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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Beschlüsse der Majorität.
gläubigen hegten. Wenigstens finden wir in der Instruc-
tion, die Herzog Georg von Sachsen seinem Gesandten an
den Reichstag mitgab, daß auch er in jenem Artikel die
Ursache aller Irrungen sah. 1 Er fordert, daß denselben
Maaß gesetzt werde, namentlich, daß sich Statthalter und
Regiment Kais. Maj. ihrer Gewalt nicht so ganz begeben.

Zunächst ward nun ein Ausschuß zur Begutachtung
der Proposition niedergesetzt.

Darin hatten die Altgläubigen, wie es nicht anders
zu vermuthen war, auf der Stelle die Oberhand. Von den
churfürstlichen Stimmen war nur die sächsische evangelisch;
unter den neun fürstlichen waren fünf geistliche, drei welt-
liche entschieden katholisch: wie Faber, so saß auch Leon-
hard von Eck darin, der die Reaction in Baiern geleitet.
Da konnte es denn wenig Zweifel geben. Schon am 24.
März erklärte sich der Ausschuß mit dem Vorschlag ein-
verstanden, und fügte nur einige nähere Bestimmungen hinzu.
"Wer bis jetzt das Wormser Edict gehalten, solle dieß
auch ferner thun. In den Landschaften, wo man davon
abgewichen, solle man doch keine weitere Neuerung machen,
und Niemandem verwehren, Messe zu halten. Kein geist-
licher Stand solle seiner Obrigkeit, Rente und Gült entsetzt
werden dürfen, bei Acht und Aberacht. Die Secten end-
lich, welche dem Sacramente des wahren Leibes und Blu-
tes widersprechen, solle man ganz und gar nicht dulden,
so wenig wie die Wiedertäufer." Mit diesen Erläuterungen
ward das Gutachten an die Stände gebracht.


1 Denn dieweil es ein Jeder sol machen wie er wil und ge-
gen Gott und kais. Maj. vornimmt zu verantworten, so kann kein
Einigkeit seyn. Instr. im Dresdner Archiv.
10*

Beſchluͤſſe der Majoritaͤt.
gläubigen hegten. Wenigſtens finden wir in der Inſtruc-
tion, die Herzog Georg von Sachſen ſeinem Geſandten an
den Reichstag mitgab, daß auch er in jenem Artikel die
Urſache aller Irrungen ſah. 1 Er fordert, daß denſelben
Maaß geſetzt werde, namentlich, daß ſich Statthalter und
Regiment Kaiſ. Maj. ihrer Gewalt nicht ſo ganz begeben.

Zunächſt ward nun ein Ausſchuß zur Begutachtung
der Propoſition niedergeſetzt.

Darin hatten die Altgläubigen, wie es nicht anders
zu vermuthen war, auf der Stelle die Oberhand. Von den
churfürſtlichen Stimmen war nur die ſächſiſche evangeliſch;
unter den neun fürſtlichen waren fünf geiſtliche, drei welt-
liche entſchieden katholiſch: wie Faber, ſo ſaß auch Leon-
hard von Eck darin, der die Reaction in Baiern geleitet.
Da konnte es denn wenig Zweifel geben. Schon am 24.
März erklärte ſich der Ausſchuß mit dem Vorſchlag ein-
verſtanden, und fügte nur einige nähere Beſtimmungen hinzu.
„Wer bis jetzt das Wormſer Edict gehalten, ſolle dieß
auch ferner thun. In den Landſchaften, wo man davon
abgewichen, ſolle man doch keine weitere Neuerung machen,
und Niemandem verwehren, Meſſe zu halten. Kein geiſt-
licher Stand ſolle ſeiner Obrigkeit, Rente und Gült entſetzt
werden dürfen, bei Acht und Aberacht. Die Secten end-
lich, welche dem Sacramente des wahren Leibes und Blu-
tes widerſprechen, ſolle man ganz und gar nicht dulden,
ſo wenig wie die Wiedertäufer.“ Mit dieſen Erläuterungen
ward das Gutachten an die Stände gebracht.


1 Denn dieweil es ein Jeder ſol machen wie er wil und ge-
gen Gott und kaiſ. Maj. vornimmt zu verantworten, ſo kann kein
Einigkeit ſeyn. Inſtr. im Dresdner Archiv.
10*
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[147/0163] Beſchluͤſſe der Majoritaͤt. gläubigen hegten. Wenigſtens finden wir in der Inſtruc- tion, die Herzog Georg von Sachſen ſeinem Geſandten an den Reichstag mitgab, daß auch er in jenem Artikel die Urſache aller Irrungen ſah. 1 Er fordert, daß denſelben Maaß geſetzt werde, namentlich, daß ſich Statthalter und Regiment Kaiſ. Maj. ihrer Gewalt nicht ſo ganz begeben. Zunächſt ward nun ein Ausſchuß zur Begutachtung der Propoſition niedergeſetzt. Darin hatten die Altgläubigen, wie es nicht anders zu vermuthen war, auf der Stelle die Oberhand. Von den churfürſtlichen Stimmen war nur die ſächſiſche evangeliſch; unter den neun fürſtlichen waren fünf geiſtliche, drei welt- liche entſchieden katholiſch: wie Faber, ſo ſaß auch Leon- hard von Eck darin, der die Reaction in Baiern geleitet. Da konnte es denn wenig Zweifel geben. Schon am 24. März erklärte ſich der Ausſchuß mit dem Vorſchlag ein- verſtanden, und fügte nur einige nähere Beſtimmungen hinzu. „Wer bis jetzt das Wormſer Edict gehalten, ſolle dieß auch ferner thun. In den Landſchaften, wo man davon abgewichen, ſolle man doch keine weitere Neuerung machen, und Niemandem verwehren, Meſſe zu halten. Kein geiſt- licher Stand ſolle ſeiner Obrigkeit, Rente und Gült entſetzt werden dürfen, bei Acht und Aberacht. Die Secten end- lich, welche dem Sacramente des wahren Leibes und Blu- tes widerſprechen, ſolle man ganz und gar nicht dulden, ſo wenig wie die Wiedertäufer.“ Mit dieſen Erläuterungen ward das Gutachten an die Stände gebracht. 1 Denn dieweil es ein Jeder ſol machen wie er wil und ge- gen Gott und kaiſ. Maj. vornimmt zu verantworten, ſo kann kein Einigkeit ſeyn. Inſtr. im Dresdner Archiv. 10*

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/163>, abgerufen am 04.05.2024.