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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Unterhandlungen mit Frankreich.

Schon früher nemlich finden wir einen geheimen Agen-
ten Franz I in Spanien, durch den er sich unmittelbar an
seine Verlobte, Königin Leonora wendet, ihr seinen Wunsch
erklären läßt, sobald wie möglich die Hindernisse hinweg-
geräumt zu sehen, die sich ihrer Vermählung entgegenstellen,
und seine ganze Sache mit dem Kaiser in ihre Hände legt.
Die Königin ist wie man denken kann sehr erfreut über
diese Botschaft; sie versichert, sie habe immer auf den gu-
ten Willen des Königs vertraut und damit sey sie über al-
les bisher Geschehene hinweggekommen. Man fragt den
Agenten, ob er keine Aufträge an den Großkanzler habe.
Er weigert sich mit demselben zu unterhandeln, weil der ein
Mann sey, welcher den Krieg liebe; -- wie ihm denn auch
die Entfernung angesehener Leute vom Hof, die daher ent-
springen, sehr zu Statten komme -- die Königin Leonora
versichert ihn, es sey jetzt ihre Sache, Niemand solle sich
einmischen: sie werde allein den Abschluß herbeiführen. 1

Ich kann nicht genau angeben, in welche Epoche diese
Mission fiel; bemerken wir nur, daß sie den Versuch ent-
hält, die Unterhandlung den gewohnten Wegen, einem re-
gelmäßigen Verfahren zu entziehen.


1 Dechiffrement d'une depesche ecrite d'Espagne Bibl. d.
R. MS Bethune 8543 f.
182, ohne Datum, Ort, noch Unterschrift.
Vielleicht sogar schon von 1527, auf jeden Fall von einer Zeit, in
welcher die französischen Prinzen in Gefangenschaft waren. "Elle
me demanda, si vous vouliez mettre en sa main l'affaire d'entre
vous et l'empereur; je luy ai dit que pour cet effet m'aviez de-
pesche vers elle. -- -- Elle m'a dit, que la fiance quelle avoit
toujours eu en votre bonne voulonte envers elle l'avoit tenue en
bonne esperance et lui avoit fait porter patiemment tout ce qui
avoit passe. Qu'elle vouloit mener cette affaire et que autre ne
se meslat qu'elle, et c'estoit son propre fait.
Unterhandlungen mit Frankreich.

Schon früher nemlich finden wir einen geheimen Agen-
ten Franz I in Spanien, durch den er ſich unmittelbar an
ſeine Verlobte, Königin Leonora wendet, ihr ſeinen Wunſch
erklären läßt, ſobald wie möglich die Hinderniſſe hinweg-
geräumt zu ſehen, die ſich ihrer Vermählung entgegenſtellen,
und ſeine ganze Sache mit dem Kaiſer in ihre Hände legt.
Die Königin iſt wie man denken kann ſehr erfreut über
dieſe Botſchaft; ſie verſichert, ſie habe immer auf den gu-
ten Willen des Königs vertraut und damit ſey ſie über al-
les bisher Geſchehene hinweggekommen. Man fragt den
Agenten, ob er keine Aufträge an den Großkanzler habe.
Er weigert ſich mit demſelben zu unterhandeln, weil der ein
Mann ſey, welcher den Krieg liebe; — wie ihm denn auch
die Entfernung angeſehener Leute vom Hof, die daher ent-
ſpringen, ſehr zu Statten komme — die Königin Leonora
verſichert ihn, es ſey jetzt ihre Sache, Niemand ſolle ſich
einmiſchen: ſie werde allein den Abſchluß herbeiführen. 1

Ich kann nicht genau angeben, in welche Epoche dieſe
Miſſion fiel; bemerken wir nur, daß ſie den Verſuch ent-
hält, die Unterhandlung den gewohnten Wegen, einem re-
gelmäßigen Verfahren zu entziehen.


1 Dechiffrement d’une depesche écrite d’Espagne Bibl. d.
R. MS Bethune 8543 f.
182, ohne Datum, Ort, noch Unterſchrift.
Vielleicht ſogar ſchon von 1527, auf jeden Fall von einer Zeit, in
welcher die franzoͤſiſchen Prinzen in Gefangenſchaft waren. „Elle
me demanda, si vous vouliez mettre en sa main l’affaire d’entre
vous et l’empereur; je luy ai dit que pour cet effet m’aviez de-
pesché vers elle. — — Elle m’a dit, que la fiance quelle avoit
toujours eu en votre bonne voulonté envers elle l’avoit tenue en
bonne esperance et lui avoit fait porter patiemment tout ce qui
avoit passé. Qu’elle vouloit mener cette affaire et que autre ne
se meslat qu’elle, et c’estoit son propre fait.
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[125/0141] Unterhandlungen mit Frankreich. Schon früher nemlich finden wir einen geheimen Agen- ten Franz I in Spanien, durch den er ſich unmittelbar an ſeine Verlobte, Königin Leonora wendet, ihr ſeinen Wunſch erklären läßt, ſobald wie möglich die Hinderniſſe hinweg- geräumt zu ſehen, die ſich ihrer Vermählung entgegenſtellen, und ſeine ganze Sache mit dem Kaiſer in ihre Hände legt. Die Königin iſt wie man denken kann ſehr erfreut über dieſe Botſchaft; ſie verſichert, ſie habe immer auf den gu- ten Willen des Königs vertraut und damit ſey ſie über al- les bisher Geſchehene hinweggekommen. Man fragt den Agenten, ob er keine Aufträge an den Großkanzler habe. Er weigert ſich mit demſelben zu unterhandeln, weil der ein Mann ſey, welcher den Krieg liebe; — wie ihm denn auch die Entfernung angeſehener Leute vom Hof, die daher ent- ſpringen, ſehr zu Statten komme — die Königin Leonora verſichert ihn, es ſey jetzt ihre Sache, Niemand ſolle ſich einmiſchen: ſie werde allein den Abſchluß herbeiführen. 1 Ich kann nicht genau angeben, in welche Epoche dieſe Miſſion fiel; bemerken wir nur, daß ſie den Verſuch ent- hält, die Unterhandlung den gewohnten Wegen, einem re- gelmäßigen Verfahren zu entziehen. 1 Dechiffrement d’une depesche écrite d’Espagne Bibl. d. R. MS Bethune 8543 f. 182, ohne Datum, Ort, noch Unterſchrift. Vielleicht ſogar ſchon von 1527, auf jeden Fall von einer Zeit, in welcher die franzoͤſiſchen Prinzen in Gefangenſchaft waren. „Elle me demanda, si vous vouliez mettre en sa main l’affaire d’entre vous et l’empereur; je luy ai dit que pour cet effet m’aviez de- pesché vers elle. — — Elle m’a dit, que la fiance quelle avoit toujours eu en votre bonne voulonté envers elle l’avoit tenue en bonne esperance et lui avoit fait porter patiemment tout ce qui avoit passé. Qu’elle vouloit mener cette affaire et que autre ne se meslat qu’elle, et c’estoit son propre fait.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/141>, abgerufen am 25.11.2024.