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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

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Viertes Buch. Zweites Capitel.
sich bewanderter in der Schrift als alle Bischöfe waren. 1
Beide hatten ihre Leute angewiesen, weil man sich nach dem
Evangelium nenne, sich aller Leichtfertigkeiten zu enthalten.
Einen um den andern Tag ließen sie in ihren Wohnungen
predigen und an den Feiertagen sah man Tausende zu der
Predigt strömen. An ihren Wohnhäusern erblickte man ihre
Wappen mit der Umschrift, verbum dei manet in aeter-
num,
das Wort Gottes bleibet in Ewigkeit.

Unter diesen Eindrücken wurden nun die Gutachten
jener Ausschüsse abgefaßt. Alle die alten Klagen kamen
aufs neue zur Sprache, über die Eingriffe von Rom, das un-
ter andern die Bischöfe viel zu hoch verpflichte, da sie doch
Räthe des Reiches seyen, über Commenden und Annaten,
das Unwesen der Bettelorden u. s. w. Man meinte, noch
nie sey gegen Papst und Bischöfe so freimüthig gesprochen
worden. Die Städte drangen besonders auf eine bessere
Ausstattung der Pfarren aus den geistlichen Gütern, und
das Recht einer jeden Obrigkeit dieselben zu besetzen, --
sie forderten die Unterwerfung der Geistlichkeit unter die
bürgerlichen Lasten und Gerichte. 2

Bei weitem das merkwürdigste aber war das Gutach-
ten, das aus dem Schooße des fürstlichen Ausschusses her-
vorgieng. Er bestand aus den Bischöfen von Würzburg
Strasburg Freisingen und Georg Truchseß für die geist-
liche, Hessen Pfalz Baden und dem Grafen von Solms
für die weltliche Bank. 3 Ich finde nicht verzeichnet, wer

1 Annales Spalatini bei Mencken 659.
2 Beschwerung der Frei und Reichsstädte gegen den Geistlichen,
von Holzhusens Hand in den Frankf. A. Bd 42.
3 Bericht des hessischen Gesandten Schrauttenbach Donner-

Viertes Buch. Zweites Capitel.
ſich bewanderter in der Schrift als alle Biſchöfe waren. 1
Beide hatten ihre Leute angewieſen, weil man ſich nach dem
Evangelium nenne, ſich aller Leichtfertigkeiten zu enthalten.
Einen um den andern Tag ließen ſie in ihren Wohnungen
predigen und an den Feiertagen ſah man Tauſende zu der
Predigt ſtrömen. An ihren Wohnhäuſern erblickte man ihre
Wappen mit der Umſchrift, verbum dei manet in aeter-
num,
das Wort Gottes bleibet in Ewigkeit.

Unter dieſen Eindrücken wurden nun die Gutachten
jener Ausſchüſſe abgefaßt. Alle die alten Klagen kamen
aufs neue zur Sprache, über die Eingriffe von Rom, das un-
ter andern die Biſchöfe viel zu hoch verpflichte, da ſie doch
Räthe des Reiches ſeyen, über Commenden und Annaten,
das Unweſen der Bettelorden u. ſ. w. Man meinte, noch
nie ſey gegen Papſt und Biſchöfe ſo freimüthig geſprochen
worden. Die Städte drangen beſonders auf eine beſſere
Ausſtattung der Pfarren aus den geiſtlichen Gütern, und
das Recht einer jeden Obrigkeit dieſelben zu beſetzen, —
ſie forderten die Unterwerfung der Geiſtlichkeit unter die
bürgerlichen Laſten und Gerichte. 2

Bei weitem das merkwürdigſte aber war das Gutach-
ten, das aus dem Schooße des fürſtlichen Ausſchuſſes her-
vorgieng. Er beſtand aus den Biſchöfen von Würzburg
Strasburg Freiſingen und Georg Truchſeß für die geiſt-
liche, Heſſen Pfalz Baden und dem Grafen von Solms
für die weltliche Bank. 3 Ich finde nicht verzeichnet, wer

1 Annales Spalatini bei Mencken 659.
2 Beſchwerung der Frei und Reichsſtaͤdte gegen den Geiſtlichen,
von Holzhuſens Hand in den Frankf. A. Bd 42.
3 Bericht des heſſiſchen Geſandten Schrauttenbach Donner-
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[358/0368] Viertes Buch. Zweites Capitel. ſich bewanderter in der Schrift als alle Biſchöfe waren. 1 Beide hatten ihre Leute angewieſen, weil man ſich nach dem Evangelium nenne, ſich aller Leichtfertigkeiten zu enthalten. Einen um den andern Tag ließen ſie in ihren Wohnungen predigen und an den Feiertagen ſah man Tauſende zu der Predigt ſtrömen. An ihren Wohnhäuſern erblickte man ihre Wappen mit der Umſchrift, verbum dei manet in aeter- num, das Wort Gottes bleibet in Ewigkeit. Unter dieſen Eindrücken wurden nun die Gutachten jener Ausſchüſſe abgefaßt. Alle die alten Klagen kamen aufs neue zur Sprache, über die Eingriffe von Rom, das un- ter andern die Biſchöfe viel zu hoch verpflichte, da ſie doch Räthe des Reiches ſeyen, über Commenden und Annaten, das Unweſen der Bettelorden u. ſ. w. Man meinte, noch nie ſey gegen Papſt und Biſchöfe ſo freimüthig geſprochen worden. Die Städte drangen beſonders auf eine beſſere Ausſtattung der Pfarren aus den geiſtlichen Gütern, und das Recht einer jeden Obrigkeit dieſelben zu beſetzen, — ſie forderten die Unterwerfung der Geiſtlichkeit unter die bürgerlichen Laſten und Gerichte. 2 Bei weitem das merkwürdigſte aber war das Gutach- ten, das aus dem Schooße des fürſtlichen Ausſchuſſes her- vorgieng. Er beſtand aus den Biſchöfen von Würzburg Strasburg Freiſingen und Georg Truchſeß für die geiſt- liche, Heſſen Pfalz Baden und dem Grafen von Solms für die weltliche Bank. 3 Ich finde nicht verzeichnet, wer 1 Annales Spalatini bei Mencken 659. 2 Beſchwerung der Frei und Reichsſtaͤdte gegen den Geiſtlichen, von Holzhuſens Hand in den Frankf. A. Bd 42. 3 Bericht des heſſiſchen Geſandten Schrauttenbach Donner-

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/368>, abgerufen am 22.11.2024.