cher Zeit ein deutsches Heer in Bourgogne, ein spanisches in Languedoc, ein englisches in die Picardie einfallen, und Bourbon sich unabhängig erklären solle. Er schmeichelte sich, 500 Hommes d'Armes und 10000 M. zu Fuß ins Feld stellen zu können. Der Kaiser versprach, ihn mit sei- ner Schwester zu vermählen, zum König zu erheben: er dagegen sagte zu, den König von England als seinen Lehns- herrn anzuerkennen, in so fern der Kaiser es wünsche.
Eben hatte Franz I den Entschluß gefaßt, nachdem seine Heerführer so unglücklich gewesen waren, noch ein- mal in Person einen Versuch auf das Herzogthum Mailand zu machen. Ein stattliches Heer war zusammengebracht wor- den, und der Admiral Bonnivet, der die Avantgarde be- fehligte, war schon voraus, um die Alpenpässe in Besitz zu nehmen: der König setzte sich in Bewegung demselben zu folgen. Die Verbündeten dachten zur Ausführung ihrer Pläne zu schreiten, sobald er Frankreich verlassen haben würde.
Allein die Sache war doch schon zu Vielen bekannt geworden, um nicht endlich zu transpiriren. Am nieder- ländischen Hofe fürchtete man, sie möchte von England, am englischen, sie möchte von den Niederlanden her ver- lauten: auch in Frankreich hatte man sie doch einigen nicht ganz zuverläßigen Personen, die man eben gewinnen wollte, mittheilen müssen. Genug, der König schöpfte Verdacht: Bourbon hatte von Glück zu sagen, daß er noch entfliehen
an die englischen Gesandten in Spanien Sampson und Jerningham in Fiddes Collections hinter dessen Life of Wolsey nr. 70 und 69; -- die eigentlichen Bestimmungen des Vertrages habe ich jedoch auch da vergebens gesucht.
Viertes Buch. Erſtes Capitel.
cher Zeit ein deutſches Heer in Bourgogne, ein ſpaniſches in Languedoc, ein engliſches in die Picardie einfallen, und Bourbon ſich unabhängig erklären ſolle. Er ſchmeichelte ſich, 500 Hommes d’Armes und 10000 M. zu Fuß ins Feld ſtellen zu können. Der Kaiſer verſprach, ihn mit ſei- ner Schweſter zu vermählen, zum König zu erheben: er dagegen ſagte zu, den König von England als ſeinen Lehns- herrn anzuerkennen, in ſo fern der Kaiſer es wünſche.
Eben hatte Franz I den Entſchluß gefaßt, nachdem ſeine Heerführer ſo unglücklich geweſen waren, noch ein- mal in Perſon einen Verſuch auf das Herzogthum Mailand zu machen. Ein ſtattliches Heer war zuſammengebracht wor- den, und der Admiral Bonnivet, der die Avantgarde be- fehligte, war ſchon voraus, um die Alpenpäſſe in Beſitz zu nehmen: der König ſetzte ſich in Bewegung demſelben zu folgen. Die Verbündeten dachten zur Ausführung ihrer Pläne zu ſchreiten, ſobald er Frankreich verlaſſen haben würde.
Allein die Sache war doch ſchon zu Vielen bekannt geworden, um nicht endlich zu tranſpiriren. Am nieder- ländiſchen Hofe fürchtete man, ſie möchte von England, am engliſchen, ſie möchte von den Niederlanden her ver- lauten: auch in Frankreich hatte man ſie doch einigen nicht ganz zuverläßigen Perſonen, die man eben gewinnen wollte, mittheilen müſſen. Genug, der König ſchöpfte Verdacht: Bourbon hatte von Glück zu ſagen, daß er noch entfliehen
an die engliſchen Geſandten in Spanien Sampſon und Jerningham in Fiddes Collections hinter deſſen Life of Wolsey nr. 70 und 69; — die eigentlichen Beſtimmungen des Vertrages habe ich jedoch auch da vergebens geſucht.
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Viertes Buch. Erſtes Capitel.
cher Zeit ein deutſches Heer in Bourgogne, ein ſpaniſches
in Languedoc, ein engliſches in die Picardie einfallen, und
Bourbon ſich unabhängig erklären ſolle. Er ſchmeichelte
ſich, 500 Hommes d’Armes und 10000 M. zu Fuß ins
Feld ſtellen zu können. Der Kaiſer verſprach, ihn mit ſei-
ner Schweſter zu vermählen, zum König zu erheben: er
dagegen ſagte zu, den König von England als ſeinen Lehns-
herrn anzuerkennen, in ſo fern der Kaiſer es wünſche.
Eben hatte Franz I den Entſchluß gefaßt, nachdem
ſeine Heerführer ſo unglücklich geweſen waren, noch ein-
mal in Perſon einen Verſuch auf das Herzogthum Mailand
zu machen. Ein ſtattliches Heer war zuſammengebracht wor-
den, und der Admiral Bonnivet, der die Avantgarde be-
fehligte, war ſchon voraus, um die Alpenpäſſe in Beſitz
zu nehmen: der König ſetzte ſich in Bewegung demſelben
zu folgen. Die Verbündeten dachten zur Ausführung ihrer
Pläne zu ſchreiten, ſobald er Frankreich verlaſſen haben
würde.
Allein die Sache war doch ſchon zu Vielen bekannt
geworden, um nicht endlich zu tranſpiriren. Am nieder-
ländiſchen Hofe fürchtete man, ſie möchte von England,
am engliſchen, ſie möchte von den Niederlanden her ver-
lauten: auch in Frankreich hatte man ſie doch einigen nicht
ganz zuverläßigen Perſonen, die man eben gewinnen wollte,
mittheilen müſſen. Genug, der König ſchöpfte Verdacht:
Bourbon hatte von Glück zu ſagen, daß er noch entfliehen
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in Fiddes Collections hinter deſſen Life of Wolsey nr. 70 und 69; —
die eigentlichen Beſtimmungen des Vertrages habe ich jedoch auch
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/300>, abgerufen am 16.07.2024.
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