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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

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Kaiserliche Instructionen.
höchst willkommen: er bekam den günstigsten Bescheid. Der
Kaiser erließ am 23sten März 1526 1 eine Mahnung an
einige Fürsten und Herrn im Reich, bei dem alten Glau-
ben zu beharren, und auch bei ihren Nachbarn dahin zu
wirken, damit es einmal möglich werde, die ketzerische Lehre,
welche die Ursache aller Unruhen sey, wieder zu vertilgen.
Er belobt darin das antilutherische Bündniß, das zwischen
Herzog Heinrich, Herzog Georg, Churfürst Albrecht und ei-
nigen andern Fürsten geschlossen worden. Er kündigt an,
in kurzem nach Rom gehn, und dann alle Anstalten tref-
fen zu wollen, um die Ketzerei gründlich auszurotten. An
die Grafen von Nassau und Königstein, den Bischof von
Strasburg, Herzog Erich von Calenberg gelangten Mah-
nungen dieser Art. Die ersten sollten mit den Grafen am
Rhein, im Westerwald und in dem Niederland, der zweite
mit den oberdeutschen, der dritte mit den niederdeutschen
Fürsten unterhandeln. 2 Wir sehen: der Kaiser gieng voll-
kommen auf die Ideen der altgläubigen Partei in Deutsch-
land ein: auch nahm man, so wie Herzog Heinrich an-
langte, ungewohnten Muth bei derselben wahr. Herzog
Georg soll gesagt haben, wenn er wolle, könne er Chur-
fürst von Sachsen werden. 3 Sein Canzler ließ sich eines

1 Am 16ten März hatte die Auswechselung des König Franz
Statt gefunden. Am 23sten konnten etwa die ersten Briefe ange-
langt seyn, in denen Franz noch immer versprach den Tractat zu
halten. Selbst in Cognac sagte Franz I dem Vicekönig Lannoy
noch, der Widerspruch der Burgunder solle nichts zu bedeuten ha-
ben. Refutatio apologiae.
2 Im Weim. Archiv. Vgl. Rommel Urkundenband p. 13.
3 Vgl. Rommel Ind. p. 22. Aus Herzog Georgs Antwort
geht hervor, daß er die Klage so auslegt, als hätte er gesagt, die

Kaiſerliche Inſtructionen.
höchſt willkommen: er bekam den günſtigſten Beſcheid. Der
Kaiſer erließ am 23ſten März 1526 1 eine Mahnung an
einige Fürſten und Herrn im Reich, bei dem alten Glau-
ben zu beharren, und auch bei ihren Nachbarn dahin zu
wirken, damit es einmal möglich werde, die ketzeriſche Lehre,
welche die Urſache aller Unruhen ſey, wieder zu vertilgen.
Er belobt darin das antilutheriſche Bündniß, das zwiſchen
Herzog Heinrich, Herzog Georg, Churfürſt Albrecht und ei-
nigen andern Fürſten geſchloſſen worden. Er kündigt an,
in kurzem nach Rom gehn, und dann alle Anſtalten tref-
fen zu wollen, um die Ketzerei gründlich auszurotten. An
die Grafen von Naſſau und Königſtein, den Biſchof von
Strasburg, Herzog Erich von Calenberg gelangten Mah-
nungen dieſer Art. Die erſten ſollten mit den Grafen am
Rhein, im Weſterwald und in dem Niederland, der zweite
mit den oberdeutſchen, der dritte mit den niederdeutſchen
Fürſten unterhandeln. 2 Wir ſehen: der Kaiſer gieng voll-
kommen auf die Ideen der altgläubigen Partei in Deutſch-
land ein: auch nahm man, ſo wie Herzog Heinrich an-
langte, ungewohnten Muth bei derſelben wahr. Herzog
Georg ſoll geſagt haben, wenn er wolle, könne er Chur-
fürſt von Sachſen werden. 3 Sein Canzler ließ ſich eines

1 Am 16ten Maͤrz hatte die Auswechſelung des Koͤnig Franz
Statt gefunden. Am 23ſten konnten etwa die erſten Briefe ange-
langt ſeyn, in denen Franz noch immer verſprach den Tractat zu
halten. Selbſt in Cognac ſagte Franz I dem Vicekoͤnig Lannoy
noch, der Widerſpruch der Burgunder ſolle nichts zu bedeuten ha-
ben. Refutatio apologiae.
2 Im Weim. Archiv. Vgl. Rommel Urkundenband p. 13.
3 Vgl. Rommel Ind. p. 22. Aus Herzog Georgs Antwort
geht hervor, daß er die Klage ſo auslegt, als haͤtte er geſagt, die
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[349/0359] Kaiſerliche Inſtructionen. höchſt willkommen: er bekam den günſtigſten Beſcheid. Der Kaiſer erließ am 23ſten März 1526 1 eine Mahnung an einige Fürſten und Herrn im Reich, bei dem alten Glau- ben zu beharren, und auch bei ihren Nachbarn dahin zu wirken, damit es einmal möglich werde, die ketzeriſche Lehre, welche die Urſache aller Unruhen ſey, wieder zu vertilgen. Er belobt darin das antilutheriſche Bündniß, das zwiſchen Herzog Heinrich, Herzog Georg, Churfürſt Albrecht und ei- nigen andern Fürſten geſchloſſen worden. Er kündigt an, in kurzem nach Rom gehn, und dann alle Anſtalten tref- fen zu wollen, um die Ketzerei gründlich auszurotten. An die Grafen von Naſſau und Königſtein, den Biſchof von Strasburg, Herzog Erich von Calenberg gelangten Mah- nungen dieſer Art. Die erſten ſollten mit den Grafen am Rhein, im Weſterwald und in dem Niederland, der zweite mit den oberdeutſchen, der dritte mit den niederdeutſchen Fürſten unterhandeln. 2 Wir ſehen: der Kaiſer gieng voll- kommen auf die Ideen der altgläubigen Partei in Deutſch- land ein: auch nahm man, ſo wie Herzog Heinrich an- langte, ungewohnten Muth bei derſelben wahr. Herzog Georg ſoll geſagt haben, wenn er wolle, könne er Chur- fürſt von Sachſen werden. 3 Sein Canzler ließ ſich eines 1 Am 16ten Maͤrz hatte die Auswechſelung des Koͤnig Franz Statt gefunden. Am 23ſten konnten etwa die erſten Briefe ange- langt ſeyn, in denen Franz noch immer verſprach den Tractat zu halten. Selbſt in Cognac ſagte Franz I dem Vicekoͤnig Lannoy noch, der Widerſpruch der Burgunder ſolle nichts zu bedeuten ha- ben. Refutatio apologiae. 2 Im Weim. Archiv. Vgl. Rommel Urkundenband p. 13. 3 Vgl. Rommel Ind. p. 22. Aus Herzog Georgs Antwort geht hervor, daß er die Klage ſo auslegt, als haͤtte er geſagt, die

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/359>, abgerufen am 15.05.2024.