Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite
Ursprung der Spaltung. Verfolgungen.

Auch in den übrigen östreichischen Ländern ward mit
großer Strenge verfahren. Die drei Regierungen von Ins-
bruck, Stuttgart und Ensisheim setzten einen Ausschuß zu
Engen nieder, der sich zum Geschäft machte, die Bewe-
gungen in ihren Gebieten zu unterdrücken. Es half den
Waldshutern nichts, daß sie ihren Prediger, Balthasar Hub-
meyer, entlassen hatten: man erklärte ihnen zu Engen, man
werde sie strafen, "man werde ihnen," so roh drückte man
sich aus, "das Evangelium um die Ohren bläuen, daß sie
die Hände über den Kopf zusammenschlagen sollen:" man
werde das Unkraut mit der Wurzel ausreißen; und schon
war den übrigen Städten die Hülfe an Geschütz und Fuß-
volk aufgelegt, womit man Waldshut überziehen wollte,
als eine Schaar freiwilliger Schweizer besonders von Zü-
rich der Stadt zu Hülfe kam und den Regierungs-Aus-
schuß doch bedenklich machte. 1

Nicht so leicht kam Kenzingen weg. Diese kleine Stadt
ward wirklich überzogen und besetzt.

Weit und breit finden wir ähnliche Regungen. Zu-
weilen blieb man bei unblutigen Maaßregeln stehen: man
verbot die Bücher Luthers, duldete seine Anhänger nicht
auf dem Predigtstuhl, entfernte sie aus den fürstlichen Rä-
then, verjagte sie aus dem Lande: die Wirtenberger Re-
gierung suchte allen Verkehr mit Reutlingen abzubrechen,
weil es evangelische Prediger dulde. Dabei fehlte es aber
auch nicht an den grausamsten Executionen. Wir finden

theilten -- ult. Sptmbr. 1524 bei Raupach Evangel. Östreich: Erste
Fortsetzung Beil. nr. V.
1 Schreiben Balthasar Hubmaier in dem Taschenbuch für
Süddeutschland 1839 p. 67 aus schweizerischen und oberrheinischen
Archiven.
Urſprung der Spaltung. Verfolgungen.

Auch in den übrigen öſtreichiſchen Ländern ward mit
großer Strenge verfahren. Die drei Regierungen von Ins-
bruck, Stuttgart und Enſisheim ſetzten einen Ausſchuß zu
Engen nieder, der ſich zum Geſchäft machte, die Bewe-
gungen in ihren Gebieten zu unterdrücken. Es half den
Waldshutern nichts, daß ſie ihren Prediger, Balthaſar Hub-
meyer, entlaſſen hatten: man erklärte ihnen zu Engen, man
werde ſie ſtrafen, „man werde ihnen,“ ſo roh drückte man
ſich aus, „das Evangelium um die Ohren bläuen, daß ſie
die Hände über den Kopf zuſammenſchlagen ſollen:“ man
werde das Unkraut mit der Wurzel ausreißen; und ſchon
war den übrigen Städten die Hülfe an Geſchütz und Fuß-
volk aufgelegt, womit man Waldshut überziehen wollte,
als eine Schaar freiwilliger Schweizer beſonders von Zü-
rich der Stadt zu Hülfe kam und den Regierungs-Aus-
ſchuß doch bedenklich machte. 1

Nicht ſo leicht kam Kenzingen weg. Dieſe kleine Stadt
ward wirklich überzogen und beſetzt.

Weit und breit finden wir ähnliche Regungen. Zu-
weilen blieb man bei unblutigen Maaßregeln ſtehen: man
verbot die Bücher Luthers, duldete ſeine Anhänger nicht
auf dem Predigtſtuhl, entfernte ſie aus den fürſtlichen Rä-
then, verjagte ſie aus dem Lande: die Wirtenberger Re-
gierung ſuchte allen Verkehr mit Reutlingen abzubrechen,
weil es evangeliſche Prediger dulde. Dabei fehlte es aber
auch nicht an den grauſamſten Executionen. Wir finden

theilten — ult. Sptmbr. 1524 bei Raupach Evangel. Oͤſtreich: Erſte
Fortſetzung Beil. nr. V.
1 Schreiben Balthaſar Hubmaier in dem Taſchenbuch fuͤr
Suͤddeutſchland 1839 p. 67 aus ſchweizeriſchen und oberrheiniſchen
Archiven.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0183" n="173"/>
          <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Ur&#x017F;prung der Spaltung. Verfolgungen</hi>.</fw><lb/>
          <p>Auch in den übrigen ö&#x017F;treichi&#x017F;chen Ländern ward mit<lb/>
großer Strenge verfahren. Die drei Regierungen von Ins-<lb/>
bruck, Stuttgart und En&#x017F;isheim &#x017F;etzten einen Aus&#x017F;chuß zu<lb/>
Engen nieder, der &#x017F;ich zum Ge&#x017F;chäft machte, die Bewe-<lb/>
gungen in ihren Gebieten zu unterdrücken. Es half den<lb/>
Waldshutern nichts, daß &#x017F;ie ihren Prediger, Baltha&#x017F;ar Hub-<lb/>
meyer, entla&#x017F;&#x017F;en hatten: man erklärte ihnen zu Engen, man<lb/>
werde &#x017F;ie &#x017F;trafen, &#x201E;man werde ihnen,&#x201C; &#x017F;o roh drückte man<lb/>
&#x017F;ich aus, &#x201E;das Evangelium um die Ohren bläuen, daß &#x017F;ie<lb/>
die Hände über den Kopf zu&#x017F;ammen&#x017F;chlagen &#x017F;ollen:&#x201C; man<lb/>
werde das Unkraut mit der Wurzel ausreißen; und &#x017F;chon<lb/>
war den übrigen Städten die Hülfe an Ge&#x017F;chütz und Fuß-<lb/>
volk aufgelegt, womit man Waldshut überziehen wollte,<lb/>
als eine Schaar freiwilliger Schweizer be&#x017F;onders von Zü-<lb/>
rich der Stadt zu Hülfe kam und den Regierungs-Aus-<lb/>
&#x017F;chuß doch bedenklich machte. <note place="foot" n="1">Schreiben Baltha&#x017F;ar Hubmaier in dem Ta&#x017F;chenbuch fu&#x0364;r<lb/>
Su&#x0364;ddeut&#x017F;chland 1839 <hi rendition="#aq">p.</hi> 67 aus &#x017F;chweizeri&#x017F;chen und oberrheini&#x017F;chen<lb/>
Archiven.</note></p><lb/>
          <p>Nicht &#x017F;o leicht kam Kenzingen weg. Die&#x017F;e kleine Stadt<lb/>
ward wirklich überzogen und be&#x017F;etzt.</p><lb/>
          <p>Weit und breit finden wir ähnliche Regungen. Zu-<lb/>
weilen blieb man bei unblutigen Maaßregeln &#x017F;tehen: man<lb/>
verbot die Bücher Luthers, duldete &#x017F;eine Anhänger nicht<lb/>
auf dem Predigt&#x017F;tuhl, entfernte &#x017F;ie aus den für&#x017F;tlichen Rä-<lb/>
then, verjagte &#x017F;ie aus dem Lande: die Wirtenberger Re-<lb/>
gierung &#x017F;uchte allen Verkehr mit Reutlingen abzubrechen,<lb/>
weil es evangeli&#x017F;che Prediger dulde. Dabei fehlte es aber<lb/>
auch nicht an den grau&#x017F;am&#x017F;ten Executionen. Wir finden<lb/><note xml:id="seg2pn_15_2" prev="#seg2pn_15_1" place="foot" n="3">theilten &#x2014; <hi rendition="#aq">ult. Sptmbr.</hi> 1524 bei Raupach Evangel. O&#x0364;&#x017F;treich: Er&#x017F;te<lb/>
Fort&#x017F;etzung Beil. <hi rendition="#aq">nr. V.</hi></note><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[173/0183] Urſprung der Spaltung. Verfolgungen. Auch in den übrigen öſtreichiſchen Ländern ward mit großer Strenge verfahren. Die drei Regierungen von Ins- bruck, Stuttgart und Enſisheim ſetzten einen Ausſchuß zu Engen nieder, der ſich zum Geſchäft machte, die Bewe- gungen in ihren Gebieten zu unterdrücken. Es half den Waldshutern nichts, daß ſie ihren Prediger, Balthaſar Hub- meyer, entlaſſen hatten: man erklärte ihnen zu Engen, man werde ſie ſtrafen, „man werde ihnen,“ ſo roh drückte man ſich aus, „das Evangelium um die Ohren bläuen, daß ſie die Hände über den Kopf zuſammenſchlagen ſollen:“ man werde das Unkraut mit der Wurzel ausreißen; und ſchon war den übrigen Städten die Hülfe an Geſchütz und Fuß- volk aufgelegt, womit man Waldshut überziehen wollte, als eine Schaar freiwilliger Schweizer beſonders von Zü- rich der Stadt zu Hülfe kam und den Regierungs-Aus- ſchuß doch bedenklich machte. 1 Nicht ſo leicht kam Kenzingen weg. Dieſe kleine Stadt ward wirklich überzogen und beſetzt. Weit und breit finden wir ähnliche Regungen. Zu- weilen blieb man bei unblutigen Maaßregeln ſtehen: man verbot die Bücher Luthers, duldete ſeine Anhänger nicht auf dem Predigtſtuhl, entfernte ſie aus den fürſtlichen Rä- then, verjagte ſie aus dem Lande: die Wirtenberger Re- gierung ſuchte allen Verkehr mit Reutlingen abzubrechen, weil es evangeliſche Prediger dulde. Dabei fehlte es aber auch nicht an den grauſamſten Executionen. Wir finden 3 1 Schreiben Balthaſar Hubmaier in dem Taſchenbuch fuͤr Suͤddeutſchland 1839 p. 67 aus ſchweizeriſchen und oberrheiniſchen Archiven. 3 theilten — ult. Sptmbr. 1524 bei Raupach Evangel. Oͤſtreich: Erſte Fortſetzung Beil. nr. V.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/183
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/183>, abgerufen am 05.05.2024.