Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.Bourbon. netable sah sich in der ernstlichen Gefahr wieder zu einemkleinen Grafen von Montpensier herabzusinken. Aber er war entschlossen das nicht zu erleben. Er wendete sich an dasjenige Haus, das sich eben anschickte, die unterdrück- ten Rechte großer Vasallen an der französischen Krone zu rächen. Nicht der Kaiser hat ihn aufgesucht: die ersten Anträge hat Bourbon selbst gemacht, und zwar in demsel- ben Momente, in welchem sein Proceß anfieng, im August 1522. Damals sendete er Adrian von Beaurain an den niederländischen Hof, und Margareta wunderte sich nur, daß er sich einem so jungen Menschen anvertraue. 1 Je gefährlicher der Rechtshandel für ihn ward, um so ernst- licher warf er sich auf diese Unterhandlung. Dem Kaiser, dem König konnte nichts willkommener seyn. Mehr als einmal machte Beaurain den Weg hin und zurück: später hat im Namen Heinrichs VIII Sir John Russel den Con- netable verkleidet besucht: 2 man kam überein, daß zu glei- psychologisch weiter ausgemahlt; etwas besser ist seine Bemerkung über den Proceß selbst in dem Anhang. Doch wird er hierin von Garnier Bd 24, p. 17 bei weitem übertroffen. Auch bei Sismondi treten die positiven Momente nicht hinreichend hervor. 1 Notizen aus den östreichischen Archiven in Hormayrs Ar- chiv. Jahrg. 1810 nr. 6. 2 Herbert aus seinen Records p. 119. Nach den Auszügen bei Hormayr (p. 27) ward die Sache dem englischen Hofe vor dem 1sten Juni 1523 nicht officiell mitgetheilt; und wenn ich niche irre, so bezieht sich darauf der undatirte Brief Wolseys in den Statepa- pers nr. 78 p. 148. Denn was sonst sollte der mervailous fordell seyn, dem kein gleicher zu erwarten: for the atteynyng of Fraunce? Die Ligue ward Anfang August unterzeichnet. (Schreiben von de Praet vom 9ten Aug. ibid.) Es wäre zu wünschen, daß das Bundesin- strument authentisch zum Vorschein käme. Am ausführlichsten über die Absichten des Momentes verbreiten sich die Schreiben Wolseys Ranke d. Gesch. II. 19
Bourbon. netable ſah ſich in der ernſtlichen Gefahr wieder zu einemkleinen Grafen von Montpenſier herabzuſinken. Aber er war entſchloſſen das nicht zu erleben. Er wendete ſich an dasjenige Haus, das ſich eben anſchickte, die unterdrück- ten Rechte großer Vaſallen an der franzöſiſchen Krone zu rächen. Nicht der Kaiſer hat ihn aufgeſucht: die erſten Anträge hat Bourbon ſelbſt gemacht, und zwar in demſel- ben Momente, in welchem ſein Proceß anfieng, im Auguſt 1522. Damals ſendete er Adrian von Beaurain an den niederländiſchen Hof, und Margareta wunderte ſich nur, daß er ſich einem ſo jungen Menſchen anvertraue. 1 Je gefährlicher der Rechtshandel für ihn ward, um ſo ernſt- licher warf er ſich auf dieſe Unterhandlung. Dem Kaiſer, dem König konnte nichts willkommener ſeyn. Mehr als einmal machte Beaurain den Weg hin und zurück: ſpäter hat im Namen Heinrichs VIII Sir John Ruſſel den Con- netable verkleidet beſucht: 2 man kam überein, daß zu glei- pſychologiſch weiter ausgemahlt; etwas beſſer iſt ſeine Bemerkung uͤber den Proceß ſelbſt in dem Anhang. Doch wird er hierin von Garnier Bd 24, p. 17 bei weitem uͤbertroffen. Auch bei Sismondi treten die poſitiven Momente nicht hinreichend hervor. 1 Notizen aus den oͤſtreichiſchen Archiven in Hormayrs Ar- chiv. Jahrg. 1810 nr. 6. 2 Herbert aus ſeinen Records p. 119. Nach den Auszuͤgen bei Hormayr (p. 27) ward die Sache dem engliſchen Hofe vor dem 1ſten Juni 1523 nicht officiell mitgetheilt; und wenn ich niche irre, ſo bezieht ſich darauf der undatirte Brief Wolſeys in den Statepa- pers nr. 78 p. 148. Denn was ſonſt ſollte der mervailous fordell ſeyn, dem kein gleicher zu erwarten: for the atteynyng of Fraunce? Die Ligue ward Anfang Auguſt unterzeichnet. (Schreiben von de Praet vom 9ten Aug. ibid.) Es waͤre zu wuͤnſchen, daß das Bundesin- ſtrument authentiſch zum Vorſchein kaͤme. Am ausfuͤhrlichſten uͤber die Abſichten des Momentes verbreiten ſich die Schreiben Wolſeys Ranke d. Geſch. II. 19
