So wenig man Sickingen vor dem Jahr die Erobe- rung von Trier hätte wünschen können, so wichtig war es doch, daß er sich gegen die Angriffe behauptete, die sich im Frühjahr 1523 wider ihn vorbereiteten.
Sonderbares Schicksal! An die Erhaltung des Rit- ters der so oft den Landfrieden gebrochen und Gewaltsam- keiten ausgeübt, knüpfte sich jetzt, nachdem er geächtet war, ein Interesse der Reichsordnung.
Auch gab er noch keineswegs seine Sache auf. Er glaubte Hülfe von Niederdeutschland und vom Oberrhein erwarten zu dürfen: Zuzug fränkischer und böhmischer Rit- ter: Beistand der Lutheraner. Von Landstuhl, wo er sich aufhielt, sah er eines Tages Reiter in den entfernten Ge- büschen erscheinen: er schmeichelte sich, es seyen Luthera- ner, welche sehen wollten was er mache; 1 aber sie kamen nicht näher: sie banden die Pferde in jenem Buschwerk an: es war eben der Vortrab der Feinde, welche anlangten um ihn zu belagern.
Indessen war er unbesorgt. Er zweifelte nicht, sich in der Feste die er erst vor kurzem hergestellt hatte, we- nigstens ein Vierteljahr halten zu können: seinen Verbün- deten werde Zeit bleiben zu kommen und ihn zu entsetzen.
Da aber zeigte sich doch, daß er die Kriegskräfte, wie sie sich in dem letzten Jahrhundert entwickelt, nicht richtig berechnete. Er war jetzt darauf angewiesen sich wie die alten Ritter zu vertheidigen: es kam darauf an, ob die Bergspitze, die felsenfesten Thurmgewölbe, die dicken Mauern noch eine Freistatt gegen das Geschütz gewährten. Es
1 Hubert Th. Leodius Acta et gesta Francisci de Sickin- gen bei Freher Scriptt. Rer. Germ. III, p. 305.
Drittes Buch. Viertes Capitel.
So wenig man Sickingen vor dem Jahr die Erobe- rung von Trier hätte wünſchen können, ſo wichtig war es doch, daß er ſich gegen die Angriffe behauptete, die ſich im Frühjahr 1523 wider ihn vorbereiteten.
Sonderbares Schickſal! An die Erhaltung des Rit- ters der ſo oft den Landfrieden gebrochen und Gewaltſam- keiten ausgeübt, knüpfte ſich jetzt, nachdem er geächtet war, ein Intereſſe der Reichsordnung.
Auch gab er noch keineswegs ſeine Sache auf. Er glaubte Hülfe von Niederdeutſchland und vom Oberrhein erwarten zu dürfen: Zuzug fränkiſcher und böhmiſcher Rit- ter: Beiſtand der Lutheraner. Von Landſtuhl, wo er ſich aufhielt, ſah er eines Tages Reiter in den entfernten Ge- büſchen erſcheinen: er ſchmeichelte ſich, es ſeyen Luthera- ner, welche ſehen wollten was er mache; 1 aber ſie kamen nicht näher: ſie banden die Pferde in jenem Buſchwerk an: es war eben der Vortrab der Feinde, welche anlangten um ihn zu belagern.
Indeſſen war er unbeſorgt. Er zweifelte nicht, ſich in der Feſte die er erſt vor kurzem hergeſtellt hatte, we- nigſtens ein Vierteljahr halten zu können: ſeinen Verbün- deten werde Zeit bleiben zu kommen und ihn zu entſetzen.
Da aber zeigte ſich doch, daß er die Kriegskräfte, wie ſie ſich in dem letzten Jahrhundert entwickelt, nicht richtig berechnete. Er war jetzt darauf angewieſen ſich wie die alten Ritter zu vertheidigen: es kam darauf an, ob die Bergſpitze, die felſenfeſten Thurmgewölbe, die dicken Mauern noch eine Freiſtatt gegen das Geſchütz gewährten. Es
1 Hubert Th. Leodius Acta et gesta Francisci de Sickin- gen bei Freher Scriptt. Rer. Germ. III, p. 305.
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Drittes Buch. Viertes Capitel.
So wenig man Sickingen vor dem Jahr die Erobe-
rung von Trier hätte wünſchen können, ſo wichtig war es
doch, daß er ſich gegen die Angriffe behauptete, die ſich
im Frühjahr 1523 wider ihn vorbereiteten.
Sonderbares Schickſal! An die Erhaltung des Rit-
ters der ſo oft den Landfrieden gebrochen und Gewaltſam-
keiten ausgeübt, knüpfte ſich jetzt, nachdem er geächtet war,
ein Intereſſe der Reichsordnung.
Auch gab er noch keineswegs ſeine Sache auf. Er
glaubte Hülfe von Niederdeutſchland und vom Oberrhein
erwarten zu dürfen: Zuzug fränkiſcher und böhmiſcher Rit-
ter: Beiſtand der Lutheraner. Von Landſtuhl, wo er ſich
aufhielt, ſah er eines Tages Reiter in den entfernten Ge-
büſchen erſcheinen: er ſchmeichelte ſich, es ſeyen Luthera-
ner, welche ſehen wollten was er mache; 1 aber ſie kamen
nicht näher: ſie banden die Pferde in jenem Buſchwerk an:
es war eben der Vortrab der Feinde, welche anlangten um
ihn zu belagern.
Indeſſen war er unbeſorgt. Er zweifelte nicht, ſich
in der Feſte die er erſt vor kurzem hergeſtellt hatte, we-
nigſtens ein Vierteljahr halten zu können: ſeinen Verbün-
deten werde Zeit bleiben zu kommen und ihn zu entſetzen.
Da aber zeigte ſich doch, daß er die Kriegskräfte,
wie ſie ſich in dem letzten Jahrhundert entwickelt, nicht
richtig berechnete. Er war jetzt darauf angewieſen ſich wie
die alten Ritter zu vertheidigen: es kam darauf an, ob die
Bergſpitze, die felſenfeſten Thurmgewölbe, die dicken Mauern
noch eine Freiſtatt gegen das Geſchütz gewährten. Es
1 Hubert Th. Leodius Acta et gesta Francisci de Sickin-
gen bei Freher Scriptt. Rer. Germ. III, p. 305.
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/126>, abgerufen am 23.11.2024.
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