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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

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Empörung im Lager.
es bleibt immer merkwürdig, daß er in denselben Tagen,
in welchen Bourbon und Lannoy beisammen waren, am
23sten April, nachdem er von dem Stillstand wissen mußte,
seinen Oberfeldherrn doch auch nicht mit einem Wort er-
innert, denselben zu beobachten. "Ich sehe, mein Vetter,
daß Ihr gegen Rom zieht," sagt er; er hütet sich wohl,
das zu mißbilligen: dort vielmehr meint er könne man
von einem Stillstand oder auch von einem Frieden han-
deln: er sende ihm die Vollmacht, obwohl er darin zuerst
genannt sey, nicht selbst zu, damit es nicht scheine, als
komme er um Frieden zu bitten, sondern damit man wisse,
er werde sich denselben mit Gewalt erzwingen. 1 Mit Ei-
nem Worte, der Kaiser war es sehr wohl zufrieden, daß
sein Heer gegen Rom zog, um sich daselbst bezahlt zu ma-
chen und dem Feinde den Frieden vorzuschreiben.

Und bemerken wir, daß in diesem Moment auch der
Papst nicht mehr geneigt war, den Stillstand, der ihn von
seinen Verbündeten trennte, zu halten. Eben in denselben
Tagen, am 25sten April, sey es daß er die neuen For-
derungen der Armee schon erfahren hatte und unannehm-
bar fand, oder daß ihn auch die allgemeine Lage der Po-
litik ohnehin dazu bewog, schloß er ein neues Bündniß
mit der Liga ab, welches zwar nicht bekannt geworden,
von dem er aber selbst sagt, es sey darin Vieles zum Nach-
theil des Kaisers enthalten gewesen. 2

Genug, sowohl der Kaiser als der Papst waren ent-
schlossen das Kriegsglück wider einander zu versuchen.


1 Auszug bei Bucholtz p. 67.
2 Instruttione al Cl Farnese p. 31: "consentendo a
molte conditioni che erano in pregiudicio della Mta Cesarea."

Empoͤrung im Lager.
es bleibt immer merkwürdig, daß er in denſelben Tagen,
in welchen Bourbon und Lannoy beiſammen waren, am
23ſten April, nachdem er von dem Stillſtand wiſſen mußte,
ſeinen Oberfeldherrn doch auch nicht mit einem Wort er-
innert, denſelben zu beobachten. „Ich ſehe, mein Vetter,
daß Ihr gegen Rom zieht,“ ſagt er; er hütet ſich wohl,
das zu mißbilligen: dort vielmehr meint er könne man
von einem Stillſtand oder auch von einem Frieden han-
deln: er ſende ihm die Vollmacht, obwohl er darin zuerſt
genannt ſey, nicht ſelbſt zu, damit es nicht ſcheine, als
komme er um Frieden zu bitten, ſondern damit man wiſſe,
er werde ſich denſelben mit Gewalt erzwingen. 1 Mit Ei-
nem Worte, der Kaiſer war es ſehr wohl zufrieden, daß
ſein Heer gegen Rom zog, um ſich daſelbſt bezahlt zu ma-
chen und dem Feinde den Frieden vorzuſchreiben.

Und bemerken wir, daß in dieſem Moment auch der
Papſt nicht mehr geneigt war, den Stillſtand, der ihn von
ſeinen Verbündeten trennte, zu halten. Eben in denſelben
Tagen, am 25ſten April, ſey es daß er die neuen For-
derungen der Armee ſchon erfahren hatte und unannehm-
bar fand, oder daß ihn auch die allgemeine Lage der Po-
litik ohnehin dazu bewog, ſchloß er ein neues Bündniß
mit der Liga ab, welches zwar nicht bekannt geworden,
von dem er aber ſelbſt ſagt, es ſey darin Vieles zum Nach-
theil des Kaiſers enthalten geweſen. 2

Genug, ſowohl der Kaiſer als der Papſt waren ent-
ſchloſſen das Kriegsglück wider einander zu verſuchen.


1 Auszug bei Bucholtz p. 67.
2 Instruttione al Cl Farnese p. 31: „consentendo a
molte conditioni che erano in pregiudicio della M Cesarea.“
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[391/0401] Empoͤrung im Lager. es bleibt immer merkwürdig, daß er in denſelben Tagen, in welchen Bourbon und Lannoy beiſammen waren, am 23ſten April, nachdem er von dem Stillſtand wiſſen mußte, ſeinen Oberfeldherrn doch auch nicht mit einem Wort er- innert, denſelben zu beobachten. „Ich ſehe, mein Vetter, daß Ihr gegen Rom zieht,“ ſagt er; er hütet ſich wohl, das zu mißbilligen: dort vielmehr meint er könne man von einem Stillſtand oder auch von einem Frieden han- deln: er ſende ihm die Vollmacht, obwohl er darin zuerſt genannt ſey, nicht ſelbſt zu, damit es nicht ſcheine, als komme er um Frieden zu bitten, ſondern damit man wiſſe, er werde ſich denſelben mit Gewalt erzwingen. 1 Mit Ei- nem Worte, der Kaiſer war es ſehr wohl zufrieden, daß ſein Heer gegen Rom zog, um ſich daſelbſt bezahlt zu ma- chen und dem Feinde den Frieden vorzuſchreiben. Und bemerken wir, daß in dieſem Moment auch der Papſt nicht mehr geneigt war, den Stillſtand, der ihn von ſeinen Verbündeten trennte, zu halten. Eben in denſelben Tagen, am 25ſten April, ſey es daß er die neuen For- derungen der Armee ſchon erfahren hatte und unannehm- bar fand, oder daß ihn auch die allgemeine Lage der Po- litik ohnehin dazu bewog, ſchloß er ein neues Bündniß mit der Liga ab, welches zwar nicht bekannt geworden, von dem er aber ſelbſt ſagt, es ſey darin Vieles zum Nach- theil des Kaiſers enthalten geweſen. 2 Genug, ſowohl der Kaiſer als der Papſt waren ent- ſchloſſen das Kriegsglück wider einander zu verſuchen. 1 Auszug bei Bucholtz p. 67. 2 Instruttione al Cl Farnese p. 31: „consentendo a molte conditioni che erano in pregiudicio della Mtà Cesarea.“

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 391. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/401>, abgerufen am 27.11.2024.