Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.Sickingen. zu seinem allgemeinen Hauptmann ernannt. Eine SchriftHuttens, ungefähr vom Mai 1522, 1 an die Reichsstädte ist ein Manifest der Gesinnungen die man in der Umge- bung Sickingens hegte. Nie sind die Fürsten heftiger der Gewaltthätigkeit und Unrechtlichkeit angeklagt worden: die Städte werden aufgefordert, die Freundschaft des Adels anzunehmen und vor allem das Regiment zu zerstören, das ihm als eine Repräsentation der fürstlichen Gewalt erschien. Dazu kam nun aber ferner die religiöse Neuerung. 1 Beklagunge der Freistette deutscher Nation. Die Zeit er-
giebt sich aus den Worten: Der (Kaiser) zeucht nun von uns wider Mher; sie wollen nit, daß er widerkheer. Diese Ideen reichen aber auch in das nächste Jahr, wie wir aus einer Schrift von Kettenbach sehen: Practica practicirt u. s. w. (Pan- zer II, p. 190) wo die Städte ermahnt werden, sich nicht in die Fehde zwischen Adel und Fürsten einzulassen. Sickingen. zu ſeinem allgemeinen Hauptmann ernannt. Eine SchriftHuttens, ungefähr vom Mai 1522, 1 an die Reichsſtädte iſt ein Manifeſt der Geſinnungen die man in der Umge- bung Sickingens hegte. Nie ſind die Fürſten heftiger der Gewaltthätigkeit und Unrechtlichkeit angeklagt worden: die Städte werden aufgefordert, die Freundſchaft des Adels anzunehmen und vor allem das Regiment zu zerſtören, das ihm als eine Repräſentation der fürſtlichen Gewalt erſchien. Dazu kam nun aber ferner die religiöſe Neuerung. 1 Beklagunge der Freiſtette deutſcher Nation. Die Zeit er-
giebt ſich aus den Worten: Der (Kaiſer) zeucht nun von uns wider Mher; ſie wollen nit, daß er widerkheer. Dieſe Ideen reichen aber auch in das naͤchſte Jahr, wie wir aus einer Schrift von Kettenbach ſehen: Practica practicirt u. ſ. w. (Pan- zer II, p. 190) wo die Staͤdte ermahnt werden, ſich nicht in die Fehde zwiſchen Adel und Fuͤrſten einzulaſſen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0115" n="105"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Sickingen</hi>.</fw><lb/> zu ſeinem allgemeinen Hauptmann ernannt. Eine Schrift<lb/> Huttens, ungefähr vom Mai 1522, <note place="foot" n="1">Beklagunge der Freiſtette deutſcher Nation. Die Zeit er-<lb/> giebt ſich aus den Worten:<lb/><hi rendition="#et">Der (Kaiſer) zeucht nun von uns wider Mher;<lb/> ſie wollen nit, daß er widerkheer.</hi><lb/> Dieſe Ideen reichen aber auch in das naͤchſte Jahr, wie wir aus<lb/> einer Schrift von Kettenbach ſehen: Practica practicirt u. ſ. w. (Pan-<lb/> zer <hi rendition="#aq">II, p.</hi> 190) wo die Staͤdte ermahnt werden, ſich nicht in die<lb/> Fehde zwiſchen Adel und Fuͤrſten einzulaſſen.</note> an die Reichsſtädte<lb/> iſt ein Manifeſt der Geſinnungen die man in der Umge-<lb/> bung Sickingens hegte. Nie ſind die Fürſten heftiger der<lb/> Gewaltthätigkeit und Unrechtlichkeit angeklagt worden: die<lb/> Städte werden aufgefordert, die Freundſchaft des Adels<lb/> anzunehmen und vor allem das Regiment zu zerſtören, das<lb/> ihm als eine Repräſentation der fürſtlichen Gewalt erſchien.</p><lb/> <p>Dazu kam nun aber ferner die religiöſe Neuerung.<lb/> Zu einem Unternehmen gegen einen der mächtigſten geiſtli-<lb/> chen Fürſten gab ſie noch einen beſondern Antrieb. Im<lb/> Grunde iſt es die Ebernburg wo der evangeliſche Gottes-<lb/> dienſt zuerſt in ſeinen neuen Formen eingeführt ward. In<lb/> Sickingens Umgebung hielt man die Austheilung des Abend-<lb/> mahls unter beiderlei Geſtalt nicht allein für erlaubt, wie<lb/> damals noch in Wittenberg, ſondern für nothwendig. Jo-<lb/> hann Öcolampadius war der erſte welcher die religiöſe<lb/> Befriedigung, die das Volk darin findet, alle Tage dem<lb/> unverſtandnen Murmeln der Meſſe zuzuhören, der Ceri-<lb/> monie der Segenſprechung beizuwohnen, und ſich ohne viel<lb/> Aufwand von Aufmerkſamkeit oder Zeit Gott zu befehlen,<lb/> geradehin verdammte, und die Meſſe nur noch Sonntags,<lb/> mit Weglaſſung der Elevation und nur noch in deutſcher<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [105/0115]
Sickingen.
zu ſeinem allgemeinen Hauptmann ernannt. Eine Schrift
Huttens, ungefähr vom Mai 1522, 1 an die Reichsſtädte
iſt ein Manifeſt der Geſinnungen die man in der Umge-
bung Sickingens hegte. Nie ſind die Fürſten heftiger der
Gewaltthätigkeit und Unrechtlichkeit angeklagt worden: die
Städte werden aufgefordert, die Freundſchaft des Adels
anzunehmen und vor allem das Regiment zu zerſtören, das
ihm als eine Repräſentation der fürſtlichen Gewalt erſchien.
Dazu kam nun aber ferner die religiöſe Neuerung.
Zu einem Unternehmen gegen einen der mächtigſten geiſtli-
chen Fürſten gab ſie noch einen beſondern Antrieb. Im
Grunde iſt es die Ebernburg wo der evangeliſche Gottes-
dienſt zuerſt in ſeinen neuen Formen eingeführt ward. In
Sickingens Umgebung hielt man die Austheilung des Abend-
mahls unter beiderlei Geſtalt nicht allein für erlaubt, wie
damals noch in Wittenberg, ſondern für nothwendig. Jo-
hann Öcolampadius war der erſte welcher die religiöſe
Befriedigung, die das Volk darin findet, alle Tage dem
unverſtandnen Murmeln der Meſſe zuzuhören, der Ceri-
monie der Segenſprechung beizuwohnen, und ſich ohne viel
Aufwand von Aufmerkſamkeit oder Zeit Gott zu befehlen,
geradehin verdammte, und die Meſſe nur noch Sonntags,
mit Weglaſſung der Elevation und nur noch in deutſcher
1 Beklagunge der Freiſtette deutſcher Nation. Die Zeit er-
giebt ſich aus den Worten:
Der (Kaiſer) zeucht nun von uns wider Mher;
ſie wollen nit, daß er widerkheer.
Dieſe Ideen reichen aber auch in das naͤchſte Jahr, wie wir aus
einer Schrift von Kettenbach ſehen: Practica practicirt u. ſ. w. (Pan-
zer II, p. 190) wo die Staͤdte ermahnt werden, ſich nicht in die
Fehde zwiſchen Adel und Fuͤrſten einzulaſſen.
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