Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.Ausbreitung der Lehre. log seinen Begriffen geben mochte: sondern nur von denIdeen wie wir sie auf dem weiten Boden des nationalen Kampfplatzes sich allenthalben mit einander messen sehen. Schon im Jahr 1521 erschien eine kleine Schrift, die In diesen harten Ausdrücken zeigt sich doch, daß man 1 Panzer II, 20. 2 Vgl. Vorrede von Hartmann Dulich abgedruckt bei Veesen-
meier Sammlung von Aufsätzen p. 135. Wie sehr man übrigens in jenen vornehmsten Tendenzen den Zweck der ganzen Bewegung sah, davon zeugt auch folgende Stelle in Eberlin von Günzburg fraindlicher Vermanung Bog. III. Ich halt, Luther sey von Gott gesandt zu seubern die Biblia von der lerer auslegung und zwang, die gewissen zu erlösen von banden der menschlichen gebot od' bapst- gesetzen und den gaistlichen abziehen den titel christi und seiner kir- chen, dz fürohyn nit mer sollich groß büberey -- strafflos sey und' dem heyligen namen gottes -- -- auch ist der Luther gesant dz er lere das creutz und glauben, welche schier durch alle doctores verges- sen seindt; darzu ist Luther beruft von got und got gibt im weyß- hait kunst vernunft sterke und herz dazu. Ausbreitung der Lehre. log ſeinen Begriffen geben mochte: ſondern nur von denIdeen wie wir ſie auf dem weiten Boden des nationalen Kampfplatzes ſich allenthalben mit einander meſſen ſehen. Schon im Jahr 1521 erſchien eine kleine Schrift, die In dieſen harten Ausdrücken zeigt ſich doch, daß man 1 Panzer II, 20. 2 Vgl. Vorrede von Hartmann Dulich abgedruckt bei Veeſen-
meier Sammlung von Aufſaͤtzen p. 135. Wie ſehr man uͤbrigens in jenen vornehmſten Tendenzen den Zweck der ganzen Bewegung ſah, davon zeugt auch folgende Stelle in Eberlin von Guͤnzburg fraindlicher Vermanung Bog. III. Ich halt, Luther ſey von Gott geſandt zu ſeubern die Biblia von der lerer auslegung und zwang, die gewiſſen zu erloͤſen von banden der menſchlichen gebot od’ bapſt- geſetzen und den gaiſtlichen abziehen den titel chriſti un̄ ſeiner kir- chen, dz fuͤrohyn nit mer ſollich groß buͤberey — ſtrafflos ſey und’ dem heyligen namen gottes — — auch iſt der Luther geſant dz er lere das creutz und glauben, welche ſchier durch alle doctores vergeſ- ſen ſeindt; darzu iſt Luther beruft von got und got gibt im weyß- hait kunſt vernunft ſterke und herz dazu. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0105" n="95"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Ausbreitung der Lehre</hi>.</fw><lb/> log ſeinen Begriffen geben mochte: ſondern nur von den<lb/> Ideen wie wir ſie auf dem weiten Boden des nationalen<lb/> Kampfplatzes ſich allenthalben mit einander meſſen ſehen.</p><lb/> <p>Schon im Jahr 1521 erſchien eine kleine Schrift, die<lb/> dieſen Widerſtreit verſinnbildete: vom alten und vom neuen<lb/> Gott. Auf dem Titel ſieht man als die Repräſentanten<lb/> des neuen Gottes den Papſt, einige Kirchenlehrer, Ariſto-<lb/> teles, und ganz unten Cajetan, Silveſter, Eck und Faber;<lb/> ihnen gegenüber aber den wahren alten Gott in ſeiner Drei-<lb/> faltigkeit: die vier Evangeliſten: Paulus mit ſeinem Schwert<lb/> und weiterhin Luther. Dem entſpricht nun auch der In-<lb/> halt. <note place="foot" n="1">Panzer <hi rendition="#aq">II,</hi> 20.