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0299" n="289"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Bourbon</hi>.</fw><lb/> netable ſah ſich in der ernſtlichen Gefahr wieder zu einem<lb/> kleinen Grafen von Montpenſier herabzuſinken. Aber er<lb/> war entſchloſſen das nicht zu erleben. Er wendete ſich an<lb/> dasjenige Haus, das ſich eben anſchickte, die unterdrück-<lb/> ten Rechte großer Vaſallen an der franzöſiſchen Krone zu<lb/> rächen. Nicht der Kaiſer hat ihn aufgeſucht: die erſten<lb/> Anträge hat Bourbon ſelbſt gemacht, und zwar in demſel-<lb/> ben Momente, in welchem ſein Proceß anfieng, im Auguſt<lb/> 1522. Damals ſendete er Adrian von Beaurain an den<lb/> niederländiſchen Hof, und Margareta wunderte ſich nur,<lb/> daß er ſich einem ſo jungen Menſchen anvertraue. <note place="foot" n="1">Notizen aus den oͤſtreichiſchen Archiven in Hormayrs Ar-<lb/> chiv. Jahrg. 1810 <hi rendition="#aq">nr.</hi> 6.</note> Je<lb/> gefährlicher der Rechtshandel für ihn ward, um ſo ernſt-<lb/> licher warf er ſich auf dieſe Unterhandlung. Dem Kaiſer,<lb/> dem König konnte nichts willkommener ſeyn. Mehr als<lb/> einmal machte Beaurain den Weg hin und zurück: ſpäter<lb/> hat im Namen Heinrichs <hi rendition="#aq">VIII</hi> Sir John Ruſſel den Con-<lb/> netable verkleidet beſucht: <note xml:id="seg2pn_28_1" next="#seg2pn_28_2" place="foot" n="2">Herbert aus ſeinen Records <hi rendition="#aq">p.</hi> 119. Nach den Auszuͤgen<lb/> bei Hormayr (<hi rendition="#aq">p.</hi> 27) ward die Sache dem engliſchen Hofe vor dem<lb/> 1ſten Juni 1523 nicht officiell mitgetheilt; und wenn ich niche irre,<lb/> ſo bezieht ſich darauf der undatirte Brief Wolſeys in den Statepa-<lb/> pers <hi rendition="#aq">nr. 78 p.</hi> 148. Denn was ſonſt ſollte der <hi rendition="#aq">mervailous fordell</hi><lb/> ſeyn, dem kein gleicher zu erwarten: <hi rendition="#aq">for the atteynyng of Fraunce?</hi><lb/> Die Ligue ward Anfang Auguſt unterzeichnet. (Schreiben von de<lb/> Praet vom 9ten Aug. <hi rendition="#aq">ibid.</hi>) Es waͤre zu wuͤnſchen, daß das Bundesin-<lb/> ſtrument authentiſch zum Vorſchein kaͤme. Am ausfuͤhrlichſten uͤber<lb/> die Abſichten des Momentes verbreiten ſich die Schreiben Wolſeys</note> man kam überein, daß zu glei-<lb/><note xml:id="seg2pn_27_2" prev="#seg2pn_27_1" place="foot" n="1">pſychologiſch weiter ausgemahlt; etwas beſſer iſt ſeine Bemerkung<lb/> uͤber den Proceß ſelbſt in dem Anhang. Doch wird er hierin von<lb/> Garnier Bd 24, <hi rendition="#aq">p.</hi> 17 bei weitem uͤbertroffen. Auch bei Sismondi<lb/> treten die poſitiven Momente nicht hinreichend hervor.</note><lb/> <fw place="bottom" type="sig">Ranke d. Geſch. <hi rendition="#aq">II.</hi> 19</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [289/0299]
Bourbon.
netable ſah ſich in der ernſtlichen Gefahr wieder zu einem
kleinen Grafen von Montpenſier herabzuſinken. Aber er
war entſchloſſen das nicht zu erleben. Er wendete ſich an
dasjenige Haus, das ſich eben anſchickte, die unterdrück-
ten Rechte großer Vaſallen an der franzöſiſchen Krone zu
rächen. Nicht der Kaiſer hat ihn aufgeſucht: die erſten
Anträge hat Bourbon ſelbſt gemacht, und zwar in demſel-
ben Momente, in welchem ſein Proceß anfieng, im Auguſt
1522. Damals ſendete er Adrian von Beaurain an den
niederländiſchen Hof, und Margareta wunderte ſich nur,
daß er ſich einem ſo jungen Menſchen anvertraue. 1 Je
gefährlicher der Rechtshandel für ihn ward, um ſo ernſt-
licher warf er ſich auf dieſe Unterhandlung. Dem Kaiſer,
dem König konnte nichts willkommener ſeyn. Mehr als
einmal machte Beaurain den Weg hin und zurück: ſpäter
hat im Namen Heinrichs VIII Sir John Ruſſel den Con-
netable verkleidet beſucht: 2 man kam überein, daß zu glei-
1
1 Notizen aus den oͤſtreichiſchen Archiven in Hormayrs Ar-
chiv. Jahrg. 1810 nr. 6.
2 Herbert aus ſeinen Records p. 119. Nach den Auszuͤgen
bei Hormayr (p. 27) ward die Sache dem engliſchen Hofe vor dem
1ſten Juni 1523 nicht officiell mitgetheilt; und wenn ich niche irre,
ſo bezieht ſich darauf der undatirte Brief Wolſeys in den Statepa-
pers nr. 78 p. 148. Denn was ſonſt ſollte der mervailous fordell
ſeyn, dem kein gleicher zu erwarten: for the atteynyng of Fraunce?
Die Ligue ward Anfang Auguſt unterzeichnet. (Schreiben von de
Praet vom 9ten Aug. ibid.) Es waͤre zu wuͤnſchen, daß das Bundesin-
ſtrument authentiſch zum Vorſchein kaͤme. Am ausfuͤhrlichſten uͤber
die Abſichten des Momentes verbreiten ſich die Schreiben Wolſeys
1 pſychologiſch weiter ausgemahlt; etwas beſſer iſt ſeine Bemerkung
uͤber den Proceß ſelbſt in dem Anhang. Doch wird er hierin von
Garnier Bd 24, p. 17 bei weitem uͤbertroffen. Auch bei Sismondi
treten die poſitiven Momente nicht hinreichend hervor.
Ranke d. Geſch. II. 19
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |