Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite

Drittes Buch. Fünftes Capitel.
schloß dort zu Ulm, "sich in diesen wichtigen Sachen, ge-
fährlichen Zeitläuften nicht von einander zu sondern." 1

Worauf es nun aber hauptsächlich ankam, auch eine
ganze Anzahl von Fürsten erklärte sich auf eine dem Re-
gensburger Bündniß entgegengesetzte Weise.

Markgraf Casimir von Brandenburg, der sonst nicht
eben einen großen religiösen Schwung gezeigt hat, konnte
doch der einmal aufgerufenen und zum Bewußtseyn ge-
brachten Meinung seines Landes nicht widerstehen: er ver-
warf den Antrag, zu jenem Bündniß zu treten, indem
er sich auf die Versammlung zu Speier bezog, welche da-
mals noch erwartet wurde. Als der Kaiser sie verbot,
ergriff er das Mittel, nunmehr wenigstens für sein Terri-
torium mit seinen Ständen übereinzukommen, daß daselbst
nur das heilige Evangelium und Gotteswort alten und
neuen Testamentes nach rechtem wahren Verstand lauter
und rein gepredigt werden solle. So lautet der Landtags-
abschied vom 1sten October 1524. Sein Bruder Georg,
der sich zu Ofen am Hofe von Ungern aufhielt, war da-
mit noch nicht einmal zufrieden. Er meinte, daß man das
göttliche Wort nicht allein predigen, sondern auch allen Men-
schensatzungen zum Trotz sich sonst danach halten sollte. 2

Eine höchst unerwartete Veränderung zeigte sich in
Hessen. Man hatte geglaubt, jene drei Kriegsfürsten, welche
Sickingen besiegt und das Reichsregiment gestürzt hatten,
würden nun auch die reformatorischen Ideen bekämpfen,

die
1 Ibid. p. 206. Nicolai 1524.
2 Von der Lith p. 61 -- 65.

Drittes Buch. Fuͤnftes Capitel.
ſchloß dort zu Ulm, „ſich in dieſen wichtigen Sachen, ge-
fährlichen Zeitläuften nicht von einander zu ſondern.“ 1

Worauf es nun aber hauptſächlich ankam, auch eine
ganze Anzahl von Fürſten erklärte ſich auf eine dem Re-
gensburger Bündniß entgegengeſetzte Weiſe.

Markgraf Caſimir von Brandenburg, der ſonſt nicht
eben einen großen religiöſen Schwung gezeigt hat, konnte
doch der einmal aufgerufenen und zum Bewußtſeyn ge-
brachten Meinung ſeines Landes nicht widerſtehen: er ver-
warf den Antrag, zu jenem Bündniß zu treten, indem
er ſich auf die Verſammlung zu Speier bezog, welche da-
mals noch erwartet wurde. Als der Kaiſer ſie verbot,
ergriff er das Mittel, nunmehr wenigſtens für ſein Terri-
torium mit ſeinen Ständen übereinzukommen, daß daſelbſt
nur das heilige Evangelium und Gotteswort alten und
neuen Teſtamentes nach rechtem wahren Verſtand lauter
und rein gepredigt werden ſolle. So lautet der Landtags-
abſchied vom 1ſten October 1524. Sein Bruder Georg,
der ſich zu Ofen am Hofe von Ungern aufhielt, war da-
mit noch nicht einmal zufrieden. Er meinte, daß man das
göttliche Wort nicht allein predigen, ſondern auch allen Men-
ſchenſatzungen zum Trotz ſich ſonſt danach halten ſollte. 2

Eine höchſt unerwartete Veränderung zeigte ſich in
Heſſen. Man hatte geglaubt, jene drei Kriegsfürſten, welche
Sickingen beſiegt und das Reichsregiment geſtürzt hatten,
würden nun auch die reformatoriſchen Ideen bekämpfen,

die
1 Ibid. p. 206. Nicolai 1524.
2 Von der Lith p. 61 — 65.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0186" n="176"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Drittes Buch. Fu&#x0364;nftes Capitel</hi>.</fw><lb/>
&#x017F;chloß dort zu Ulm, &#x201E;&#x017F;ich in die&#x017F;en wichtigen Sachen, ge-<lb/>
fährlichen Zeitläuften nicht von einander zu &#x017F;ondern.&#x201C; <note place="foot" n="1"><hi rendition="#aq">Ibid. p.</hi> 206. Nicolai 1524.</note></p><lb/>
          <p>Worauf es nun aber haupt&#x017F;ächlich ankam, auch eine<lb/>
ganze Anzahl von Für&#x017F;ten erklärte &#x017F;ich auf eine dem Re-<lb/>
gensburger Bündniß entgegenge&#x017F;etzte Wei&#x017F;e.</p><lb/>
          <p>Markgraf Ca&#x017F;imir von Brandenburg, der &#x017F;on&#x017F;t nicht<lb/>
eben einen großen religiö&#x017F;en Schwung gezeigt hat, konnte<lb/>
doch der einmal aufgerufenen und zum Bewußt&#x017F;eyn ge-<lb/>
brachten Meinung &#x017F;eines Landes nicht wider&#x017F;tehen: er ver-<lb/>
warf den Antrag, zu jenem Bündniß zu treten, indem<lb/>
er &#x017F;ich auf die Ver&#x017F;ammlung zu Speier bezog, welche da-<lb/>
mals noch erwartet wurde. Als der Kai&#x017F;er &#x017F;ie verbot,<lb/>
ergriff er das Mittel, nunmehr wenig&#x017F;tens für &#x017F;ein Terri-<lb/>
torium mit &#x017F;einen Ständen übereinzukommen, daß da&#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
nur das heilige Evangelium und Gotteswort alten und<lb/>
neuen Te&#x017F;tamentes nach rechtem wahren Ver&#x017F;tand lauter<lb/>
und rein gepredigt werden &#x017F;olle. So lautet der Landtags-<lb/>
ab&#x017F;chied vom 1&#x017F;ten October 1524. Sein Bruder Georg,<lb/>
der &#x017F;ich zu Ofen am Hofe von Ungern aufhielt, war da-<lb/>
mit noch nicht einmal zufrieden. Er meinte, daß man das<lb/>
göttliche Wort nicht allein predigen, &#x017F;ondern auch allen Men-<lb/>
&#x017F;chen&#x017F;atzungen zum Trotz &#x017F;ich &#x017F;on&#x017F;t danach halten &#x017F;ollte. <note place="foot" n="2">Von der Lith <hi rendition="#aq">p.</hi> 61 &#x2014; 65.</note></p><lb/>
          <p>Eine höch&#x017F;t unerwartete Veränderung zeigte &#x017F;ich in<lb/>
He&#x017F;&#x017F;en. Man hatte geglaubt, jene drei Kriegsfür&#x017F;ten, welche<lb/>
Sickingen be&#x017F;iegt und das Reichsregiment ge&#x017F;türzt hatten,<lb/>
würden nun auch die reformatori&#x017F;chen Ideen bekämpfen,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">die</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[176/0186] Drittes Buch. Fuͤnftes Capitel. ſchloß dort zu Ulm, „ſich in dieſen wichtigen Sachen, ge- fährlichen Zeitläuften nicht von einander zu ſondern.“ 1 Worauf es nun aber hauptſächlich ankam, auch eine ganze Anzahl von Fürſten erklärte ſich auf eine dem Re- gensburger Bündniß entgegengeſetzte Weiſe. Markgraf Caſimir von Brandenburg, der ſonſt nicht eben einen großen religiöſen Schwung gezeigt hat, konnte doch der einmal aufgerufenen und zum Bewußtſeyn ge- brachten Meinung ſeines Landes nicht widerſtehen: er ver- warf den Antrag, zu jenem Bündniß zu treten, indem er ſich auf die Verſammlung zu Speier bezog, welche da- mals noch erwartet wurde. Als der Kaiſer ſie verbot, ergriff er das Mittel, nunmehr wenigſtens für ſein Terri- torium mit ſeinen Ständen übereinzukommen, daß daſelbſt nur das heilige Evangelium und Gotteswort alten und neuen Teſtamentes nach rechtem wahren Verſtand lauter und rein gepredigt werden ſolle. So lautet der Landtags- abſchied vom 1ſten October 1524. Sein Bruder Georg, der ſich zu Ofen am Hofe von Ungern aufhielt, war da- mit noch nicht einmal zufrieden. Er meinte, daß man das göttliche Wort nicht allein predigen, ſondern auch allen Men- ſchenſatzungen zum Trotz ſich ſonſt danach halten ſollte. 2 Eine höchſt unerwartete Veränderung zeigte ſich in Heſſen. Man hatte geglaubt, jene drei Kriegsfürſten, welche Sickingen beſiegt und das Reichsregiment geſtürzt hatten, würden nun auch die reformatoriſchen Ideen bekämpfen, die 1 Ibid. p. 206. Nicolai 1524. 2 Von der Lith p. 61 — 65.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/186
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/186>, abgerufen am 27.11.2024.