Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.Bauernkrieg. mingen, Dünkelspiel, Wimpfen; Rothenburg trat endlichin feierlicher Versammlung in der Pfarrkirche auf hundert und ein Jahr in den Bund der Bauern. Windsheim ward nur durch die Abmahnungen von Nürnberg zurück- gehalten. Aber selbst in den größern Städten regten sich ähnliche Tendenzen. Mainz forderte die ihm nach dem letzten Aufruhr entrissenen reichsstädtischen Rechte wieder zurück. Der Rath von Trier drang nicht allein auf eine Herbeiziehung der Geistlichen zu den bürgerlichen La- sten, sondern nahm sogar einen Antheil an den geistli- chen Gefällen in Anspruch, die bei den Reliquien im Dome einkamen; 1 in Frankfurt sah sich der Rath ge- nöthigt, die ihm von der Gemeine vorgelegten Artikel von Wort zu Wort anzunehmen. 2 Zu seiner Entschuldigung führt er an daß das auch in gar manchen andern Reichs- städten geschehe. Man bemerkte, Strasburg nehme die Empörer als Bürger auf, Ulm unterstütze sie mit Waffen, Nürnberg mit Proviant. Schon findet sich ein Gelehrter, der die Meinung hegt, die Bewegung rühre fast noch mehr von den Städten her als von den Bauern, durch jüdische Emissäre habe man diese erst aufgereizt: der Sinn der Städte sey, sich der fürstlichen Gewalt überhaupt zu entziehen und zu leben wie Venedig oder die alten Repu- bliken. 3 So wenig das auch Grund hatte, -- wir wissen sehr 1 Scheckmann: Additamentum ad gesta Trevirorum in Wyt- tenbachs Ausg. der Gesta II, animadv. p. 51. 2 Lersners Frankfurter Chronik. 3 Conradi Mutiani Literae ad Fridericum electorem 27 April
1525 in Köhlers Beiträgen I, 270. Bauernkrieg. mingen, Dünkelſpiel, Wimpfen; Rothenburg trat endlichin feierlicher Verſammlung in der Pfarrkirche auf hundert und ein Jahr in den Bund der Bauern. Windsheim ward nur durch die Abmahnungen von Nürnberg zurück- gehalten. Aber ſelbſt in den größern Städten regten ſich ähnliche Tendenzen. Mainz forderte die ihm nach dem letzten Aufruhr entriſſenen reichsſtädtiſchen Rechte wieder zurück. Der Rath von Trier drang nicht allein auf eine Herbeiziehung der Geiſtlichen zu den bürgerlichen La- ſten, ſondern nahm ſogar einen Antheil an den geiſtli- chen Gefällen in Anſpruch, die bei den Reliquien im Dome einkamen; 1 in Frankfurt ſah ſich der Rath ge- nöthigt, die ihm von der Gemeine vorgelegten Artikel von Wort zu Wort anzunehmen. 2 Zu ſeiner Entſchuldigung führt er an daß das auch in gar manchen andern Reichs- ſtädten geſchehe. Man bemerkte, Strasburg nehme die Empörer als Bürger auf, Ulm unterſtütze ſie mit Waffen, Nürnberg mit Proviant. Schon findet ſich ein Gelehrter, der die Meinung hegt, die Bewegung rühre faſt noch mehr von den Städten her als von den Bauern, durch jüdiſche Emiſſäre habe man dieſe erſt aufgereizt: der Sinn der Städte ſey, ſich der fürſtlichen Gewalt überhaupt zu entziehen und zu leben wie Venedig oder die alten Repu- bliken. 3 So wenig das auch Grund hatte, — wir wiſſen ſehr 1 Scheckmann: Additamentum ad gesta Trevirorum in Wyt- tenbachs Ausg. der Gesta II, animadv. p. 51. 2 Lersners Frankfurter Chronik. 3 Conradi Mutiani Literae ad Fridericum electorem 27 April
1525 in Koͤhlers Beitraͤgen I, 270. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0211" n="201"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Bauernkrieg</hi>.</fw><lb/> mingen, Dünkelſpiel, Wimpfen; Rothenburg trat endlich<lb/> in feierlicher Verſammlung in der Pfarrkirche auf hundert<lb/> und ein Jahr in den Bund der Bauern. Windsheim<lb/> ward nur durch die Abmahnungen von Nürnberg zurück-<lb/> gehalten. Aber ſelbſt in den größern Städten regten ſich<lb/> ähnliche Tendenzen. Mainz forderte die ihm nach dem<lb/> letzten Aufruhr entriſſenen reichsſtädtiſchen Rechte wieder<lb/> zurück. Der Rath von Trier drang nicht allein auf<lb/> eine Herbeiziehung der Geiſtlichen zu den bürgerlichen La-<lb/> ſten, ſondern nahm ſogar einen Antheil an den geiſtli-<lb/> chen Gefällen in Anſpruch, die bei den Reliquien im<lb/> Dome einkamen; <note place="foot" n="1">Scheckmann: <hi rendition="#aq">Additamentum ad gesta Trevirorum</hi> in Wyt-<lb/> tenbachs Ausg. der <hi rendition="#aq">Gesta II, animadv. p.</hi> 51.</note> in Frankfurt ſah ſich der Rath ge-<lb/> nöthigt, die ihm von der Gemeine vorgelegten Artikel von<lb/> Wort zu Wort anzunehmen. <note place="foot" n="2">Lersners Frankfurter Chronik.</note> Zu ſeiner Entſchuldigung<lb/> führt er an daß das auch in gar manchen andern Reichs-<lb/> ſtädten geſchehe. Man bemerkte, Strasburg nehme die<lb/> Empörer als Bürger auf, Ulm unterſtütze ſie mit Waffen,<lb/> Nürnberg mit Proviant. Schon findet ſich ein Gelehrter,<lb/> der die Meinung hegt, die Bewegung rühre faſt noch<lb/> mehr von den Städten her als von den Bauern, durch<lb/> jüdiſche Emiſſäre habe man dieſe erſt aufgereizt: der Sinn<lb/> der Städte ſey, ſich der fürſtlichen Gewalt überhaupt zu<lb/> entziehen und zu leben wie Venedig oder die alten Repu-<lb/> bliken. <note place="foot" n="3"><hi rendition="#aq">Conradi Mutiani Literae ad Fridericum electorem</hi> 27 April<lb/> 1525 in Koͤhlers Beitraͤgen <hi rendition="#aq">I,</hi> 270.</note></p><lb/> <p>So wenig das auch Grund hatte, — wir wiſſen ſehr<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [201/0211]
Bauernkrieg.
mingen, Dünkelſpiel, Wimpfen; Rothenburg trat endlich
in feierlicher Verſammlung in der Pfarrkirche auf hundert
und ein Jahr in den Bund der Bauern. Windsheim
ward nur durch die Abmahnungen von Nürnberg zurück-
gehalten. Aber ſelbſt in den größern Städten regten ſich
ähnliche Tendenzen. Mainz forderte die ihm nach dem
letzten Aufruhr entriſſenen reichsſtädtiſchen Rechte wieder
zurück. Der Rath von Trier drang nicht allein auf
eine Herbeiziehung der Geiſtlichen zu den bürgerlichen La-
ſten, ſondern nahm ſogar einen Antheil an den geiſtli-
chen Gefällen in Anſpruch, die bei den Reliquien im
Dome einkamen; 1 in Frankfurt ſah ſich der Rath ge-
nöthigt, die ihm von der Gemeine vorgelegten Artikel von
Wort zu Wort anzunehmen. 2 Zu ſeiner Entſchuldigung
führt er an daß das auch in gar manchen andern Reichs-
ſtädten geſchehe. Man bemerkte, Strasburg nehme die
Empörer als Bürger auf, Ulm unterſtütze ſie mit Waffen,
Nürnberg mit Proviant. Schon findet ſich ein Gelehrter,
der die Meinung hegt, die Bewegung rühre faſt noch
mehr von den Städten her als von den Bauern, durch
jüdiſche Emiſſäre habe man dieſe erſt aufgereizt: der Sinn
der Städte ſey, ſich der fürſtlichen Gewalt überhaupt zu
entziehen und zu leben wie Venedig oder die alten Repu-
bliken. 3
So wenig das auch Grund hatte, — wir wiſſen ſehr
1 Scheckmann: Additamentum ad gesta Trevirorum in Wyt-
tenbachs Ausg. der Gesta II, animadv. p. 51.
2 Lersners Frankfurter Chronik.
3 Conradi Mutiani Literae ad Fridericum electorem 27 April
1525 in Koͤhlers Beitraͤgen I, 270.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |