierung wagte nicht die leichte Reiterei aufzubieten; bei der ungünſtigen Stim- mung des Landes fürchtete ſie einen Aufruhr zu veranlaſ- ſen. Aber eben ſo wenig hatte ſie auch eigene Kräfte um das Land zu vertheidigen. Dem Befehlshaber der Flotte, welcher ſeinen Leuten 40,000 G. zahlen ſollte, konnten nach langer Mühe nicht mehr als 800 G. überſendet werden. Man hatte die Mittel nicht, um die Feſtungen ordentlich zu beſetzen.
Der Weſir Suleimans lachte über die abendländiſchen Fürſten, welche, wenn ſie einen Krieg zu führen hätten, das nöthige Geld erſt von armen Bauern erpreſſen müß- ten; er zeigte auf die ſieben Thürme, wo ſeinem Herrn Gold und Silber in Fülle liege, während ſein Wort hin- reiche, ein unermeßliches Heer ins Feld zu ſtellen.
Man darf ſich wohl ſo ſehr nicht verwundern, wenn unter dieſen Umſtänden die ſtarke Partei, die ſich zu Za- polya hielt, das volle Uebergewicht bekam. Wetteifernd eilten die Magnaten, die ungriſchen Begs, wie Solimans Tagebuch ſie nennt, in deſſen Lager, um ihm die Hand zu küſſen. Peter Pereny wollte wenigſtens die heilige Krone für Oeſtreich retten, aber unterwegs überfiel ihn ein Ver- wandter Zapolya’s, der Biſchof von Fünfkirchen, nahm ihn mit allen ſeinen Kleinodien gefangen und brachte ſie ins osmaniſche Lager. 1 Wer kennt nicht die ungemeine Ver- ehrung, welche die Ungarn ihrer Krone widmen, die ſie ei- ner unmittelbar göttlichen Sendung zuſchreiben, bei deren
1Zermegh Historia rerum inter Johannem et Ferdinandum gestarum bei Schwandner II, lib. I, § 12.
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Suleiman in Ungarn.
keinen Widerſtand. Die öſtreichiſche Regierung wagte nicht
die leichte Reiterei aufzubieten; bei der ungünſtigen Stim-
mung des Landes fürchtete ſie einen Aufruhr zu veranlaſ-
ſen. Aber eben ſo wenig hatte ſie auch eigene Kräfte um
das Land zu vertheidigen. Dem Befehlshaber der Flotte,
welcher ſeinen Leuten 40,000 G. zahlen ſollte, konnten nach
langer Mühe nicht mehr als 800 G. überſendet werden.
Man hatte die Mittel nicht, um die Feſtungen ordentlich
zu beſetzen.
Der Weſir Suleimans lachte über die abendländiſchen
Fürſten, welche, wenn ſie einen Krieg zu führen hätten,
das nöthige Geld erſt von armen Bauern erpreſſen müß-
ten; er zeigte auf die ſieben Thürme, wo ſeinem Herrn
Gold und Silber in Fülle liege, während ſein Wort hin-
reiche, ein unermeßliches Heer ins Feld zu ſtellen.
Man darf ſich wohl ſo ſehr nicht verwundern, wenn
unter dieſen Umſtänden die ſtarke Partei, die ſich zu Za-
polya hielt, das volle Uebergewicht bekam. Wetteifernd
eilten die Magnaten, die ungriſchen Begs, wie Solimans
Tagebuch ſie nennt, in deſſen Lager, um ihm die Hand zu
küſſen. Peter Pereny wollte wenigſtens die heilige Krone
für Oeſtreich retten, aber unterwegs überfiel ihn ein Ver-
wandter Zapolya’s, der Biſchof von Fünfkirchen, nahm ihn
mit allen ſeinen Kleinodien gefangen und brachte ſie ins
osmaniſche Lager. 1 Wer kennt nicht die ungemeine Ver-
ehrung, welche die Ungarn ihrer Krone widmen, die ſie ei-
ner unmittelbar göttlichen Sendung zuſchreiben, bei deren
1 Zermegh Historia rerum inter Johannem et Ferdinandum
gestarum bei Schwandner II, lib. I, § 12.
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/207>, abgerufen am 22.11.2024.
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