</note> Den Cerimonien Dienſten und Lehrmeinungen, welche<lb/> unter dem Schutze der aufkommenden Hierarchie, ihres blu-<lb/> tigen Schwertes erwachſen, bis das Chriſtenthum ein Ju-<lb/> denthum geworden, wird der alte Gott entgegengeſetzt, ſein<lb/> unverfälſchtes Wort, die einfache Lehre von der Erlöſung,<lb/> von Hofnung, Glauben und Liebe. <note place="foot" n="2">Vgl. Vorrede von Hartmann Dulich abgedruckt bei Veeſen-<lb/> meier Sammlung von Aufſaͤtzen <hi rendition="#aq">p.</hi> 135. Wie ſehr man uͤbrigens<lb/> in jenen vornehmſten Tendenzen den Zweck der ganzen Bewegung<lb/> ſah, davon zeugt auch folgende Stelle in Eberlin von Guͤnzburg<lb/> fraindlicher Vermanung Bog. <hi rendition="#aq">III.</hi> Ich halt, Luther ſey von Gott<lb/> geſandt zu ſeubern die Biblia von der lerer auslegung und zwang,<lb/> die gewiſſen zu erloͤſen von banden der menſchlichen gebot od’ bapſt-<lb/> geſetzen und den gaiſtlichen abziehen den titel chriſti un̄ ſeiner kir-<lb/> chen, dz fuͤrohyn nit mer ſollich groß buͤberey — ſtrafflos ſey und’<lb/> dem heyligen namen gottes — — auch iſt der Luther geſant dz er<lb/> lere das creutz und glauben, welche ſchier durch alle doctores vergeſ-<lb/> ſen ſeindt; darzu iſt Luther beruft von got und got gibt im weyß-<lb/> hait kunſt vernunft ſterke und herz dazu.</note></p><lb/> <p>In dieſen harten Ausdrücken zeigt ſich doch, daß man<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [95/0105]
Ausbreitung der Lehre.
log ſeinen Begriffen geben mochte: ſondern nur von den
Ideen wie wir ſie auf dem weiten Boden des nationalen
Kampfplatzes ſich allenthalben mit einander meſſen ſehen.
Schon im Jahr 1521 erſchien eine kleine Schrift, die
dieſen Widerſtreit verſinnbildete: vom alten und vom neuen
Gott. Auf dem Titel ſieht man als die Repräſentanten
des neuen Gottes den Papſt, einige Kirchenlehrer, Ariſto-
teles, und ganz unten Cajetan, Silveſter, Eck und Faber;
ihnen gegenüber aber den wahren alten Gott in ſeiner Drei-
faltigkeit: die vier Evangeliſten: Paulus mit ſeinem Schwert
und weiterhin Luther. Dem entſpricht nun auch der In-
halt. 1 Den Cerimonien Dienſten und Lehrmeinungen, welche
unter dem Schutze der aufkommenden Hierarchie, ihres blu-
tigen Schwertes erwachſen, bis das Chriſtenthum ein Ju-
denthum geworden, wird der alte Gott entgegengeſetzt, ſein
unverfälſchtes Wort, die einfache Lehre von der Erlöſung,
von Hofnung, Glauben und Liebe. 2
In dieſen harten Ausdrücken zeigt ſich doch, daß man
1 Panzer II, 20.
2 Vgl. Vorrede von Hartmann Dulich abgedruckt bei Veeſen-
meier Sammlung von Aufſaͤtzen p. 135. Wie ſehr man uͤbrigens
in jenen vornehmſten Tendenzen den Zweck der ganzen Bewegung
ſah, davon zeugt auch folgende Stelle in Eberlin von Guͤnzburg
fraindlicher Vermanung Bog. III. Ich halt, Luther ſey von Gott
geſandt zu ſeubern die Biblia von der lerer auslegung und zwang,
die gewiſſen zu erloͤſen von banden der menſchlichen gebot od’ bapſt-
geſetzen und den gaiſtlichen abziehen den titel chriſti un̄ ſeiner kir-
chen, dz fuͤrohyn nit mer ſollich groß buͤberey — ſtrafflos ſey und’
dem heyligen namen gottes — — auch iſt der Luther geſant dz er
lere das creutz und glauben, welche ſchier durch alle doctores vergeſ-
ſen ſeindt; darzu iſt Luther beruft von got und got gibt im weyß-
hait kunſt vernunft ſterke und herz dazu.
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