sonst einen Zugang zu dem Lager eröffnet haben würde. Ein Prediger-mönch von S. Marco war mit ihm: er verkün- digte, daß der Himmel dem neuen Herzog den Sieg be- stimmt habe: diese patriotischen Regungen kamen der Idee des Kaiserthums wieder einmal zu Hülfe.
Dagegen standen die eidgenossischen Schaaren dießmal ungetheilt auf der Seite der Franzosen So oft dieß früher der Fall gewesen, hatten sie immer den Sieg entschieden: auch waren sie wieder von Siegeszuversicht entflammt.
Ihre Kriegskunst hatte bisher immer in dem wilden, stracken, graden Anlauf auf das Lager, das Geschütz des Feindes bestanden. So setzten sie sich auch jetzt in Marsch: in zwei großen Haufen, dem einen aus den Ländern, un- ter Arnold Winkelried von Unterwalden, dem andern aus den Städten, unter Albrecht von Stein. Sie litten keine Vermischung mit den Wälschen: den Erinnerungen des Oberbefehlshabers, der ihren Sturm zu mäßigen suchte, begegneten sie mit Geschrei und Verwünschungen: die Län- der hatten das erste, die Städte das zweite Treffen bilden sollen, aber in fast parallelen Gliedern kamen sie an, so daß jene den rechten, diese den linken Flügel ausmachten: auf das Geschrei der Menge traten die Junker, Pensioner und Trippelsöldner in das vorderste Glied: es war in ihnen ein wilder Kriegsmuth, ohne alle höhere Begeisterung, der nur auf sich selber trotzte, jede fremde Einwirkung, jede Rücksicht von sich stieß: sie wußten daß sie Miethlinge wa- ren, aber ein Jeder sollte und wollte seine Pflicht thun: den Sturmsold zu verdienen, ihre alten Gegner, die Schwa- ben, die Landsknechte zu bezwingen war am Ende ihr höch- stes Ziel.
Viertes Buch. Erſtes Capitel.
ſonſt einen Zugang zu dem Lager eröffnet haben würde. Ein Prediger-mönch von S. Marco war mit ihm: er verkün- digte, daß der Himmel dem neuen Herzog den Sieg be- ſtimmt habe: dieſe patriotiſchen Regungen kamen der Idee des Kaiſerthums wieder einmal zu Hülfe.
Dagegen ſtanden die eidgenoſſiſchen Schaaren dießmal ungetheilt auf der Seite der Franzoſen So oft dieß früher der Fall geweſen, hatten ſie immer den Sieg entſchieden: auch waren ſie wieder von Siegeszuverſicht entflammt.
Ihre Kriegskunſt hatte bisher immer in dem wilden, ſtracken, graden Anlauf auf das Lager, das Geſchütz des Feindes beſtanden. So ſetzten ſie ſich auch jetzt in Marſch: in zwei großen Haufen, dem einen aus den Ländern, un- ter Arnold Winkelried von Unterwalden, dem andern aus den Städten, unter Albrecht von Stein. Sie litten keine Vermiſchung mit den Wälſchen: den Erinnerungen des Oberbefehlshabers, der ihren Sturm zu mäßigen ſuchte, begegneten ſie mit Geſchrei und Verwünſchungen: die Län- der hatten das erſte, die Städte das zweite Treffen bilden ſollen, aber in faſt parallelen Gliedern kamen ſie an, ſo daß jene den rechten, dieſe den linken Flügel ausmachten: auf das Geſchrei der Menge traten die Junker, Penſioner und Trippelſöldner in das vorderſte Glied: es war in ihnen ein wilder Kriegsmuth, ohne alle höhere Begeiſterung, der nur auf ſich ſelber trotzte, jede fremde Einwirkung, jede Rückſicht von ſich ſtieß: ſie wußten daß ſie Miethlinge wa- ren, aber ein Jeder ſollte und wollte ſeine Pflicht thun: den Sturmſold zu verdienen, ihre alten Gegner, die Schwa- ben, die Landsknechte zu bezwingen war am Ende ihr höch- ſtes Ziel.
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Viertes Buch. Erſtes Capitel.
ſonſt einen Zugang zu dem Lager eröffnet haben würde. Ein
Prediger-mönch von S. Marco war mit ihm: er verkün-
digte, daß der Himmel dem neuen Herzog den Sieg be-
ſtimmt habe: dieſe patriotiſchen Regungen kamen der Idee
des Kaiſerthums wieder einmal zu Hülfe.
Dagegen ſtanden die eidgenoſſiſchen Schaaren dießmal
ungetheilt auf der Seite der Franzoſen So oft dieß früher
der Fall geweſen, hatten ſie immer den Sieg entſchieden:
auch waren ſie wieder von Siegeszuverſicht entflammt.
Ihre Kriegskunſt hatte bisher immer in dem wilden,
ſtracken, graden Anlauf auf das Lager, das Geſchütz des
Feindes beſtanden. So ſetzten ſie ſich auch jetzt in Marſch:
in zwei großen Haufen, dem einen aus den Ländern, un-
ter Arnold Winkelried von Unterwalden, dem andern aus
den Städten, unter Albrecht von Stein. Sie litten keine
Vermiſchung mit den Wälſchen: den Erinnerungen des
Oberbefehlshabers, der ihren Sturm zu mäßigen ſuchte,
begegneten ſie mit Geſchrei und Verwünſchungen: die Län-
der hatten das erſte, die Städte das zweite Treffen bilden
ſollen, aber in faſt parallelen Gliedern kamen ſie an, ſo
daß jene den rechten, dieſe den linken Flügel ausmachten:
auf das Geſchrei der Menge traten die Junker, Penſioner
und Trippelſöldner in das vorderſte Glied: es war in ihnen
ein wilder Kriegsmuth, ohne alle höhere Begeiſterung,
der nur auf ſich ſelber trotzte, jede fremde Einwirkung, jede
Rückſicht von ſich ſtieß: ſie wußten daß ſie Miethlinge wa-
ren, aber ein Jeder ſollte und wollte ſeine Pflicht thun:
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ben, die Landsknechte zu bezwingen war am Ende ihr höch-
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/288>, abgerufen am 28.11.2024.
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